Irrtum der Woche: Sperren-Gegner schüren irrationale Ängste

Christoph Meinel, Direktor des Hasso-Plattner-Instituts, möchte, dass die Diskussion um Internetsperren endlich sachlich geführt wird. Ja, da stimme ich doch mal spontan zu! Weg mit den falschen Zahlen, Schluss mit der unsachlichen Emotionalisierung. Auch wenn oft geschimpft und polemisiert wird (gehört eben auch dazu), schaffen es die Sperren-Gegner ganz gut mit der Sachlichkeit, wie zum Beispiel der Hintergrundtext von Lutz Donnerhacke verdeutlicht.

Was aber muss ich sogleich von Herrn Meinel hören:

Alle technischen Verfahren zur Sperrung solcher Internetseiten hätten Schwachstellen, teilte er am Samstag in Potsdam mit. Zumindest die Schwelle für den Zugang werde jedoch durch solche Sperren deutlich erhöht.

Schon wieder dieses Postulat! Inwiefern wird der Zugang erschwert? Auf welche Sperren beziehen Sie sich überhaupt? DNS-Sperren? IP-Sperren? Sperren auf Domain-Ebene? Wie definieren Sie „deutlich“? Ist die „Schwelle für den Zugang“ bei einem Aufwand von 27 Sekunden bereits „deutlich erhhöht“? Welche rationalen Gründe sprechen überhaupt für eine Sperrung mit „Schwachstellen“, wie sie selbst sagen, wenn es gleichzeitig Möglichkeiten gibt die Server zuverlässig vom Netz zu nehmen?

Der dickste Hammer ist aber Folgendes:

Der Wissenschaftler kritisierte Aussagen, wonach die Sperrung von Kinderpornographie-Seiten im Internet das Grundrecht auf Informationsfreiheit gefährdet. Wer dies behaupte, schüre irrationale Ängste, dass Websperren auf weitere Inhalte im Internet ausgedehnt werden.

Die Ausdehnung auf andere Inhalte als Kinderpornografie ist keine Behauptung der Sperren-Gegner, sondern nachweislich bereits in Planung. So wird bereits in der SPD die Ausweitung auf Jugendpornografie diskutiert, worunter auch sogenannte „Scheinjugendliche“ und fiktive Darstellungen fallen. Die Musikindustrie fordert bereits das Sperren von Torrent-Seiten und selbst Justizminsiterin Zypries warnt vor Begehrlichkeiten. Die Erfahrungen aus anderen Ländern beweisen, dass es keine „irrationalen Ängste“ sind, dass auch andere Inhalte auf den Sperrlisten landen, sondern dass dies traurige Realtität ist.

Herr Meinel weist die begründete, mit Fakten unterlegte Kritik der Sperren-Gegner als „irrationale Ängste“ ab, anstatt sich sachlich mit ihnen auseinanderzusetzen und wird damit leider seiner eigenen Forderung nach Sachlichkeit nicht gerecht.

Der Pirat aus der SPD

Eigentlich wollte ich mich gestern in Karlsruhe nur mit einem interessierten Neupiraten treffen, doch plötzlich lief uns Jörg Tauss (SPD), Mitglied des Bundestags, über den Weg.

Erfreulicherweise hatte er kurz Zeit und setzte sich zu uns . Er schien sogar ganz froh mal ein paar Piraten persönlich kennen zu lernen. „Natürlich“ hatte er schon von uns gehört. Wir sprachen über die aktuelle Zensurdebatte, die diesbezügliche Petition, über Online-Durchsuchung und Vorratsdatenspeicherung.

Überschneidungen seiner Ansichten mit denen der Piratenpartei sind nicht von der Hand zu weisen. Seine Ämter in der SPD hatte er nach der KiPo-Affäre aufgegeben und auch für den Bundestag kandidiert er dieses Mal nicht. Trotzdem sei er „seiner SPD“ weiterhin treu . Wenn ich ihn richtig verstanden habe geht es ihm dabei auch darum, dass die kritischen Stimmen nicht ganz aus dieser Partei verschwinden. Kann ich irgendwie nachvollziehen, ich habe aber die Hoffnung bei der SPD schon aufgegeben…

Zu seiner KiPo-Affäre gestand er ein, in weiten Teilen „blauäugig“ gehandelt zu haben. Er gibt auch bekanntlich zu, dass er Kontakte in diese Kreise gehabt hat, jedoch um die Vorgehensweise der Szene zu verstehen. Er sei natürlich kein Pädophiler. Seine Familie und Freunde stehen zum Glück hinter ihm, und auch die Nachbarschaft tratsche trotz Hausdurchsuchung nicht und pflegt weiterhin guten Kontakt zu ihm.

