Dringend: EU-Abgeordnete kontaktieren, PNR-Abkommen verhindern

Das EU-Parlament steht kurz davor, über den Massen-Transfer von Fluggastdaten an die USA abzustimmen. Wir müssen umgehend handeln, um die Vorratsdatenspeicherung unserer Reisedaten zu verhindern. Kontaktiert eure EU-Abgeordneten!

Das sogenannte EU-USA-PNR-Abkommen wird in Kürze abgestimmt werden. Sollte das Europäische Parlament dem zustimmen, werden umfassende Datenbestände der Fluggesellschaften zur vermeintlichen „Terrorismusbekämpfung“ an die Vereinigten Staaten übermittelt und für 15 Jahre(!) gespeichert. Wen die US-Regierung so alles als Terroristen und Schwerverbrecher betrachtet, dürfte spätestens seit dem Fall Bradley Manning bekannt sein.

Das PNR-Abkommen stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre aller Flugreisenden dar.

Was tun? Wir können das Abkommen noch verhindern, wenn wir die sozialdemokratische Fraktion im EU-Parlament überzeugen, dagegen zu stimmen. Denn sie Sozialdemokraten sind sich noch unschlüssig, wie sie abstimmen und das Abkommen steht dadurch auf der Kippe.

Wir müssen deshalb die SPD-Abgeordneten umgehend davon überzeugen, gegen das PNR-Abkommen zu stimmen!

Die Fraktion wird sich voraussichtlich noch diese Woche entscheiden – es ist also Eile geboten.

Eine Liste der Abgeordneten mitsamt Kontaktdaten wurde bereits von der Digitalen Gesellschaft vorbereitet. Bitte nimm dir einen kurzen Augenblick Zeit und schicke mindestens einem von ihnen eine persönliche E-Mail. Vorlagen für Mails gibt es hier auf deutsch und auch auf englisch.

Um nicht im SPAM-Filter zu landen, sollte deine Mail eine persönliche Anrede enthalten und du solltest einen individuellen Betreff wählen und die Mailvorlage nach Möglichkeit anpassen. Je mehr Zeit du dir persönlich nimmst, desto eher wird die Überzeugung gelingen. Wenn du nur wenig Zeit hast, ist eine Standardmail mit abgewandeltem Betreff aber besser als nichts.

Noch besser ist es, wenn du kurz anrufst und dem/der Abgeordneten sachlich erklärst, worum es geht. Argumentationshilfe gibt es ebenfalls auf flugggastdaten.digitalegesellschaft.de

Wir müssen unseren Abgeordneten klar machen, wie wichtig die Ablehnung des Abkommens ist. Je mehr potentielle Wähler sie kontaktieren, desto wirksamer ist die Aktion. Deshalb brauchen wir auch deine Hilfe! Gemeinsam haben wir eine realistische Chance dieses Abkommen noch zu verhindern.

Weitere Infos zum PNR-Abkommen gibt es auf nopnr.org. Dort gibt es auch eine genaue Analyse des Abkommens.

Das Wichtigste zusammengefasst:

  1. Wähle einen Abgeordneten aus dieser Liste aus
  2. Kopiere diese Mailvorlage in eine Mail an den Abgeordneten
  3. Wichtig: Den Abgeordneten persönlich anreden. Nicht an mehrere Abgeordnete auf einmal schreiben, das landet ungelesen im Müll!
  4. Einen individuellen Betreff wählen (Wenn wir alle den gleichen Betreff wählen, landet es ebenfalls im SPAM-Filter)
  5. Die Mailvorlage individuell anpassen, oder eine komplett eigene Mail schreiben. Eine persönliche Mail von dir, ist überzeugender als eine Massenmail, die zum x-ten Mal im Postfach auftaucht. Bleibe dabei immer sachlich.
  6. Die Schritte 1-6 mit dem nächsten Abgeordneten wiederholen 🙂
  7. Optional aber wirkungsvoll: Die Abgeordnenten zusätzlich anrufen

Zensursula und die Terrorbefugnisse

Oje, es geht wieder heiß her in Sachen Überwachung und (Anti-)Terrorbefugnissen. Das Netzsperrengesetz aka „Zensursula“ soll nun gekippt werden. Quasi als „Dank“ dafür will die CDU/CSU aber unbedingt die Vorratsdatenspeicherung (VDS) vorantreiben und die Terrorgesetze verlängern.

Kleiner Rückblick: Als schwarz-gelb an die Regierung kam wurde über einen verfassungsrechtlich höchst fragwürdigen „Nichtanwendungserlass“ das Sperrgesetz für ein Jahr ausgesetzt. Die Frist ist nun abgelaufen und das Gesetz würde somit in Kraft treten. Nach dem 11. September 2001 hat die damalige rot-grüne Regierung zahlreiche sogenannte „Anti-Terror-Befugnisse“ verabschiedet, wie Fluggastdaten- und Kontenabfrage, Mobilfunkortung und weitere Befugnisse für BKA und Geheimdienste (Mit ein Grund, warum die Grünen für mich unwählbar sind). Diese Grundrechtseinschränkungen wurden 2007 bereits einmal für fünf Jahre verlängert. 2012 würde nun auch diese Frist ablaufen und die Union schreit abermals nach einer Verlängerung.

