Dringend: EU-Abgeordnete kontaktieren, PNR-Abkommen verhindern

Das EU-Parlament steht kurz davor, über den Massen-Transfer von Fluggastdaten an die USA abzustimmen. Wir müssen umgehend handeln, um die Vorratsdatenspeicherung unserer Reisedaten zu verhindern. Kontaktiert eure EU-Abgeordneten!

Das sogenannte EU-USA-PNR-Abkommen wird in Kürze abgestimmt werden. Sollte das Europäische Parlament dem zustimmen, werden umfassende Datenbestände der Fluggesellschaften zur vermeintlichen „Terrorismusbekämpfung“ an die Vereinigten Staaten übermittelt und für 15 Jahre(!) gespeichert. Wen die US-Regierung so alles als Terroristen und Schwerverbrecher betrachtet, dürfte spätestens seit dem Fall Bradley Manning bekannt sein.

Das PNR-Abkommen stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre aller Flugreisenden dar.

Was tun? Wir können das Abkommen noch verhindern, wenn wir die sozialdemokratische Fraktion im EU-Parlament überzeugen, dagegen zu stimmen. Denn sie Sozialdemokraten sind sich noch unschlüssig, wie sie abstimmen und das Abkommen steht dadurch auf der Kippe.

Wir müssen deshalb die SPD-Abgeordneten umgehend davon überzeugen, gegen das PNR-Abkommen zu stimmen!

Die Fraktion wird sich voraussichtlich noch diese Woche entscheiden – es ist also Eile geboten.

Eine Liste der Abgeordneten mitsamt Kontaktdaten wurde bereits von der Digitalen Gesellschaft vorbereitet. Bitte nimm dir einen kurzen Augenblick Zeit und schicke mindestens einem von ihnen eine persönliche E-Mail. Vorlagen für Mails gibt es hier auf deutsch und auch auf englisch.

Um nicht im SPAM-Filter zu landen, sollte deine Mail eine persönliche Anrede enthalten und du solltest einen individuellen Betreff wählen und die Mailvorlage nach Möglichkeit anpassen. Je mehr Zeit du dir persönlich nimmst, desto eher wird die Überzeugung gelingen. Wenn du nur wenig Zeit hast, ist eine Standardmail mit abgewandeltem Betreff aber besser als nichts.

Noch besser ist es, wenn du kurz anrufst und dem/der Abgeordneten sachlich erklärst, worum es geht. Argumentationshilfe gibt es ebenfalls auf flugggastdaten.digitalegesellschaft.de

Wir müssen unseren Abgeordneten klar machen, wie wichtig die Ablehnung des Abkommens ist. Je mehr potentielle Wähler sie kontaktieren, desto wirksamer ist die Aktion. Deshalb brauchen wir auch deine Hilfe! Gemeinsam haben wir eine realistische Chance dieses Abkommen noch zu verhindern.

Weitere Infos zum PNR-Abkommen gibt es auf nopnr.org. Dort gibt es auch eine genaue Analyse des Abkommens.

Das Wichtigste zusammengefasst:

  1. Wähle einen Abgeordneten aus dieser Liste aus
  2. Kopiere diese Mailvorlage in eine Mail an den Abgeordneten
  3. Wichtig: Den Abgeordneten persönlich anreden. Nicht an mehrere Abgeordnete auf einmal schreiben, das landet ungelesen im Müll!
  4. Einen individuellen Betreff wählen (Wenn wir alle den gleichen Betreff wählen, landet es ebenfalls im SPAM-Filter)
  5. Die Mailvorlage individuell anpassen, oder eine komplett eigene Mail schreiben. Eine persönliche Mail von dir, ist überzeugender als eine Massenmail, die zum x-ten Mal im Postfach auftaucht. Bleibe dabei immer sachlich.
  6. Die Schritte 1-6 mit dem nächsten Abgeordneten wiederholen 🙂
  7. Optional aber wirkungsvoll: Die Abgeordnenten zusätzlich anrufen

Auf Vorrat

Der BKA-Chef Jörg Ziercke ist ja dafür bekannt, dass er nicht nur eine Speicherung all unserer Kommunikationsdaten auf Vorrat fordert, sondern diese Forderung, quasi ebenfalls auf Vorrat, auch noch ständig wiederholt. So auch neulich mal wieder.