Überrascht war ich, dass er damals der Vorratsdatenspeicherung zugestimmt hat. Das war mir nicht bewusst und hätte ich auch nicht gedacht. Er begründet es damit, dass er selbst an den Verhandlungen mit den politischen Gegnern beteiligt war und und in stundenlangen Diskussionen einen „Kompromiss“ auf 6 Monate ausgehandelt habe. Alles was weiter als die EU-Richtlinie gehe, kam für ihn nicht in Frage. „Nur über meine Leiche“, habe er damals gesagt. Wenn man aber nun nach solch langwierigen Verhandlungen den selbst ausgehandelten Kompromiss ablehne, würde man sich zum Narren machen, sagt Tauss.

In meinen Augen hätte man dann nie einen solch (faulen!) Kompromiss aushandeln dürfen. Einem Gesetzesvorhaben welches so offensichtlich unverhältnismäßig und grundrechtswidrig ist, darf man einfach nicht zustimmen und sei es 20x EU-Richtlinie. Offenbar lehnt er die VDS aber trotzdem ab und hofft auf einen Stopp durch das Bundesverfassungsgericht. Er hat ganz klar gegen das BKA-Gesetz gestimmt und auch das Zensurgesetz wird er ablehnen.

Mal gespannt, vielleicht tritt er doch noch irgendwann in die Piratenpartei ein. 🙂 Es war auf jeden Fall ein tolles Gespräch mit ihm und ich bin immer noch über dieses zufällige Treffen überrascht. Wie klein die Welt doch manchmal ist!

Kandidatenwatch: Filtersysteme, Anonymisierungsdienste und politische Einflussnahme

Zu meiner Antwort zum Thema Inhaltsfilterung gab es Rückfragen:

Meine Frage:
Ihr Parteiprogramm, Inhaltsfilterung:
„Initiativen âEUR“ politischer wie technischer Natur âEUR“ zur Untergrabung
von Filtersystemen sind im Rahmen außenpolitischer Möglichkeiten zu
unterstützen.“

Wie gedenken Sie voannte Initiativen zu unterstützen, respektive
zuerst einmal zu initiieren? Wo liegt Ihre Akzeptanzschwelle zu
„Initiativen âEUR“ politischer wie technischer Natur“?

Ihre Anwort, Auszüge:

Als technische Initiative kann ich mir beispielsweise die Einrichtung > Proxy-Servern
alternativen DNS-Servern
Wer finanziert diese und übt die Kontrolle aus?

Meine Annahme lautet, dass es eine Initiative zur Untergrabung von Filtersystemen gibt, zum Beispiel in Form eines DNS-Servers. Die Kosten sind grundsätzlich von der Initiative zu tragen. Unser Parteiprogramm fordert nun aber genau eine Unterstützung solcher Initiativen, was für mich – neben der besagten ideellen Unterstützung – auch eine finanzielle Unterstützung bedeutet.

Die Kontrolle muss von der Öffentlichkeit ausgehen, d.h. weder die Initiative noch der Staat dürfen die Oberhand über die Funktionsweise der technischen Maßnahme erhalten. Am Beispiel DNS-Server hieße das, dass die korrekte Namensauflösung öffentlich nachprüfbar sein muss, bei Anonymisierungssoftware zum Beispiel, dass der Quellcode offen liegt.

Das Wissen um die Möglichkeit der Eintragung eines alternativen
DNS-Servers qualifiziert mittlerweise ja schon 20% der Internetnutzer in
Deutschland zu „schwer Pädokriminellen“.

Zumindest wenn es nach einer gewissen Ministerin geht, ja. Ich kann nur hoffen das solche Politiker zukünftig keine Stimmen mehr bekommen 😉

Entwicklung von Anonymisierungsdiensten
Brauchen wir diese nur im Rahmen von „außenpolitischen Möglichkeiten“?

Nein definitiv nicht. Ich habe mich in meiner Antwort lediglich auf die Außenpolitik bezogen da sich darauf die von Ihnen zitierte Stelle des Parteiprogramms richtet. Es ist für Demokratie und Meinungsfreiheit unerlässlich, dass man sich auch im Internet frei und unbeobachtet bewegen und äußern kann. Dazu zählt die Möglichkeit der Verschlüsselung und auch der Anonymisierung. Wobei die Anonymisierung in erster Linie durch Datensparsamkeit erreicht werden sollte. Anonymisierungdienste sehe ich dahingehend nur als Ergänzung um die Anonymität zu gewährleisten.

Wer finanziert diese und übt die Kontrolle aus?