Die Vorratsdatenspeicherung wurde letztes Jahr vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Schmerzlich für die CDU, die nicht Müde wird die „dringende Notwendigkeit“ einer Neuauflage zu betonen, ohne je einen Nachweis zu erbringen. Ich werde derweil nicht Müde zu betonen, dass für jegliche Grundrechtseingriffe der Nachweis der Verhältnismäßigkeit, Erforderlichkeit und Geeignetheit erbracht werden muss.

Trotzdem pokert die Union jetzt: „Wenn wir schon das Sperrgesetz kippen, dann wollen wir wenigstens bei der Vorratsdatenspeicherung und den Anti-Terror-Gesetzen unsere Position durchsetzen“, heißt es sinngemäß. Das Grundgesetz darf jedoch keine Verhandlungsmasse sein! Keine faulen Kompromisse zu Lasten der Grundrechte! Der Fall des Sperrgesetzes ist ohnehin kein Verlust für die Union, die schließlich schon damals zugab, dass es ihr um Stimmungsmache im Wahlkampf ging. Mit der vermeintlichen Opferung des Sperrgesetzes versucht die Union nun echte Beute zu machen: VDS und Geheimdienstbefugnisse! Die Sperren gibts ggf. über den Umweg EU sogar noch oben drauf – hat ja bei der VDS damals auch funktioniert.

Dass die VDS nicht einmal bei der Aufklärung von Straftaten hilft, hat derweil selbst der wissenschaftliche Dienst des Bundestags erkannt. Auch die von Innenminister Friedrich gewünschte Umbenennung in Mindestspeicherfrist (Neusprech lässt grüßen!) wird daran nichts ändern.

Von Seite der EU-Kommission wird derweil erfreulicher Druck auf Deutschland ausgeübt: Die Datenschutzbeauftragten müssten endlich vollständig unabhängig werden, wie es das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vorsieht. Die Datenschutzbeauftragten stehen hier meist unter staatlicher Kontrolle, sind z.B. dem Innenministerium untergeordnet. Allein Schleswig-Holstein geht mit den unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz den richtigen Weg.

Netzsperren, Vorratsdatenspeicherung, Überwachungsbefugnisse, Datenschutz – Die nächsten Wochen und Monate werden wieder sehr spannend, um es positiv auszudrücken.

Projekt INDECT gegen „abnormales Verhalten“

[Update: Auf die zunehmende Kritik zu INDECT reagiert der „Ethikrat“ laut Futurezone mit Geheimhaltungspolitik:

„Es wurde beschlossen, dass Themen, die sich negativ auf die Polizeiarbeit, die nationale und öffentliche Sicherheit, oder das Ansehen der Beteiligten auswirken könnten, nicht mehr zu veröffentlichen“, heißt es in dem Bericht. Auch Zusammenfassungen sollen nicht publiziert werden.“ Das „Ethics Board“ werde entscheiden, welche Projektdokumente in Zukunft „veröffentlicht werden dürfen“, heißt es auf Seite 10.

]

Weil das Thema INDECT extrem wichtig ist, aber total vernachlässigt wird, hier ein sehr schönes Interview der Flaschenpost mit dem neuen INDECT-Koordinator der Piratenpartei (von Gefion Thürmer):

Vorletzte Woche, am 19. August, wurde Roland Albert zum Koordinator für das Thema INDECT ernannt. Wir haben ihm dazu ein paar Fragen gestellt:

– Flaschenpost: Hallo Roland. Erst einmal vielen Dank, dass du dich dieses wichtigen Themas annimmst. Wie ist es zu der Beauftragung gekommen?

Das Projekt INDECT hat mit seinen grenzenlosen, negativen Auswirkungen von Anfang an meine Antipathie auf sich gezogen und ich hielt mich zu INDECT so gut es ging auf dem Laufenden. Als nun auf dem bayerischen Aktiventreffen in Ingolstadt angesprochen wurde, dass es eine Ausschreibung zum Koordinator für das Thema INDECT geben wird, habe ich lange darüber nachgedacht, ob ich hierfür kandidiere. Nach vielen Überlegungen sowie Gesprächen mit Sekor, Stephan Urbach und Ben habe ich mich entschlossen, mich für die Stelle als Koordinator zu bewerben und wurde schließlich in der vorletzten Woche vom Bundesvorstand, namentlich Andi Popp, beauftragt.

– Flaschenpost: Könntest du kurz erklären, was genau INDECT ist?

Roland Albert: Kurz ist schon aufgrund des Akronyms nicht machbar. INDECT, das ist die Abkürzung für das neue Überwachungsprogramm der Europäischen Union. Das Akronym steht für “Intelligent information system supporting observation, searching and detection for security of citizens in urban environment” (Intelligentes Informationssystem, das Überwachung, Suche und Entdeckung für die Sicherheit von Bürgern in einer städtischen Umgebung unterstützt). Hinter diesem Wortungetüm stehen knapp 15 Millionen Euro Forschungsgelder der EU, die genutzt werden, um mit Steuergeldern eine noch nie dagewesene Überwachsungsinfrastruktur zu schaffen. Im Endergebnis soll ein System stehen, dass “auffälliges Verhalten” aller Bürger vorhersehen und melden kann.

