Dringend: EU-Abgeordnete kontaktieren, PNR-Abkommen verhindern

Das EU-Parlament steht kurz davor, über den Massen-Transfer von Fluggastdaten an die USA abzustimmen. Wir müssen umgehend handeln, um die Vorratsdatenspeicherung unserer Reisedaten zu verhindern. Kontaktiert eure EU-Abgeordneten!

Das sogenannte EU-USA-PNR-Abkommen wird in Kürze abgestimmt werden. Sollte das Europäische Parlament dem zustimmen, werden umfassende Datenbestände der Fluggesellschaften zur vermeintlichen „Terrorismusbekämpfung“ an die Vereinigten Staaten übermittelt und für 15 Jahre(!) gespeichert. Wen die US-Regierung so alles als Terroristen und Schwerverbrecher betrachtet, dürfte spätestens seit dem Fall Bradley Manning bekannt sein.

Das PNR-Abkommen stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre aller Flugreisenden dar.

Was tun? Wir können das Abkommen noch verhindern, wenn wir die sozialdemokratische Fraktion im EU-Parlament überzeugen, dagegen zu stimmen. Denn sie Sozialdemokraten sind sich noch unschlüssig, wie sie abstimmen und das Abkommen steht dadurch auf der Kippe.

Wir müssen deshalb die SPD-Abgeordneten umgehend davon überzeugen, gegen das PNR-Abkommen zu stimmen!

Die Fraktion wird sich voraussichtlich noch diese Woche entscheiden – es ist also Eile geboten.

Eine Liste der Abgeordneten mitsamt Kontaktdaten wurde bereits von der Digitalen Gesellschaft vorbereitet. Bitte nimm dir einen kurzen Augenblick Zeit und schicke mindestens einem von ihnen eine persönliche E-Mail. Vorlagen für Mails gibt es hier auf deutsch und auch auf englisch.

Um nicht im SPAM-Filter zu landen, sollte deine Mail eine persönliche Anrede enthalten und du solltest einen individuellen Betreff wählen und die Mailvorlage nach Möglichkeit anpassen. Je mehr Zeit du dir persönlich nimmst, desto eher wird die Überzeugung gelingen. Wenn du nur wenig Zeit hast, ist eine Standardmail mit abgewandeltem Betreff aber besser als nichts.

Noch besser ist es, wenn du kurz anrufst und dem/der Abgeordneten sachlich erklärst, worum es geht. Argumentationshilfe gibt es ebenfalls auf flugggastdaten.digitalegesellschaft.de

Wir müssen unseren Abgeordneten klar machen, wie wichtig die Ablehnung des Abkommens ist. Je mehr potentielle Wähler sie kontaktieren, desto wirksamer ist die Aktion. Deshalb brauchen wir auch deine Hilfe! Gemeinsam haben wir eine realistische Chance dieses Abkommen noch zu verhindern.

Weitere Infos zum PNR-Abkommen gibt es auf nopnr.org. Dort gibt es auch eine genaue Analyse des Abkommens.

Das Wichtigste zusammengefasst:

  1. Wähle einen Abgeordneten aus dieser Liste aus
  2. Kopiere diese Mailvorlage in eine Mail an den Abgeordneten
  3. Wichtig: Den Abgeordneten persönlich anreden. Nicht an mehrere Abgeordnete auf einmal schreiben, das landet ungelesen im Müll!
  4. Einen individuellen Betreff wählen (Wenn wir alle den gleichen Betreff wählen, landet es ebenfalls im SPAM-Filter)
  5. Die Mailvorlage individuell anpassen, oder eine komplett eigene Mail schreiben. Eine persönliche Mail von dir, ist überzeugender als eine Massenmail, die zum x-ten Mal im Postfach auftaucht. Bleibe dabei immer sachlich.
  6. Die Schritte 1-6 mit dem nächsten Abgeordneten wiederholen 🙂
  7. Optional aber wirkungsvoll: Die Abgeordnenten zusätzlich anrufen

Zensursula und die Terrorbefugnisse

Oje, es geht wieder heiß her in Sachen Überwachung und (Anti-)Terrorbefugnissen. Das Netzsperrengesetz aka „Zensursula“ soll nun gekippt werden. Quasi als „Dank“ dafür will die CDU/CSU aber unbedingt die Vorratsdatenspeicherung (VDS) vorantreiben und die Terrorgesetze verlängern.