Die Entwicklung neuer Anonymisierungsverfahren und darauf aufbauender Dienste kann und soll finanziell durch den Staat unterstützt werden. Durch den dezentralen Aufbau von Anonymisierungsnetzwerken gibt es keine zentrale Kontrollinstanz. Die Kosten sind für die einzelnen Betreiber gering, dennoch kann man auch hier über staatliche Förderung nachdenken.

Wie wollen Sie diese vor den Begehrlichkeiten von Behörden aller Art
schützen, (Tor)?

Begehrlichkeiten entstehen überall dort wo Daten anfallen. Gesetze wie die Vorratsdatenspeicherung die große Datenhalden bilden müssen weg, Daten dürfen nur dort gesammelt werden, wo es unbedingt erforderlich ist. Ein Anonymisierungsserver der keine Rückschlüsse auf Personendaten zulässt, weckt auch keine Begehrlichkeiten. Außer natürlich nach Gesetzen, diese Daten dann doch zu speichern. Da liegt es aber am Wähler, die richtigen Politiker zu wählen, die diesen Unsinn nicht mitmachen. Um vorzubeugen halte ich es aber auch für sinnvoll, das Recht auf Anonymität im Internet und ein allgemeines Kommunikationsgeheimnis gesetzlich festzuschreiben.

Ich hoffe ich konnte Ihre Frage damit zu Ihrer Zufriedenheit
beantworten..

Nein. Nicht wirklich.

Dann hoffentlich jetzt 🙂 Ansonsten wie gesagt, einfach Rückfragen stellen.

Nach meiner persönlichen Wahrnehmung bedarf es für eine Änderung von
politischen und sozialen Gegebenheiten mehr, als eine breite Zustimmung
bestimmter wohlgesonnener Bevölkerungsgruppen, wie z.B. die
Filesharer-Gemeinde, welche ja nicht unbedingt von altruistischen Motiven
geleitet wird (ich rede an dieser Stelle nicht den „Rechteinhabern“ das
Wort).

Wie gedenken Sie eine politische Teilhabe (Einflussnahme) zu erreichen,
jenseits von bits und bytes.

Ich bitte Sie um eine realistische Antwort.

Die Unterstützung für die Piratenpartei beschränkt sich nicht auf Filesharer. Es gibt auch genauso wenig eine „Filesharer-Gemeinde“ wie es
eine Gemeinde der Autofahrer oder der Vegetarier gibt. Die Unterstützung für die Piratenpartei (genauer: für unsere Ziele, denn darum geht es!) erstreckt sich über mehrere Bevölkerungsgruppen. Die größte Zustimmung finden wir natürlich bei jungen Menschen, die im Umgang mit Technik und insbesondere dem Internet vertraut sind sowie bei Informatikern und anderen technikaffinen Berufsgruppen. Jedoch merke ich selbst, als jemand der regelmäßig an Infoständen teilnimmt und so mit den unterschiedlichsten Leuten auf der Straße in Kontakt kommt, dass auch andere Menschen aufgeschlossen gegenüber unseren Zielen sind, wenn man es ruhig und sachlich erklärt. Größtes Problem ist es derzeit diese Leute großflächig zu erreichen, dazu fehlt es unserer jungen Partei noch an Zeit, Geld und „Personal“. Ich bin jedoch in Anbetracht unseres stetigen Wachstums optimistisch, dass sich dies weiter verbessern wird.

Es ist utopisch innerhalb kurzer Zeit eine politische Veränderung herbeizuführen. Mit jeder einzelnen Stimme für die Piratenpartei, erhöht sich aber der Druck auf die etablierten Parteien sich mit unseren Zielen zu befassen. Derzeit sieht es sogar danach aus, dass die Piratenpartei Schweden einen Sitz im Europaparlament erringt (5,1% laut einer aktuellen Umfrage). Das ist wenig um politisch Einfluss zu nehmen, ermöglicht uns aber immerhin Themen auf die politische Tagesordnung zu bringen die ansonsten wenig Beachtung finden. Es ist ein Anfang.

Im übrigen war ich von Ihrer Antwort zu meiner 1. Frage angenehm
überrascht, hatte mehr mit leeren Worthülsen gerechnet.

Die Worthülsen waren leider ausverkauft, die anderen Parteien haben sich die alle schon unter den Nagel gerissen 😉

Kandidatenwatch: Untergrabung von Filtersystemen

Kandidatenwatch.de ist eine Plattform, die es den Wählern und allen Interessierten ermöglicht, vor der Wahl Fragen an die Kandidaten zu richten.

Als Listenkandidat der Piratenpartei bin auch ich dabei. Bitte nutzt die Gelegenheit, mir und den anderen Kandidaten der Piratenpartei Fragen zu stellen. Es schadet auch nichts den Internetausdruckern die ein oder andere kritische Frage zu Netzpolitik, Datenschutz und Bürgerrechten zu stellen.