– Wie sieht diese Überwachungsinfrastruktur konkret aus?

Roland Albert: Das  Forschungsprojekt soll vor allem Wege finden, sämtliche Informationen aus dem Netz, aus Datenbanken und von Überwachungskameras intelligent zu verbinden. Damit entsteht ein automatischer Bevölkerungsscanner. INDECT will erforschen, wie sich im Netz mithilfe automatisierter Suchroutinen “Gewalt”, “Bedrohungen” und “anormales Verhalten” finden lassen. Wer beispielsweise bei YouTube ein “Drohvideo” geposted hat, soll mithilfe von Überwachungskameras vollautomatisch gesucht, via Suchmaschine identifiziert und mittels mobilen Geräten oder gar Schwärmen von fliegenden Drohnen verfolgt werden. Außerdem will man Suchmaschinen zur schnellen Identifizierung von Personen und Dokumenten entwickeln und Suchprogramme, die “ständig” und “automatisch” öffentliche Quellen wie Websites, Foren, Usenet-Gruppen, Fileserver, P2P-Netzwerke und “individuelle Computersysteme” durchsuchen.

– Flaschenpost: Was genau darf man sich unter “auffälligem Verhalten” vorstellen?

Roland Albert: “Auffällig” ist immer das, was von der Norm abweicht. Aber ist “auffällig” immer gleich negativ? Ich meine: NEIN. Wir Piraten stehen für die freie Entfaltung jedes einzelnen Individuums, gleich seinen Vorlieben, seinem Verhalten oder was eben auch immer. Es kann nicht sein, dass Menschen aufgrund ihres Individualismus von einem System in eine Gefahrenkategorie einsortiert werden und hierbei gleichzeitig eine Abkehr von der Unschuldsvermutung stattfindet. Dieser Situation in einer permanent überwachten Umwelt gilt mein entschiedenes Entgegentreten – wehret den Anfängen!

– Flaschenpost: Wenn auffälliges Verhalten ein Abweichen von der Norm ist: Wie wird diese “Norm” definiert?

Roland Albert: Die Norm ist das mehrheitliche Verhalten einer Gruppe, z. B. der Bevölkerung oder auch das gewünschte und vorgegebene Verhalten durch Institutionen wie Regierung, Kirche oder anderen Gemeinschaftsoberhäuptern. Hier steckt auch einer weiterer Gefahrenpunkt. Wer definiert was normal ist? Bin ich normal?

– Befindet sich INDECT noch in der Forschungsphase oder werden Teile davon bereits umgesetzt?

Roland Albert: INDECT ist ein Forschungsprojekt, das auf fünf Jahre – bis 2013 – ausgelegt ist. Teile des Programms, beispielsweise die Koordinierung von Drohnen, werden bereits getestet, auch in Deutschland. Einen größeren Feldversuch wird es 2012 zur Fußball EM in Polen / der Ukraine geben. Hier sollen Einsätze unter reellen Bedingungen stattfinden.

– Flaschenpost: Ist bekannt, was genau dort getestet werden soll?

Roland Albert: Meines Wissens nicht. Zum einen sind hier nicht alle Informationen bekannt, zum anderen ist noch Zeit für entsprechende Forschungsarbeit bis zu diesem angekündigten Feldversuch in Polen und der Ukraine. Auch gilt es hier meinerseits, noch tiefer zu recherchieren und alle Informationen aufzubereiten.

– Flaschenpost: Hast du schon ein Konzept, wie du gegen INDECT vorgehen möchtest?

Roland Albert: Ich denke, dass an vielen Ecken angepackt werden muss. Zum einen gilt es, das Thema INDECT bei den PIRATEN selbst bekannter zu machen und hierfür zu sensibilisieren. Um das zu erreichen, sind die ersten Schritte eine Website / Blog mit allen relevanten und aktuellen News sowie Material zum Thema zu erstellen (Flyer, Streumittel, Web-Banner). Auch ist hierfür internationale Zusammenarbeit sehr wichtig, hier unterstützt mich Ralph Hinterleitner sehr stark, vielen Dank, Ralph, an dieser Stelle.

Zum anderen gilt es, die Bevölkerung zu INDECT zu informieren und entsprechende Risiken aufzuzeigen. Hierfür ist eine gute Pressearbeit, diverse Aktionen sowie Bündnisarbeit mit NGOs zu INDECT sehr wichtig.

Unbedingt erwähnen möchte ich, dass die Arbeit zu INDECT nicht alleinig von mir geleistet wird. Die AG INDECT hat vielfältige Talente die in den verschiedensten Bereichen supporten und ohne die unsere geplanten und teilweise schon umgesetzten Punkte so nicht möglich wären!

– Flaschenpost: Was kann man jetzt schon gegen INDECT tun? Gibt es schon die Möglichkeit zu spenden oder eine laufende Petition dagegen, die man mitzeichnen kann?