Ihren Vorrat an Unglaubwürdigkeit stocken derweil die selbsternannten „SPD-Netzpolitiker“ (das Wort müssen die irgendwo aufgeschnappt haben) auf, die fleißig die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung vorbereiten.

In Zeiten wie diesen ist es angebracht, ein paar Petitionen auf Vorrat zu unterzeichnen und hier und da mal demonstrieren zu gehen.

 

Der JMStV wurde gekippt! Nun droht der JMStV!

Ja gibt es denn noch Zeichen und Wunder? Wie gestern angekündigt wurde der neue JMStV heute im nordrhein-westfälischen Landtag tatsächlich gekippt! Späte Einsicht bei den etablierten Parteien? Wohl kaum. Vielmehr billiges politisches Geschacher.

Ich weiß nicht was die CDU da geritten hat, jedenfalls kündigten die schon vorgestern an, den JMStV abzulehnen. Dabei wurde er doch noch unter Rüttgers mit ausgearbeitet. Jedenfalls ist es der CDU damit gelungen, die SPD und die Grünen tierisch dumm dastehen zu lassen. Deren Minderheitsregierung reicht nämlich nicht aus, um den JMStV positiv abzustimmen.

Nun wäre es natürlich äußerst blamabel, wäre der JMStV entgegen der Für-Stimmen von SPD (selbsternannte Netzpartei) und Grünen (sind eigentlich gegen den JMStV) abgelehnt worden. Es wundert mich daher nicht, dass nun auch diese Parteien eingeknickt sind und der JMStV heute fraktionsübergreifend abgelehnt wurde.

Doch der Spaß geht jetzt erst richtig los: Der JMStV ist ja keine neue Erfindung – den gibt es bereits! Wir haben davon bisher lediglich kaum etwas mitbekommen, weil ein erhebliches Vollzugsdefizit zu verzeichnen ist. Die Regelungen des aktuellen JMStV sind so dermaßen weltfremd, dass bisher niemand ernsthaft auf die Idee kam, deren Umsetzung großflächig einzufordern. Lediglich in den Mediatheken von ARD und ZDF stößt man hin und wieder auf die lächerliche Sendezeitenregelung.

Ja, die gibt es bereits derzeit im JMStV und das wurde ja auch immer wieder als Argument der Befürworter eingebracht: „Sendezeiten gibts doch schon, warum beschwert ihr euch?“ Weil Sendezeiten Unfug sind – nach wie vor! Man hätte die Novellierung des JMStV z.B. nutzen können um diese Regelung raus zu werfen. Aber nein: es wurde weiterer Unfug hinzugefügt.

Unterdessen tobt es in der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei: Kurt Beck ist außer sich und droht nun mit staatlicher Regulierung von oben. Er will offenbar die bisherigen Regelungen des JMStV mit aller Gewalt durchsetzen. Dazu zählen auch Sperrverfügungen! Sperrverfügungen? Ja, Sperrverfügungen! Die KJM kann nach § 20 Abs. 4 JMStV in Verbindung mit § 59 Abs. 2 bis 4 des Rundfunkstaatsvertrags gegenüber Inhalts- und Diensteanbietern „Angebote untersagen und deren Sperrung anordnen“.

Bisher wurde meines Wissens noch kein Gebrauch von dieser Regelung gemacht, um Webseiten zu sperren, prinzipiell ist es jedoch möglich. Und da König Kurt nun offen damit droht, sollten wir ihm diese Waffe schnellstens aus der Hand nehmen.