Ich werde die mir gestellten Fragen und meine Antworten auch hier veröffentlichen. Die erste gibt es schon, es geht um die Untergrabung von Filtersystemen:

Ihr Parteiprogramm, Inhaltsfilterung:
„Initiativen âEUR“ politischer wie technischer Natur âEUR“ zur Untergrabung von Filtersystemen sind im Rahmen außenpolitischer Möglichkeiten zu unterstützen.“

Wie gedenken Sie vorgenannte Initiven zu unterstützen, respektive zuerst einmal zu initiieren?
Wo liegt Ihre Akzeptanzschwelle zu „Initiativen âEUR“ politischer wie technischer Natur“?

Der zitierte Abschnitt aus dem Parteiprogramm bezieht sich auf ausländische Filtersysteme, wie zum Beispiel in China. Es reicht nicht, dass Demokratien lediglich mit dem mahnenden Zeigefinger auf Staaten zeigen, die das Internet filtern und zensieren. Den Menschen die unter der Unterdrückung ihrer Meinungs- und Kommunikationsfreiheit leiden, muss aktiv geholfen werden. Ein freier Informationsaustausch mit Freunden und Bekannten anderer Staaten liegt auch im Interesse der europäischen Bevölkerung. Eine Behinderung dieser Kommunikation dürfen wir nicht akzeptieren. Auf keinen Fall dürfen europäische Unternehmen die Zensurbestrebungen totalitärer Staaten unterstützen!

Unser Parteiprogramm unterscheidet zwischen technischen und politischen Initiativen um die Kommunikationsfreiheit zu gewährleisten. Eine politische Initiative könnte zum Beispiel eine Aufklärungskampagne im Web sein, die den Betroffenen erklärt, wie sie die Filter umgehen können. Oft ist dies nämlich ganz einfach möglich und nach einer kurzen Erklärung auch für Laien durchführbar. Eine solche Initiative kann durch die EU zum einen finanziell unterstützt werden, für wichtiger halte ich aber sogar die ideelle Unterstützung. Denn die Chance ist hoch, dass die Kampagnen ebenso im Filter landen, wie andere unerwünschte Inhalte. Indem die EU eine solche Initiative offiziell unterstützt, erhöht sie den außenpolitischen Druck auf die filternden Staaten. Ich schätze die Hemmschwelle, eine offizielle EU-Seite zu sperren, als deutlich höher ein, als bei einer x-beliebigen Initiativenseite, insbesondere wenn die EU sich international und medienwirksam für diese Initiativen stark macht.

Als technische Initiative kann ich mir beispielsweise die Einrichtung von Proxy-Servern, alternativen DNS-Servern und VPN-Netzwerken oder die Entwicklung von Anonymisierungsdiensten im Rahmen eines Hochschulprojektes vorstellen. An der Universität Toronto zum Beispiel, wurde die Software „Psiphon“ speziell zur Umgehung von Zensur- und Filtersytemen entwickelt. Es ist wichtig, dass Maßnahmen zur Umgehung von Zensur stetig weiterentwickelt und verbessert werden. Auch diesbezüglich halte ich die finanzielle und ideelle Unterstützung durch die EU und ihre Mitgliedsstaaten für sehr wichtig.

Die Untergrabung von Filtersystemen darf in meinen Augen jedoch keinen Angriff auf die technische Infrastruktur von anderen Staaten bedeuten. Ich halte lediglich reine Umgehungsmaßnahmen für rechtmäßig und unterstützenswert.

Ich hoffe ich konnte Ihre Frage damit zu Ihrer Zufriedenheit beantworten. Zögern Sie nicht, bei Bedarf Rückfragen zu stellen.

Irrtum der Woche: Schuldig bis zum Beweis der Unschuld

Ich weiß, es ist irgendwie in Mode gekommen, die Unschuldsvermutung auf den Kopf zu stellen. Trotz allem bleibt diese überaus dreiste Behauptung von Justizministerin Zypries schlichtweg falsch:

Eine Strafbarkeit liege schon in dem Moment vor, wenn nicht nachgewiesen werden könne, dass es sich um ein Versehen oder eine automatische Weiterleitung gehandelt habe.

Hintergrund ist der, dass Internetnutzer, die auf die berüchtigten Stopp-Seiten stoßen, in Echtzeit überwacht werden sollen. Zypries behauptet nun einfach, dass diese Nutzer sich automatisch schuldig machen, kinderpornografisches Material beschaffen zu wollen. Nun gibt es aber leider diverse technische Möglichkeiten, wie ein Nutzer zufällig oder böswillig auf eine solche Seite geleitet werden kann, ohne dass er es möchte oder auch gar nur mitbekommt. Zum Beispiel durch automatische Weiterleitung, „vergiftete“ Links, eingebette Inhalte (I-Frames) und vieles mehr.