Roland Albert: Das sind Dinge, die noch angestoßen werden müssen. Ein Spendenaufruf ist gerade erfolgt. Spenden benötigen wir für Werbemittel sowie verschiedene Aktionen, mit denen wir das Thema publik machen werden. Jeder interessierte Pirat ist herzlich eingeladen, sich in der AG INDECT zu engagieren und es gemeinsam mit uns nicht zu diesem Werkzeug eines neuen Überwachungsstaates kommen zu lassen! Wer helfen möchte kann sich gerne an mich wenden!

m: +49 160 90300153

e: roland.albert@piraten-fuerth.de

t: twitter.com/stopINDECT

t: twitter.com/GrumblingGeek

s: r.b.albert

j: grumblinggeek@jabber.piratenpartei.de

– Flaschenpost: Vielen Dank, Roland, für deine Zeit und deine Antworten. Wir wünschen dir für deine Arbeit als Koordinator viel Erfolg und hoffen, dass wir gemeinsam dieses Projekt werden stoppen können!

„Diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins“

Die Vorratsdatenspeicherung war Ende 2007 der Anlass für mich, erstmals auf die Straße zu gehen. Durch sie kam ich mit Aktivisten des AK Vorrat und der Piratenpartei in Kontakt. Die Vorratsdatenspeicherung hat eine große Bürgerrechtsbewegung hervorgebracht und die größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten provoziert.

Gestern wurde die Vorratsdatenspeicherung vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Alle Daten, die noch nicht an Ermittlungsbehörden weitergegeben wurden, müssen umgehend gelöscht werden. Der Provider 1&1 hat nach eigenen Angaben schon damit angefangen.

Eine Speicherung von Telekommunikationsverbindungsdaten auf Vorrat gibt es damit in Deutschland nicht mehr. Viele Jahre haben wir dafür gekämpft. Dass das Gesetz komplett gekippt wird, habe ich zwar für möglich, aber nicht für sehr wahrscheinlich gehalten.

Die Vorratsdatenspeicherung ist ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte, da sie geeignet ist „ein diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins hervorzurufen, das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen kann“, begründet das Verfassungsgericht. Die Umstände der Kommunikation seien ebenso schutzbedürftig wie deren Inhalt. Allerdings sei eine anlasslose Speicherung „nicht schlechthin“ mit dem Grundgesetz unvereinbar. Daher greifen die Richter die zugrunde liegende EU-Richtlinie nicht an und verweisen auch nicht an den europäischen Gerichtshof. Laut den Verfassungsrichtern sei eine verfassungskonforme Umsetzung der EU-Richtlinie möglich.

Hohe Anforderungen

An die Ausgestaltung dieser Umsetzung stellen die Richter jedoch sehr hohe Anforderungen: Um die Verhältnismäßigkeit zu wahren muss die Normenklarheit in Bezug auf Datensicherheit, Datenverwendung, Transparenz und Rechtsschutz gegeben sein. Datensicherheit betrifft dabei sowohl die Aufbewahrung als auch die Übermittlung und Löschung der Daten. Sicherheitsstandards müssen sich am aktuellen Stand der Technik orientieren, die Daten müssen asymmetrisch verschlüsselt werden, die Rechner vom Internet getrennt sein und ein 4-Augen-Prinzip sichergestellt werden. Der Zugriff auf und die Löschung der Daten müssen revisionssicher Protokolliert werden. Um die Transparenz zu wahren muss es zudem Informationspflichten bei Datenschutzverletzungen geben. Der Betroffene muss beim Abruf der Daten informiert werden, falls kein anders lautender richterlicher Beschluss vorliegt. Um einen sicheren Rechtsschutz zu gewährleisten hat der Zugriff zudem unter einem Richtervorbehalt zu stehen und den Betroffenen muss ein Rechtsschutzverfahren möglich sein. Verletzungen des Datenschutzes und der Datensicherheit müssen wirksam sanktioniert werden.

Eine neue Vorratsdatenspeicherung?

Da das derzeitige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung komplett für nichtig erklärt wurde, geht der Gesetzgebungsprozess nun komplett von neuem los, wenn die Regierung denn überhaupt noch eine Umsetzung wünscht. Die selbsternannte Bürgerrechtspartei FDP hätte nun Gelegenheit sich als solche zu beweisen und sich dafür einzusetzen, dass die EU-Richtlinie komplett zurück genommen wird. Wir sind in Europa nicht allein: Schweden weigert sich die Vorratsdatenspeicherung umzusetzen, Österreich befindet sich immer noch im Gesetzgebungsprozess und hat sich deshalb schon ein Vertragsverletzungsverfahren eingehandelt, Rumänien hatte die Vorratsdatenspeicherung bereits letztes Jahr für verfassungswidrig erklärt.

Es ist jetzt an der Zeit, die Vorratsdatenspeicherung auf europäischer Ebene zu Fall zu bringen! Leider hat es die CDU immer noch nicht verstanden und behauptet dreist, die Speicherung sei nötig „um die Bürgerinnen und Bürger wirksam vor schweren und schwersten Straftaten schützen zu können“. Ich bin es langsam leid auf solche unsinnigen Behauptungen einzugehen… Muss ich auch nicht, steht ja alles hier.