Unbelehrbar – Unwählbar

Für mich sind die etablierten Parteien ja schon längst unwählbar. Aber es soll ja immer noch Leute geben, die sich an die Hoffnung klammern, zumindest bei den Grünen, der FDP, den Linken oder sogar der SPD noch etwas bewirken zu können.

Ich erwische mich immer wieder dabei, wie ich diese Leute vor mir selbst in Schutz nehme. „Deren Arbeit ist auch wichtig“, denk ich, „Sie ergänzen die Arbeit der Piratenpartei und die von Organisationen wie dem AK Vorrat, dem Foebud oder dem CCC, indem sie versuchen sinnvolle Netzpolitik in ihre Parteien einzubringen“.

Und ich kenne ja auch einige Leute aus diesen Parteien und ihren Jugendorganisationen. Da sind durchaus vernünftige Leute dabei. Nur: Das nützt am Ende alles nix. Es nützt alles nichts, wenn am Ende immer wieder die gleiche Scheiße dabei rauskommt.

Da ist eine ganze Partei gegen den JMStV, aber die Fraktion stimmt dafür. Auch die Linksfraktion in Berlin hat heute zugestimmt, obwohl sie eigentlich dagegen ist. Wie schizophren ist das? Dafür gibt es für mich keine Entschuldigung mehr.

Wann werden sich die Anhänger dieser Parteien ihrer Hilflosigkeit endlich bewusst? Ihr könnt soviel reden wie ihr wollt: Am Ende werden die Leute, auf die es ankommt stets gegen unsere Interessen handeln. Nicht weil sie es nicht besser wissen, sondern weil sie im eigenen Filz gefangen sind oder schlichtweg andere Interessen verfolgen.

Dieser Filz muss weg. Es muss richtig wehtun, damit sich was ändert. Und weh tut in der Politik nur der Verlust von Mitgliedern und Stimmen. Macht was draus.

SPD will Online-Durchsuchungen und Rasterfahndung in Rheinland-Pfalz

Die SPD in Rheinland-Pfalz, selbsternannte Netzpartei, richtet im Land weiter Schaden an. Während die Staatskanzlei beratungsresistent das Internet kaputt macht, wird gleichzeitig der Überwachungsstaat ausgebaut. Heute hat der Ministerrat die Novelle des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes beschlossen.

Netzpolitik.org hat das wesentliche bereits zusammengefasst:

Erlaubt werden sollen demnach heimliche Online-Durchsuchungen sowie die Überwachung von verschlüsselter Internet-Telefonie (Quellen-Telekommunikationsüberwachung). Beamte sollen zur Gefahrenabwehr außerdem Telefongespräche unterbrechen dürfen. Zur “Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person” sollen weiterhin Rasterfahndungen zugelassen werden. Öffentlichkeitsfahndungen sollen auch bei Gefahr für Dritte möglich sein und nicht mehr nur bei Gefahr für Personen, nach denen selbst gefahndet wird. Die bisher im POG enthaltene Ermächtigung zum automatisierten KFZ-Kennzeichenabgleich wird aufgehoben.

Was eine „Online-Durchsuchung“ eigentlich genau sein soll und wie sie technisch durchgeführt werden soll, ist meines Wissens immer noch nicht definiert. Zu dem Thema empfehle ich das Buch von Burkhard Schröder. Interessant ist, dass der Kennzeichenabgleich aufgehoben werden soll. Eine Begründung dafür konnte ich nicht entdecken. Soll mir recht sein, auch wenn es in Anbetracht der anderen Maßnahmen nicht beruhigt.

Auf ein Neues: Großdemo gegen Überwachung in Berlin!

Die weder geplante noch angekündigte Sommerpause dieses Blogs ist nun vorüber. Zwischenzeitlich habe ich die neueste WordPress Version installiert und dem Blog ein neues Design verpasst.