Laut Zypries soll ein Nutzer der auf die Sperrseite gelangt und somit ins Blickfeld des BKA rückt nun beweisen, dass es keine Absicht war. Er soll also seine Unschuld beweisen!

Nun besagt aber ein klitzekleiner (und scheinbar von vielen Politikern als unbedeutend eingestufter) Artikel der sogenannten „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“ folgendes:

Jeder Mensch, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, ist solange als unschuldig anzusehen, bis seine Schuld in einem öffentlichen Verfahren, in dem alle für seine Verteidigung nötigen Voraussetzungen gewährleistet waren, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.

Dass Frau Zypries nicht weiß was ein Browser ist, das kann ich ihr durchaus verzeihen. Für soviel Inkompetenz werde ich sie einfach nicht wählen, dann sind wir quitt. Aber für soviel Ignoranz beim Thema Grund- und Menschenrechte, und das als Justizministerin … die Frau sollte sofort zurücktreten … ist ja nicht das erste Mal, dass sie so einen Unfug behauptet.

Über die (Un)wirksamkeit von Netzsperren

Die Argumentation, Netzsperren seien unwirksam, ist nicht zweckmäßig – darauf hat Netzpolitik mit Bezug auf Fefe aufmerksam gemacht. Ich stimme dem soweit zu, halte es jedoch für sinnvoll zwischen zwei Arten der Unwirksamkeit zu unterscheiden: Der technischen und der logischen Unwirksamkeit.

Technische Unwirksamkeit

Ich bezeichne Netzsperren als technisch unwirksam, wenn sie durch einfach technische Maßnahmen zu umgehen sind. Dazu zählen zum Beispiel die vertraglich vereinbarten DNS-Sperren. Das Problem bei der technischen Unwirksamkeit ist, wie Netzpolitik bzw. Fefe richtig feststellt, dass sie nicht als Argumentation gegen Netzsperren taugt, sondern im Gegenteil später als Bumerang auf uns zurückfallen kann. Es ist völlig irrelevant ob die Sperren technisch wirksam sind, darum geht es nicht! Es geht darum, dass eine Zensurinfrastruktur aufgebaut wird und allgemein die Akzeptanz für Netzsperren gefördert wird. Wenn wir jetzt argumentieren, dass die Sperren sowieso umgangen werden können, ist das lediglich ein Argument stärkere Filter einzuführen! Die Sperren sind undemokratisch und schädlich, egal ob sie überwindbar sind oder nicht – das Argument „technische Unwirksamkeit“ ist also völlig irrelevant und sollte vermieden werden.

Logische Unwirksamkeit

Niemand wird bestreiten, dass es ein vernünftiges Ziel ist, Kindesmissbrauch zu verhindern und Kinderpornografie aus dem Netz zu entfernen. In den Augen der Befürworter wird dieses Ziel durch die Netzsperren erreicht. Das ist und bleibt Unsinn. Völlig unabhängig davon ob die Sperren löchrig oder unüberwindbar sind: Die Kinder werden weiter missbraucht, Kinderpornos werden weiter ausgetauscht (weil dies ohnehin nicht über das offene Web geschieht) und eine millionenschwere Industrie wird auch nicht trocken gelegt, weil die Zahlen erfunden sind. Dies bezeichne ich als logische Unwirksamkeit – die Sperren erfüllen den behaupteten Zweck schlichtweg nicht. Keine Art von Sperre kann dies erreichen – völlig unabhängig davon, ob sie technisch funktioniert oder nicht.

Schlussfolgerung

Aus der logischen Unwirksamkeit folgt nicht, dass die Sperren keine Wirkung haben, sondern nur, dass die Sperren nicht die gewünschte Wirkung haben. Auf die entstehenden „Fehlwirkungen“ kann und sollte sich unsere Argumentation stützen. Zu den Fehlwirkungen zählen, ohne Anspruch auf Vollständigkeit (Ergänzungen in den Kommentaren gerne gesehen):

  • Sperrung von legalen Internetseiten (durch menschliche Fehler, Kollateralschäden, Korruption, …)
  • Begehrlichkeiten weitere unliebsame Inhalte zu sperren (Gewaltseiten, Glücksspiel, Pirate-Bay, gewöhnliche Pornografie, extremistische politische Seiten, …)
  • Pauschale Verdächtigung von Leuten die zufällig auf Sperrseiten stoßen
  • Die daraus folgende Angst der Surfer vor unbekannten Links
  • Angst andere Inhalte zu verlinken

Diese Fehlwirkungen treten unabhängig davon auf, wie die Sperren konkret umgesetzt werden. Gegen den aktuellen Zensurvertrag und das geplante Gesetz gibt es zahlreiche weitere wichtige Gegenargumente, wie z.B. die fehlende Kontrolle des BKA, die Geheimhaltung der Verträge und der Sperrlisten sowie das Fehlen einer Regelung um Einträge wieder von der Liste zu entfernen. Eine umfangreiche Übersicht über Presseartikel und Blogbeiträge zum Thema gibt es bei hugelgupf.