Ich hoffe doch sehr, dass die CDU mit ihren Bestrebungen die Vorratsdatenspeicherung neu aufzusetzen alleine dasteht. Nicht alles was verfassungsrechtlich machbar ist muss auch umgesetzt werden. Zudem halte ich es für enorm schwierig die umfangreichen Rahmenbedingungen des Bundesverfassungsgerichts wirksam einzuhalten. Allein die Formulierung eines entsprechenden Gesetzes dürfte eine große Hürde darstellen. Die effektive Umsetzung der Datensicherheits- und Transparenzanforderungen in der Praxis halte ich für Utopie.

Die FDP und die Lobbyisten

Es bleibt zu hoffen, dass die FDP dem Druck der CDU standhält. Mehr Sorgen als der Einfluss der CDU, macht mir jedoch die Musikindustrie, die sich über eine Hintertür des Urteils gerade besonders freut: Für die Identifkation von Nutzern hinter einer IP-Adresse hat das Gericht nämlich deutlich geringere Hürden gesetzt. Begründet wird dies damit, dass bei einer Identifikation ja keine Vorratsdaten herausgegeben würden. Der Anbieter ermittle mittels der Vorratsdaten lediglich intern die zugehörigen Bestandsdaten. Herausgegeben würden nur Bestandsdaten, d.h. Name und Adresse des Kunden. Zudem sei für diese Anfragen weder ein Richterbeschluss nötig, noch beschränke sich der Zugriff auf schwere Straftaten. Die Abfrage von Bestandsdaten zu einer IP-Adresse sei auch bei gewichtigen Ordnungswidrigkeiten erlaubt. In der Urteilsbegründung wird sogar ausdrücklich die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen genannt.

Die FDP ist nicht gerade für eine liberale Urheberrechtspolitik bekannt. Ich bin gespannt ob sie der Verlockung widersteht eine Vorratsdatenspeicherung zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen einzuführen. Ich fürchte spätestens bei diesem Stichwort wird die Partei einknicken. Vielleicht wird Frau Leutheusser-Schnarrenberger dann abermals so stark sein, von ihrem Amt zurückzutreten – nützen wird uns dies jedoch wenig.

Durchatmen und weiterkämpfen

Zunächst einmal haben wir uns jedoch Luft geschaffen. Die Vorratsdatenspeicherung ist vom Tisch und diejenigen sind im Zugzwang, die sie wieder einführen möchten. Ich habe es gestern genossen erstmals wieder vorratsdatenfrei zu kommunizieren (auch wenn das vermutlich ein Trugschluss war, da es sicher noch ein paar Tage dauern wird, bis alles abgeschaltet und gelöscht ist). Das Gesetz ist in Deutschland erstmal vom Tisch. Der AK Vorrat kündigt bereits an, nun auf europäischer Ebene weiter vorzugehen. Wir haben einen wichtigen Etappensieg errungen, den wir weiter ausbauen können. Zudem gibt es noch weitere wichtige Baustellen denen wir uns widmen müssen: Spontan fallen mir ELENA, JMStV und ACTA ein. Auch das Zugangserschwerungsgesetz ist nach der Unterschrift Köhlers wieder auf der politischen Tagesordnung. Es gibt also viel zu tun. Packen wirs an!

Weiterführende Links

Schüler-Interview

Mal ein Interview der etwas anderen Art: Die 10b der Geschwister-Scholl-Realschule Westerburg nimmt gerade die Europäische Union durch und hat mich für eine Projektarbeit als Europakandidaten befragt:

1. Wie wichtig ist Ihnen die Meinung der Jugendlichen?

Die Meinung von Jugendlichen ist mir sehr wichtig. Ich bin ja selbst erst 23 und in der Piratenpartei sind insgesamt sehr viele junge Leute. Die Mitgliedschaft ist bei uns schon ab 16 Jahren möglich. Zudem haben wir seit kurzem auch einen eigenen Jugendverband, die „Jungen Piraten“.

Jugendliche haben eine andere Sichtweise auf die Welt, als ältere Generationen. Sie verstehen und nutzen neue Technologien schneller, während bei den älteren Politikern oft eine unberechtigte Angst vor neuen Dingen besteht und deshalb falsche Politik betrieben wird.

Ganz besonders wichtig ist mir die Meinung von Jugendlichen bei der Bildungspolitik, denn sie sind direkt davon betroffen. Die Piratenpartei hat noch kein Bildungsprogramm, arbeitet jedoch mit Hochdruck daran. Für die Europawahl ist es aber auch noch nicht ganz so wichtig, da Bildung Sache der einzelnen Bundesländer ist. Spätestens zur Landtagswahl 2011 in Rheinland-Pfalz werden wir aber ein Bildungsprogramm vorlegen, welches auch den Interessen der Schüler und Studenten gerecht wird.

2. Was hat Sie dazu gebracht ins Europäische Parlament eintreten zu wollen?

Die etablierten Parteien vertreten meine Ziele einfach nicht. Auch wenn vieles, was die Opposition derzeit von sich gibt gut klingt: Es ist kein Geheimnis, dass die gleichen Parteien an der Regierung noch völlig anders gehandelt haben. Ich vertraue diesen Leuten nicht mehr. Deshalb nehme ich meine Zukunft selbst in die Hand und kämpfe für mich und meine Mitbürger für ein freiheitliches, selbstbestimmtes und demokratisches Informationszeitalter.