Zum Warmwerden eine schnelle Info zur nächsten großen Demo (über die ihr aber hoffentlich schon längst informiert seid): Es ist wieder soweit, auch dieses Jahr wird es eine Großdemo gegen den Überwachungswahn geben.

Die wichtigsten Daten in Kürze:

11.09.2010, 13 Uhr
Potsdamer Platz, Berlin
http://FreiheitStattAngst.de

Ja, die Vorratsdatenspeicherung wurde in Deutschland abgeschafft, aber es geht um weit mehr. Es geht um den sich nach wie vor ausbreitenden Wahn einiger Personen, unsere über Jahrhunderte unter Einsatz zahlreicher Menschenleben erkämpften demokratischen Rechte für ein vermeintliches Gefühl der Sicherheit opfern zu können, ja sogar zu müssen. Das muss stoppen! Jetzt! Sofort!

Der Druck der Zivilbevölkerung muss weiter anhalten – nein, er muss noch verstärkt werden. Die Regierungsbeteiligung der FDP macht es nicht besser. Diese Partei koaliert tatsächlich mit einem der größten Feinde der Freiheit und nennt diese Haltung liberal. Sie lässt zu, dass persönlichste Daten europäischer Bürger in die USA wandern und bezeichnet dies als einen Zugewinn an Datenschutz. Die FDP darf sich gerne zu der anderen Verräterpartei gesellen – wie hieß die nochmal? – SPD.

Zurück zum Thema: Am 11. September gehen wir auf die Straße. Du, ich und viele viele andere. Den Wahnsinn der Überwachungsfanatiker wird das nicht umkehren. Aber es wird weitere Bürger aufrütteln, es wird die Bewegung zusammenschweißen und gemeinsam werden wir die feuchten Überwachungsfantasien und die, die sie träumen, dahin zurückdrängen wo sie hingehören: Ins politische Abseits, wo sie keinen Schaden anrichten, sondern bestenfalls als Parolen einiger Spinner verhallen.

Nachbetrachtung der Demo am 06. Juni in Mainz

"Freiheit statt Angst" Mainz 06. Juni 2009Kurze Zusammenfassung für Eilige: Die Demo ist trotz des Regenwetters toll gelaufen. Rund 200 Menschen haben gemeinsam gegen den staatlichen Überwachungswahn, den Datenmissbrauch durch Unternehmen und die Zensurbestrebungen der Regierung demonstriert. Die Zusammenarbeit mit der Polizei lief von Anfang an hervorragend. Ein paar Probleme gabs mit der Tonanlage und dem LKW. Der Demonstrationszug konnte viele Passanten auf sich aufmerksam machen und ging auch an Infoständen der FDP, CDU und SPD vorbei. Insgesamt hätten die Demonstranten aber auch etwas lauter sein dürfen. Zeitlich hat die Koordination mit der Demo in Ingelheim gut funktioniert.

Zusammenarbeit mit der Polizei

Als Versammlungsleiter war ich für die Kommunikation mit der Polizei verantwortlich. Nach allem was ich bisher von Demos in anderen Städten gehört habe, war ich positiv überrascht. Am Morgen wurde ich von der Polizei angerufen und wir vereinbarten ein kurzes Treffen am Versammlungsort. Dort besprach ich bei einem Kaffee den Ablauf der Demonstration mit dem zuständigen Polizisten. Er brachte mir sogar noch eine Kopie der Anmeldebestätigung mit, die ich hinter die Windschutzscheibe legen konnte, um mit meinem Auto auf dem Bahnhofsplatz stehen bleiben zu können.

Während der Demonstration waren kaum Polizisten im Einsatz. Außer dem Wagen der voraus fuhr, bemerkte ich kaum etwas. Wir konnten die Demoroute wie geplant ablaufen, es gab keinerlei Probleme. Im Gegenteil, die Polizei war uns regelrecht wohlgesonnen und schien fast Mitleid mit uns zu haben, aufgrund des schlechten Wetters. Auch beim Schätzen der Teilnehmerzahl gab es keine Meinungsverschiedenheiten, von beiden Seiten wurden 200 Teilnehmer als realistisch betrachtet.