Zusammengefasst lässt sich sagen: Internetsperren, egal in welcher Ausprägung erfüllen ihren logischen Zweck nicht, sondern haben im Gegenteil schädliche Fehlwirkungen die die Meinungs- und Pressefreiheit gefährden und somit für unsere Demokratie schädlich sind. Ob die Sperren technisch funktionieren ist irrelevant, da sie die schädlichen Wirkungen in jedem Fall entfalten.

Irrtum der Woche: DNS-Sperren sind ein erster Schritt

Ich bin froh, dass sich zu dem gestern unterzeichneten Zensurvertrag immerhin auch einige Mainstream-Medien kritisch äußerten. Leider werden die Sperren von einigen Journalisten immer noch als „erster Schritt“ gefeiert- quasi als Ergänzung zur Strafverfolgung. Ein fataler Irrtum, denn die Sperren dienen nur als Alibimaßnahme. „Wir tun ja was“, heißt es dann und die Sache ist erledigt.

Woher ich diese Gewissheit nehme? Wenn Frau von der Leyen wirklich an der Bekämpfung von Kinderpornografie interessiert wäre, könnte sie schon jetzt wirksam handeln, anstatt ins Leere greifende Filter einzurichten. Das tut sie aber nicht! Wie einfach es ist, komplette Server mit Kinderpornografie vom Netz zu nehmen, hat die Kinderschutzorganisation Carechild eindrucksvoll bewiesen. Frau von der Leyen möchte die Server nur verstecken – nein, nicht mal das – sie bindet dem Internetnutzer eine Augenbinde um, die man problemlos abnehmen kann! Die Kinder werden weiter misshandelt.

Es ist mir unbegreiflich, wie angesichts effektiver Alternativen überhaupt noch über verfassungsrechtlich höchst kritische und zugleich unwirksame DNS-Sperren diskutiert werden kann. Das stinkt bis zum Himmel nach blinden Wahlkampf-Aktionismus zu Lasten der Kinder.

Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement

ACTA steht für Anti-Counterfeiting Trade Agreement, was frei übersetzt etwa „Handelsabkommen zur Bekämpfung von Fälschungen“ heißt. Das Abkommen wird seit mehreren Jahren geheim verhandelt, mit dem vorgeblichen Ziel, den Handel mit Produktfälschungen und urheberrechtlich geschützten Werken zu bekämpfen. Regierungen aus Ländern weltweit und Lobbyisten der Rechteinhaber sind an den Verhandlungen beteiligt. Außen vor bleiben Künster und Bürgerrechtsorganisatoren, sowie die Bürger selbst.

Sowohl in Europa als auch den USA wurde von Bürgerrechtsorganisationen mehrfach versucht, Informationen über ACTA ans Tageslicht zu bringen. Selbst unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetzt konnte eine Veröffentlichung des Vertragsentwurfs nicht erreicht werden. Angeblich sei durch eine Veröffentlichung die „nationale Sicherheit“ gefährdet, so erst kürzlich der neue Hoffnungsträger Obama.

Solche Behauptungen und die Geheimniskrämerei lassen die Gerüchteküche brodeln. Schlimme Vermutungen bestätigten sich, als 2008 bei Wikileaks Informationen über die möglichen Inhalte des Abkommes auftauchten. Mit dabei: Kriminalisierung von Tauschbörsennutzern, Durchsuchung von Notebooks, MP3-Playern und anderen Datenträgern durch den Zoll, Sperren von Websites durch die Provider, kurzum: massive Einschränkungen der Bürgerrechte.

Vor einigen Tagen gab die US-Regierung dem wachsenden Druck nach und veröffentlichte wenigstens eine sechsseitige Zusammenfassung des aktuellen Vertragsentwurfs. (PDF)

Das Papier gibt an, dass die Idee eines solchen Abkommens in 2006 von Japan und den USA initiiert wurde, um das vermeintliche „geistige Eigentum“ international durchzusetzen. Zunächst seien nur Kanada, die Europäische Kommission, Japan, die Schweiz und die USA beteiligt gewesen. Erst seit Juni 2008 diskutiere man das Abkommen auch mit Australien, den 27 EU-Staaten, Mexiko, Marokko, Neuseeland, Südkorea und Singapur. Weiterhin sei es allgemein üblich, dass Verhandlungen zwischen „souveränen Staaten“ in einem so frühen Stadium noch nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Verhandlungsteilnehmer scheinen zu vergessen, wer der Souverän ist.