3. Was versprechen Sie Ihren Wählern?

Ich kann nur versprechen, dass ich keine falschen Versprechungen mache. Ich finde es unglaublich dreist, was manche Politiker im Wahlkampf fordern und versprechen. Wenn man da 1+1 zusammenzählt wird schnell klar, dass es alles leere Phrasen sind, um Stimmen zu fangen.

Ich verspreche, dass ich bei Freiheit und Bürgerrechten keine Kompromisse mache, und dass ich nicht einfach auf Lobbyisten höre, sondern mein bestes gebe eine ausgewogene Meinung zu bilden.

4. Was wollen Sie verändern?

Ich sehe einen riesigen Berg Arbeit vor mir. Zunächst einmal muss die EU demokratischer werden. Das bewährte demokratische Fundament aus Gewaltenteilung, allgemeinen, freien, gleichen, unmittelbaren und geheimen Wahlen muss auch für die EU gelten. Leider ist die EU für den Bürger auch sehr schwer zu durchschauen. Für eine echte Demokratie, in der der Bürger aktiv am politischen Geschehen teilhaben kann, muss die EU viel transparenter werden. Selbst die Abgeordneten blickten oft nicht mehr durch. Wir brauchen klare Strukturen, leicht zugängliche Informationen und nachvollziehbare Prozesse. Im Moment ist der Einfluss von Lobbyisten noch viel zu groß.

5. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?

Realistisch betrachtet werden wir wohl keine deutschen Abgeordneten für das Europäische Parlament stellen. Die Partei ist noch sehr jung und wird noch weit abseits der 5%-Hürde landen. Ich hoffe aber sehr stark auf 0,5%. Ab diesem Wahlergebnis erhalten wir die staatliche Parteienfinanzierung. Das mag jetzt gierig klingen, aber das Geld ist ja nicht für uns persönlich, sondern wird gebraucht um Flyer und Plakate zu drucken, Infostände durchzuführen und vieles mehr um auf unsere Ziele aufmerksam zu machen. Es ist somit ein wichtiger Schritt für den zukünftigen Erfolg der Partei.

In Schweden sehen unsere Chancen schon deutlich besser aus: Aktuellen Umfragen zufolge liegt die dortige Piratenpartei (die Piratpartiet) bei 5,1%. Mit diesem Ergebnis kann ein schwedischer Pirat ins Europaparlament einziehen! Eine Studie der London School of Economics sowie des Trinity College in Dublin errechnet sogar 8,5% und somit 2 Abgeordnete. Das ist nicht viel, aber gibt uns schon die Möglichkeit, Themen im Parlament einzubringen, die ansonsten zu wenig Beachtung erhalten. Dies ist eine gute Basis um langfristig zu wachsen.

6. Was sind Ihre Schwächen bzw. Stärken?

Meine Schwäche ist, dass ich noch jung und als Politiker unerfahren bin. Das hilft mir aber auch gleichzeitig dabei, die Dinge anders zu sehen und neue Ansätze in die Politik zu bringen. Als IT-Experte kenne ich die Chancen und Gefahren, die sich durch Informationstechnologie ergeben. Das ist eine wichtige Voraussetzung um kompetent mitreden zu können, bei Themen wie Internetfiltern, Telekommunikationsüberwachung und dem Urheberrecht in der digitalen Welt. Die meisten Abgeordneten scheitern schon an den Grundlagen, insbesondere die ältere Generation. Außerdem arbeite ich sehr organisiert und kann gut mit Stress umgehen.

7. Wie machen sie Werbung für sich?

Ich mache gar keine Werbung für mich. Wir haben auch gar keine Plakate auf denen Personen abgebildet sind. Uns geht es um unsere Ziele: Die Bürgerrechte, ein verbesserter Datenschutz, ein transparenter Staat und ein faires Urheberrecht. Es sind diese Ziele die ich aktiv bewerbe und für die ich mich einsetze. Dazu stehe ich auch oft selbst an Infoständen in verschiedenen Städten und versuche die Menschen von unserem Anliegen zu überzeugen. Eine ganz große Rolle spielt auch das Internet: Ich trete in direkten Kontakt mit den Menschen in sozialen Netzwerken wie Wer-kennt-wen, bei Twitter und in Blogs.

8. Seit wann sind Sie im politischen Bereich tätig? Und wie?

Ich war schon in meiner Schulzeit politisch interessiert, habe mich aber nie aktiv in Parteien oder politischen Organisationen engagiert. Irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten, täglich Meldungen zu lesen, wie Politiker immer neue Überwachungsgesetze beschließen und nach und nach das Internet kaputt machen. Ich wollte nicht mehr tatenlos zusehen.