Versammlungsbeginn, Reden & Technik, Ausstattung vor Ort

Wir bauten zwei Infostände auf dem Bahnhofsplatz auf, einen vom AK Vorrat und einen von der Piratenpartei. Die anderen Unterstützerorganisationen hatten leider keinen. Der LKW mit der Tonanlage und weiterem Material kam etwas zu spät, aber wir lagen weiterhin gut im Zeitplan. Leider gab der auf den letzten Metern den Geist auf, sodass wir ihn an die richtige Position schieben mussten und wir ihn auch nicht während des Demo-Zuges nutzen konnten.

Die Anlage war nur bedingt brauchbar. Sie hatte zwischendurch immer wieder Aussetzer. Zeitweise mussten die Redner mit dem Megafon sprechen, welches aber ziemlich leistungsstark war. Ich hatte leider kaum Gelegenheit mir die Reden anzuhören, da ich ständig irgendwo verlangt wurde und mir sind auch leider keine Aufzeichnungen bekannt. Meine Rede gibt es als PDF.

Demonstrationszug & Aufmerksamkeit vor Ort

"Freiheit statt Angst" Mainz 06. Juni 2009Mit Pfeifen, Fahnen und Transparenten ausgestattet, setzte sich der Demonstrationszug pünktlich in Bewegung. Es mangelte aber offenbar an Flyern, zumindest habe ich kaum jemanden verteilen sehen. Zudem war die Demo mal wieder zu leise. Das ist ein bekannten Phänomen bei Anti-Überwachungsdemos. Ich will ja jetzt keine Vorurteile anheizen, aber vielleicht liegt das auch daran, das unverhältnismäßig viele Nerds der Bewegung angehören 😉 Allerdings habe ich auch unerwartet viele neue Gesichter gesehen. Wahrscheinlich war es für viele auch einfach nur ihre allererste Demo und es fehlt noch an Erfahrung und Mut den Mund auf zu machen. Traut euch Leute! Das nächste mal will ich mehr hören. So eine Pfeife ist auch ganz leicht zu bedienen, das reicht ja für den Anfang 😉

Immerhin waren zwei oder drei erfahrene Leute mit Megafon in der Menge und heizten die Stimmung an. Dann dauerte es nicht lange und die Menge stimmte mit ein in Sprüche wie „SPD und CDU, lasst das Grundgesetz in Ruh!“, „Nur die Diktatur braucht Zensur!“ oder das altbekannte und beliebte „Freiheit statt Angst!“.

Einige Male wurden wir dann richtig laut, insbesondere wenn viele Passanten da waren. Die wurden zusätzlich per Megafon aufgeklärt, warum wir demonstrieren und einige schlossen sich uns sogar spontan an. Besonders cool war, dass wir an Infoständen der CDU, SPD und FDP vorbeikamen. Die guckten teilweise sehr dumm aus der Wäsche. Immerhin die FDP hatte von uns eine Einladung bekommen die Demo zu unterstützen. Offenbar meinen sie es aber doch nicht so ernst mit ihrer Bürgerrechtspolitik. Man will es sich ja auch schließlich nicht mit der CDU verscherzen…

Etwas blöd war meiner Meinung nach, dass sich der Demonstrationszug so schnell fortbewegte. Idealerweise sollte so eine Demo möglichst langsam voran schreiten um viel Aufmerksamkeit zu erhalten. War aber andererseits auch verständlich bei dem Wetter. Zwar hatte der Regen zwischendurch immer wieder ausgesetzt und wir hatten noch halbwegs Glück gehabt, trotzdem waren die meisten aber sicher froh, als wir wieder am Bahnhof ankamen. Ich habe den Zug zwischendurch immer wieder ausgebremst und so kamen wir zeitlich fast perfekt im Plan wieder am Ausgangspunkt an.