Als Ziel von ACTA wird angegeben, internationale Standards einzuführen um „geistiges Eigentum“ durchzusetzen. Dabei setze man den Fokus angeblich auf kommerzielle Fälschungen und nicht auf die Handlungen von gewöhnlichen Bürgern. In Grund- und Bürgerrechte solle nicht eingegriffen werden.

Das Dokument fasse die Inhalte zusammen, die aktuell unter Diskussion ständen, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass die Verhandlungen noch laufen und noch zusätzliche Punkte hinzukommen könnten, während andere wieder fallen gelassen werden. Insgesamt ist die Zusammenfassung aber extrem vage gehalten. Zur zivilrechtlichen Durchsetzung von Immaterialgüterrechten möchte man zum Beispiel Gerichten oder Behörden die Befugnisse geben „bestimmte Handlungen“ durchzuführen, wenn eine Verletzung „geistiger Eigentumsrechte“ nachgewiesen ist.

Auch die „Maßnahmen an Grenzen“ sind sehr vage gehalten. Beängstigend klingt die Möglichkeit eines Verbots, auch Waren, die nur zum persönlichen Gebrauch gedacht sind, über die Grenze zu führen. Die Entscheidungskompetenz, ob Güter Rechte verletzen oder nicht, soll wieder irgendeine „authority“ besitzen.

Brisant wird es im Abschnitt „Strafrechtliche Maßnahmen“. Hier soll geklärt werden, ab wann eine Rechtsverletzung strafrechtliche Bedeutung hat. Bislang sind zum Beispiel Urheberrechtsverletzungen in Deutschland lediglich Vergehen, aber kein Verbrechen. Dies könnte sich durch ACTA ändern.

Ein weiterer Abschnitt soll ich laut der Zusammenfassung komplett dem „Digitalen Umfeld“ widmen. Meiner Meinung nach ist das das spannendste und heikelste Thema. Die Zusammenfassung hält sich noch sehr bedeckt, der Abschnitt soll sich aber unter anderem mit der Rolle der Internetprovider befassen, Urheberrechtsverletzungen zu unterbinden! Es steht zu befürchten, dass durch ACTA mal wieder der Versuch gestartet wird, die Provider für die übertragenen Inhalte verantwortlich zu machen. Für den Abschnitt gibt es angeblich noch keinen Entwurf. Man sei vielmehr damit beschäftigt, Informationen über die unterschiedlichen nationalen Regelungen zu sammeln.

Ein komplettes Kapitel widmet sich der internationalen Zusammenarbeit, ein weiteres soll bestimmen, wie die von ACTA geschaffenen Regelungen durchgesetzt werden. Alles in allem ist die Zusammenfassung aber sehr vage und abstrakt. Die Formulierungen lassen viel Spielraum. Von einer Fokusierung auf internationale, kommerzielle Produktfälscher bishin zur Verfolgung von harmlosen Bagetelldelikten mitsamt Einschränkungen der Bürgerrechte ist meiner Ansicht nach alles möglich.

Letztendlich ist es entscheidend, wer an dem Vertrag mitwirkt und bestimmt, was letztendlich drin steht. Die Tatsache, dass das Abkommen weiterhin geheim und mit starken Lobbyeinfluss zwischen Regierungen verhandelt wird lässt wenig hoffen. Bereits am Telekom-Paket zeigt sich, wie gefährlich der Einfluss von Lobbyisten der Musik- und Filmindustrie für die bürgerlichen Freiheiten sein kann. Bei aller Spekulation um den möglichen Inhalt ist es meiner Meinung nach also zunächst am wichtigsten, dass die Öffentlichkeit nicht von den Verhandlungen ausgeschlossen wird und eine demokratische Debatte stattfinden kann.

Zwischenzeitlich ist übrigens ein Dokument bei Wikileaks erschienen. Das 48 Seiten starke PDF enthält mehrere ACTA-Entwürfe aus 2008, deren Struktur sich, soweit ich das überblicke, mit dem in der Zusammenfassung beschriebenen Aufbau deckt. Leider ist es ein gescanntes Dokument, dass sich somit nicht automatisch nach kritischen Schlüsselwörtern durchsuchen lässt. Wer etwas findet, darf dies gerne in den Kommentaren posten, ich kam noch nicht dazu mich näher damit zu befassen.

Disclaimer: Ich bin kein Jurist.