Ende 2007 wurde ich dann auf die Demonstration „Freiheit-statt-Angst“ in Berlin aufmerksam. Das war für mich der Zeitpunkt zu sagen: Jetzt mache ich mit! Auf der Demo lernte ich viele aktive Bürgerrechtler und Mitglieder der Piratenpartei kennen. Schon kurz darauf besuchte ich ein Treffen der Piratenpartei in Rheinland-Pfalz und bin seitdem aktiv dabei. Ich habe monatelang am Aufbau des Landesverbands Rheinland-Pfalz mitgearbeitet und wurde auf dessen Gründung im Juni 2008 zum Landesvorsitzenden gewählt.

9. Finanzkrise. Ihre Stellungnahme hierzu.

Mit Finanzpolitik kenne ich mich noch nicht so gut aus, daher halte ich mich mit Stellungnahmen zurück. Frei nach Dieter Nuhr: âEUR?Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal Fresse halten.“ Ich beobachte jedoch mit Sorge, dass manche Politiker gerne Krisen heraufbeschwören, um politische Forderungen zu unterstreichen, sei es Finanz-, Wirtschafts- oder Bildungskrise. Die Fakten werden dadurch verschleiert. Die Gesellschaft steht jederzeit vor Problemen, die wir gemeinschaftlich lösen müssen. Das geht nur mit sachgerechter Politik und nicht mit Schwarzmalerei und Angstmache. Eine Krise ist kein âEURoeDingâEUR, das man irgendwie wegräumen könnte, sondern eine Summe von Faktoren, die sich nachteilig auf die Gesellschaft auswirken. Wir müssen diese Faktoren identifizieren und anpassen.

Kandidatenwatch: Untergrabung von Filtersystemen

Kandidatenwatch.de ist eine Plattform, die es den Wählern und allen Interessierten ermöglicht, vor der Wahl Fragen an die Kandidaten zu richten.

Als Listenkandidat der Piratenpartei bin auch ich dabei. Bitte nutzt die Gelegenheit, mir und den anderen Kandidaten der Piratenpartei Fragen zu stellen. Es schadet auch nichts den Internetausdruckern die ein oder andere kritische Frage zu Netzpolitik, Datenschutz und Bürgerrechten zu stellen.

Ich werde die mir gestellten Fragen und meine Antworten auch hier veröffentlichen. Die erste gibt es schon, es geht um die Untergrabung von Filtersystemen:

Ihr Parteiprogramm, Inhaltsfilterung:
„Initiativen âEUR“ politischer wie technischer Natur âEUR“ zur Untergrabung von Filtersystemen sind im Rahmen außenpolitischer Möglichkeiten zu unterstützen.“

Wie gedenken Sie vorgenannte Initiven zu unterstützen, respektive zuerst einmal zu initiieren?
Wo liegt Ihre Akzeptanzschwelle zu „Initiativen âEUR“ politischer wie technischer Natur“?

Der zitierte Abschnitt aus dem Parteiprogramm bezieht sich auf ausländische Filtersysteme, wie zum Beispiel in China. Es reicht nicht, dass Demokratien lediglich mit dem mahnenden Zeigefinger auf Staaten zeigen, die das Internet filtern und zensieren. Den Menschen die unter der Unterdrückung ihrer Meinungs- und Kommunikationsfreiheit leiden, muss aktiv geholfen werden. Ein freier Informationsaustausch mit Freunden und Bekannten anderer Staaten liegt auch im Interesse der europäischen Bevölkerung. Eine Behinderung dieser Kommunikation dürfen wir nicht akzeptieren. Auf keinen Fall dürfen europäische Unternehmen die Zensurbestrebungen totalitärer Staaten unterstützen!

Unser Parteiprogramm unterscheidet zwischen technischen und politischen Initiativen um die Kommunikationsfreiheit zu gewährleisten. Eine politische Initiative könnte zum Beispiel eine Aufklärungskampagne im Web sein, die den Betroffenen erklärt, wie sie die Filter umgehen können. Oft ist dies nämlich ganz einfach möglich und nach einer kurzen Erklärung auch für Laien durchführbar. Eine solche Initiative kann durch die EU zum einen finanziell unterstützt werden, für wichtiger halte ich aber sogar die ideelle Unterstützung. Denn die Chance ist hoch, dass die Kampagnen ebenso im Filter landen, wie andere unerwünschte Inhalte. Indem die EU eine solche Initiative offiziell unterstützt, erhöht sie den außenpolitischen Druck auf die filternden Staaten. Ich schätze die Hemmschwelle, eine offizielle EU-Seite zu sperren, als deutlich höher ein, als bei einer x-beliebigen Initiativenseite, insbesondere wenn die EU sich international und medienwirksam für diese Initiativen stark macht.

Als technische Initiative kann ich mir beispielsweise die Einrichtung von Proxy-Servern, alternativen DNS-Servern und VPN-Netzwerken oder die Entwicklung von Anonymisierungsdiensten im Rahmen eines Hochschulprojektes vorstellen. An der Universität Toronto zum Beispiel, wurde die Software „Psiphon“ speziell zur Umgehung von Zensur- und Filtersytemen entwickelt. Es ist wichtig, dass Maßnahmen zur Umgehung von Zensur stetig weiterentwickelt und verbessert werden. Auch diesbezüglich halte ich die finanzielle und ideelle Unterstützung durch die EU und ihre Mitgliedsstaaten für sehr wichtig.