Versammlungsende

Abschließend gab es sechs weitere Reden, danach spielten wir etwas Musik und ließen die Demo langsam ausklingen. Die Polizei verabschiedete sich schon vorher, nachdem wir die Teilnehmerzahl kommuniziert hatten. Wir bauten dann so langsam die Infostände ab und einige von uns fuhren weiter nach Ingelheim zur Demo gegen den Abschiebeknast.

Öffentlichkeitsarbeit & Nachwirkungen der Demo

Im Vorfeld haben wir leider kaum Werbung für die Demo gemacht. Die Planung verlief extrem kurzfristig und viel Arbeit bleib an einigen wenigen Personen hängen. Dadurch haben wir auch die Flyer viel zu spät in Druck gegeben und erst wenige Tage vorher verteilt. Trotzdem haben wir ein bisschen mediale Aufmerksamkeit erreichen können. Die Rhein-Zeitung führte ein Interview mit Florian Altherr, Sprecher der Ortsgruppe Mainz des AK Vorrat, welches auch in der gedruckte Ausgabe erschien. Die Deutsche Welle war mit einem Kamerateam vor Ort und interviewte Alvar Freude. Den daraus resultierenden Beitrag habe ich hier schon gebloggt.

Es ist auf jeden Fall super, das trotz der geringen Öffentlichkeitsarbeit und des verdammt schlechten Wetters so viele Menschen mit uns demonstriert haben. Das ist eine gute Basis um in den nächsten Jahren weitere, größere Demos gegen den Überwachungs- und Kontrollwahn in Rheinland-Pfalz durchzuführen. Ich bin sicher, dass wir beim nächsten Mal weit über 1.000 Leute mobilisieren können – bessere Vorbereitung und gutes Wetter vorausgesetzt. Der Anfang ist gemacht – weitere Taten werden folgen. Macht euch auf was gefasst, liebe Internetausdrucker!

Der Pirat Jörg Tauss

Ich habs ja gleich gewusst, als ich ihn kürzlich getroffen hab: Jörg Tauss ist Pirat. Seit heute auch offiziell. Auf der Demo in Berlin verkündete er offiziell seinen Austritt aus der SPD und den Eintritt in die Piratenpartei:

Auf dem Weg vom Willi-Brandt-Haus hierher war ich politisch heimatlos. Ich hab mich entschlossen dies zu ändern, ich trete jetzt der Piratenpartei bei!

Damit sitzt erstmals ein Pirat im Bundestag, sie SPD ist sichtlich begeistert. Hier ist ein Video seiner Rede auf dem Potsdamer Platz:

Und hier ist ein Interview zu seinem Parteiwechsel:

Der Pirat aus der SPD

Eigentlich wollte ich mich gestern in Karlsruhe nur mit einem interessierten Neupiraten treffen, doch plötzlich lief uns Jörg Tauss (SPD), Mitglied des Bundestags, über den Weg.

Erfreulicherweise hatte er kurz Zeit und setzte sich zu uns . Er schien sogar ganz froh mal ein paar Piraten persönlich kennen zu lernen. „Natürlich“ hatte er schon von uns gehört. Wir sprachen über die aktuelle Zensurdebatte, die diesbezügliche Petition, über Online-Durchsuchung und Vorratsdatenspeicherung.

Überschneidungen seiner Ansichten mit denen der Piratenpartei sind nicht von der Hand zu weisen. Seine Ämter in der SPD hatte er nach der KiPo-Affäre aufgegeben und auch für den Bundestag kandidiert er dieses Mal nicht. Trotzdem sei er „seiner SPD“ weiterhin treu . Wenn ich ihn richtig verstanden habe geht es ihm dabei auch darum, dass die kritischen Stimmen nicht ganz aus dieser Partei verschwinden. Kann ich irgendwie nachvollziehen, ich habe aber die Hoffnung bei der SPD schon aufgegeben…

Zu seiner KiPo-Affäre gestand er ein, in weiten Teilen „blauäugig“ gehandelt zu haben. Er gibt auch bekanntlich zu, dass er Kontakte in diese Kreise gehabt hat, jedoch um die Vorgehensweise der Szene zu verstehen. Er sei natürlich kein Pädophiler. Seine Familie und Freunde stehen zum Glück hinter ihm, und auch die Nachbarschaft tratsche trotz Hausdurchsuchung nicht und pflegt weiterhin guten Kontakt zu ihm.