Identifikationsnummer – Einspruchsverfahren

Nachdem ich vor einigen Monaten meine Identifikationsnummer zugeteilt bekam, bin ich dem Vorschlag der Humanistischen Union gefolgt, einen Beschwerdebrief an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu senden.

Landläufig ist die Identifikationsnummer auch als Steuer-ID bekannt, weil sie angeblich nur für steuerliche Zwecke verwendet werden darf. Tatsächlich unterliegt sie jedoch keiner Zweckbindung. Die „überlebenslange“ Gültigkeit (bis 20 Jahre nach dem Tod!) macht sie zu einem eindeutigen Personenkennzeichen, welches vom Bundesverfassungsgericht bereits 1983 im „Volkszählungsurteil“ verboten wurde.

Mein Protestschreiben verweist auf ein Musterverfahren beim Finanzgericht Köln (Aktenzeichen: 2 K 2822/08). Das BZSt weist mich nun darauf hin, dass ein Urteil des Finanzgerichts noch nicht vorliegt und das gegen dieses vermutlich Revision eingelegt würde, sodass der Bundesfinanzhof entscheiden müsse. Weiterhin werde man das Einspruchsverfahren ruhen lassen. Sollte ich dennoch auf den Einspruch bestehen, müsste man diesen als unzulässig verwerfen.

Hier ist das vollständige Schreiben:

derzeit sind bei dem Finanzgerichtshof Köln mehrere allgemeine Leistungsklagen nach § 40 Abs. 1 letzte Alternative Finanzgerichtsordnung (FGO) und Feststellungsklagen nach § 41 FGO gegen die Zuteilung der Steueridentifikationsnummer anhängig, Urteile des Finanzgerichts Köln liegen noch nicht vor. Es ist davon auszugehen, dass gegen ein Urteil des Finanzgerichts Köln Revision eingelegt werden wird, somit wird voraussichtlich der Bundesfinanzhof über den Streitgegenstand entscheiden.

Ich halte es daher für verfahrensökonomisch, eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes abzuwarten und das Einspruchsverfahren zunächst nach § 363 Abs. 2 Satz 1 der Abgagenordnung (AO) ruhen zu lassen. Sollten Sie gleichwohl eine Fortführung Ihres Einspruchsverfahrens wünschen, bitte ich um Nachricht. Ich müsste dann Ihren Einspruch als unzulässig verwerfen, da ein Einspruch nur gegeben ist, wenn ein Verwaltungsakt angefochten oder der Erlass eines Verwaltungsakts begehrt wird. Die Zuteilung der Steueridentifikationsnummer ist aber nach behördlicher Auffassung kein Verwaltungsakt.

Jetzt stellt sich die Frage: Was tun? Macht es Sinn das Verfahren einfach ruhen zu lassen, oder sollte man weiter auf Einspruch bestehen? Ich freue mich über Hinweise in den Kommentaren. Ich denke ich bin nicht der einzige der das Schreiben bekommen hat.

Update: Der Foebud hat sich mittlerweile der Sache angenommen und gibt Entwarnung:

Diejenigen, die mit einem Protestschreiben auf die Zuweisung der Steuer-ID reagiert haben, bekamen in den letzten Wochen unerwartet ein Antwortschreiben, welches für reichlich Verwirrung sorgte. Nach Übersetzung der Paragraphenhinweise und juristischer Fachbegriffe scheint das Schreiben jedoch keiner Reaktion zu bedürfen.

Das Einspruchsverfahren wird lediglich ruhen gelassen, bis die Musterklage der Humanistischen Union endgültig in dieser oder nächster Instanz entschieden wird oder gar das Bundesverfassungsgericht sich dieser Frage annimmt.

Wir raten den Empfängern dieses reichlich verwirrenden und umständlich ausformulierten Schreibens daher die Ruhe zu bewahren und sich nicht beunruhigen zu lassen.

Alle die das Protestschreiben noch nicht abgeschickt haben, können das auch jetzt noch tun:

Des Weiteren machen wir alle Nicht-Empfänger darauf aufmerksam, dass die Jahresfrist noch nicht abgelaufen ist und sie daher herzlichst dazu aufgefordert sind, ein Protestschreiben an das Bundeszentralamt für Steuern zu senden. Freuen sie sich jetzt schon auf ihr automatisch erstelltes Antwortschreiben und sehen sie es einfach als eigenwillige Eingangsbestätigung an.

Kein Scherz

All das ist so absurd, dass es locker als Aprilscherz durchginge. Leider ist es Realität.

Ich weiß echt nicht, wie ich das noch karikieren könnte. Daher gibt es von mir heute keinen Aprilscherz.

Für alle die trotzdem was zum Lachen haben möchten empfehle ich die Aprilscherze von heise, dem CCC und der Piratenpartei Niedersachsen. 🙂