Die Untergrabung von Filtersystemen darf in meinen Augen jedoch keinen Angriff auf die technische Infrastruktur von anderen Staaten bedeuten. Ich halte lediglich reine Umgehungsmaßnahmen für rechtmäßig und unterstützenswert.

Ich hoffe ich konnte Ihre Frage damit zu Ihrer Zufriedenheit beantworten. Zögern Sie nicht, bei Bedarf Rückfragen zu stellen.

Es geht um die Zukunft des Internets!

Hilf mit, Netzdiskriminierung und Internetsperren zu stoppen: Kontaktiere unsere EU-Abgeordneten!

Die Lobbyisten haben wieder zugeschlagen – abermals geht es um das „Telekom-Paket“, das eigentlich den Verbraucherschutz im Telekommunikationsbereich stärken soll: Schon letztes Jahr haben Lobbyisten der Musikindustrie versucht durch die Hintertür Internetsperren einzuschleusen (Stichwort „Three-Strikes-Out“).

In dem Verwirrspiel aus hunderten, sich gegenseitig referenzierenden Änderungsanträgen, haben selbst engagierte EU-Abgeordnete nicht mehr richtig durchgeblickt. Dank der Bürgerrechtsorganisation „La Quadrature du Net“ und dem Engagement zahlreicher Bürger, die dem Aufruf von netzpolitik.org folgten, sind die Probleme bei den Abgeordneten angekommen. Viele skandalöse Anträge wären sonst womöglich einfach abgenickt worden.

Jetzt kommt das Telekom-Paket in die zweite Lesung – und abermals gibt es massive Probleme: Die Telefongesellschaften versuchen die Netzneutralität aufzuweichen, um die Übertragung der Inhalte zu kontrollieren. Die Anbieter wollen filtern, steuern, regeln: Welche Anwendungen und Dienste sind wie schnell, wann, wo und für wen erreichbar? Das Internet würde sich zurückentwickeln zu einem zentralisierten Netzwerk, das von einigen Wenigen kontrolliert und gesteuert wird. Auch Internetsperren stehen dank der Hartnäckigkeit der Musikindustrie wieder auf der Agenda.

Wir brauchen erneut ein bürgerliches Gegengewicht gegen die Industrielobby! Netzpolitik.org stellt fest:

Da die meisten Abgeordneten von dem Thema wenig Ahnung haben, verlässt man sich bei den Empfehlungen auf die Experten aus den richtigen Ausschüssen. Hier müssen wir handeln und der Industrie-Lobby unsere gemeinsame Macht der Bürger entgegen setzen.

Es ist Zeit zu handeln: Kontaktiere die Abgeordneten und weise Sie auf die Probleme hin! Bei netzpolitik.org gibt es ein Musteranschreiben und eine Liste der Abgeordneten, die dringend kontaktiert werden müssen. Erst wenn deren Postfach überquillt, werden sie uns wahrnehmen. Dass es funktioniert, hat sich letztes Jahr gezeigt. Mache Druck auf die Abgeordneten! Die Wahlen stehen kurz bevor und es ist einfacher denn je, sich Gehör zu verschaffen.

Der Lissabon-Vertrag und die Demokratie

EuropaAm 11. und 12. Februar verhandelt das Bundesverfassungsgericht über den Vertrag von Lissabon. Verfassungsbeschwerde eingelegt, gegen dieses intransparente undemokratische Machwerk, hat Peter Gauweiler, Bundestagsabgeordneter der CSU [sic!]. Seine Begründung:

„Der Vertrag von Lissabon steht gegen das Demokratiegebot für alle deutsche Staatsgewalt, weil durch diesen Vertrag die Gesetzgebungskompetenz der deutschen Volksvertretung ausgehöhlt wird.“

Der Vertrag schränkt das Bundesverfassungsgericht und somit das Grundgesetz stark ein:

„Der Lissabon-Vertrag installiert ein System über den Kontinent, das mit den Prinzipien der Gewaltenteilung nicht vereinbar ist. Selbst ‚ausbrechende‘ Rechtsakte der EU-Exekutive gegen jedermann werden nach Inkrafttreten des Vertrages nicht mehr durch das Bundesverfassungsgericht überprüft werden können […] Daraus ergibt sich, dass das Grundgesetz und seine Grundrechte kein Maßstab mehr für die Überprüfung von EU-Recht sein werden.“

Nähere Begründungen stehen im Zeit-Online Blog „planet in progress“.

Ich lehne den Lissabon-Vertrag schon allein deshalb ab, weil er nicht basisdemokratisch abgestimmt wurde und er so komplex und unübersichtlich ist, dass man ihn selbst als gebildeter Bürger kaum versteht.

Eine EU-Verfassung, oder ein „Verfassungsvertrag“, muss meiner Meinung nach von den europäischen Bürgern in Volksabstimmungen beschlossen werden. Der Vertragstext muss schlank und verständlich sein und transparent erarbeitet werden. Hier geht es um die Grundwerte und -rechte unserer Gesellschaft. Da da darf kein elitärer Club im Geheimen dran „rumwurschteln“ und erst recht nicht ohne öffentliche Debatte drüber abstimmen.

Bild: Samuel Rönnqvist / flickr.com