Überrascht war ich, dass er damals der Vorratsdatenspeicherung zugestimmt hat. Das war mir nicht bewusst und hätte ich auch nicht gedacht. Er begründet es damit, dass er selbst an den Verhandlungen mit den politischen Gegnern beteiligt war und und in stundenlangen Diskussionen einen „Kompromiss“ auf 6 Monate ausgehandelt habe. Alles was weiter als die EU-Richtlinie gehe, kam für ihn nicht in Frage. „Nur über meine Leiche“, habe er damals gesagt. Wenn man aber nun nach solch langwierigen Verhandlungen den selbst ausgehandelten Kompromiss ablehne, würde man sich zum Narren machen, sagt Tauss.

In meinen Augen hätte man dann nie einen solch (faulen!) Kompromiss aushandeln dürfen. Einem Gesetzesvorhaben welches so offensichtlich unverhältnismäßig und grundrechtswidrig ist, darf man einfach nicht zustimmen und sei es 20x EU-Richtlinie. Offenbar lehnt er die VDS aber trotzdem ab und hofft auf einen Stopp durch das Bundesverfassungsgericht. Er hat ganz klar gegen das BKA-Gesetz gestimmt und auch das Zensurgesetz wird er ablehnen.

Mal gespannt, vielleicht tritt er doch noch irgendwann in die Piratenpartei ein. 🙂 Es war auf jeden Fall ein tolles Gespräch mit ihm und ich bin immer noch über dieses zufällige Treffen überrascht. Wie klein die Welt doch manchmal ist!

Irrtum der Woche: Online-Durchsuchung nur gegen Terroristen

Der Bundestrojaner

Es war das wohl meist geäußerte Argument bei der Diskussion um den „Bundestrojaner“: Eine heimliche Online-Durchsuchung würde ja nur gegen Terroristen eingesetzt. Es ginge schließlich darum, Anschläge zu verhindern und so Leben von unschuldigen Bürgern zu retten.

Dass dieses Argument nur der Beschwichtung dient, haben viele Kritiker schon von Anfang an befürchtet. Nun gesteht Wolfgang Bosbach (CDU) gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung ein, dass die Bundesregierung den Zugriff auf die Computer der Bürger auch zur Strafverfolgung erlauben möchte:

Ein Entwurf der Bundesjustizministerin zur Änderung der Strafprozessordnung liegt bereits vor. Bei gutem Willen aller Beteiligten lassen sich die neuen Vorschriften in den nächsten Wochen abschließend beraten und beschließen.

Der massive Grundrechsteingriff, den eine solche Maßnahme mitbringt, soll also nun auch im Nachhinein möglich sein – wenn die Tat schon passiert ist. Leben werden damit nicht mehr gerettet, und von Terroristen spricht plötzlich auch niemand mehr. Es geht um Strafverfolgung, und das ist höchst problematisch. Denn unter Verdacht geraten auch die, die unschuldig sind und nichts zu verbergen haben. Aber gegen einen heimlichen Eingriff kann sich niemand wehren.

Ich bezweilfe stark, dass die Pläne der Regierung den strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung tragen. Aber das ist ja nichts neues. Auch dass die SPD zunächst zurückrudert, ist keine neue Erscheinung, sondern gehört offenbar in das taktische Kalkül dieser Partei.

Foto: maha-online / flickr.com (Lizenz: cc-by-sa)