Kleiner Rückblick: Als schwarz-gelb an die Regierung kam wurde über einen verfassungsrechtlich höchst fragwürdigen „Nichtanwendungserlass“ das Sperrgesetz für ein Jahr ausgesetzt. Die Frist ist nun abgelaufen und das Gesetz würde somit in Kraft treten. Nach dem 11. September 2001 hat die damalige rot-grüne Regierung zahlreiche sogenannte „Anti-Terror-Befugnisse“ verabschiedet, wie Fluggastdaten- und Kontenabfrage, Mobilfunkortung und weitere Befugnisse für BKA und Geheimdienste (Mit ein Grund, warum die Grünen für mich unwählbar sind). Diese Grundrechtseinschränkungen wurden 2007 bereits einmal für fünf Jahre verlängert. 2012 würde nun auch diese Frist ablaufen und die Union schreit abermals nach einer Verlängerung.

Die Vorratsdatenspeicherung wurde letztes Jahr vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Schmerzlich für die CDU, die nicht Müde wird die „dringende Notwendigkeit“ einer Neuauflage zu betonen, ohne je einen Nachweis zu erbringen. Ich werde derweil nicht Müde zu betonen, dass für jegliche Grundrechtseingriffe der Nachweis der Verhältnismäßigkeit, Erforderlichkeit und Geeignetheit erbracht werden muss.

Trotzdem pokert die Union jetzt: „Wenn wir schon das Sperrgesetz kippen, dann wollen wir wenigstens bei der Vorratsdatenspeicherung und den Anti-Terror-Gesetzen unsere Position durchsetzen“, heißt es sinngemäß. Das Grundgesetz darf jedoch keine Verhandlungsmasse sein! Keine faulen Kompromisse zu Lasten der Grundrechte! Der Fall des Sperrgesetzes ist ohnehin kein Verlust für die Union, die schließlich schon damals zugab, dass es ihr um Stimmungsmache im Wahlkampf ging. Mit der vermeintlichen Opferung des Sperrgesetzes versucht die Union nun echte Beute zu machen: VDS und Geheimdienstbefugnisse! Die Sperren gibts ggf. über den Umweg EU sogar noch oben drauf – hat ja bei der VDS damals auch funktioniert.

Dass die VDS nicht einmal bei der Aufklärung von Straftaten hilft, hat derweil selbst der wissenschaftliche Dienst des Bundestags erkannt. Auch die von Innenminister Friedrich gewünschte Umbenennung in Mindestspeicherfrist (Neusprech lässt grüßen!) wird daran nichts ändern.

Von Seite der EU-Kommission wird derweil erfreulicher Druck auf Deutschland ausgeübt: Die Datenschutzbeauftragten müssten endlich vollständig unabhängig werden, wie es das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vorsieht. Die Datenschutzbeauftragten stehen hier meist unter staatlicher Kontrolle, sind z.B. dem Innenministerium untergeordnet. Allein Schleswig-Holstein geht mit den unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz den richtigen Weg.

Netzsperren, Vorratsdatenspeicherung, Überwachungsbefugnisse, Datenschutz – Die nächsten Wochen und Monate werden wieder sehr spannend, um es positiv auszudrücken.

Aufruf zur Demo „Freiheit statt Angst“ am 6. Juni in Mainz

Die Ortsgruppe Mainz des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) ruft zusammen mit der Meta-Ortsgruppe Rhein-Main zur Demonstration gegen Überwachung und Totalprotokollierung am 6. Juni in Mainz auf:

Der Überwachungswahn greift um sich. Staat und Unternehmen registrieren, überwachen und kontrollieren uns immer vollständiger. Egal, was wir tun, mit wem wir sprechen oder telefonieren, wohin wir uns bewegen oder fahren, mit wem wir befreundet sind, wofür wir uns interessieren, in welchen Gruppen wir engagiert sind – der „große Bruder“ Staat und die „kleinen Brüder und Schwestern“ aus der Wirtschaft wissen es immer genauer.

Massenüberwachung gefährdet die Arbeit und das Engagement von Organisationen der Zivilgesellschaft. Menschen, die sich ständig beobachtet und überwacht fühlen, können sich nicht unbefangen und mutig für ihre Rechte und eine gerechte Gesellschaft einsetzen. Massenüberwachung untergräbt damit die Basis einer demokratischen und integrativen Gesellschaft.

Überwachung, Misstrauen und Angst verändern unsere Gesellschaft schrittweise in eine Gesellschaft unkritischer Verbraucher, die „nichts zu verbergen haben“ und dem Staat gegenüber – zur vermeintlichen Gewährleistung totaler Sicherheit – ihre Freiheitsrechte aufgeben.

Eine solche Gesellschaft wollen wir nicht!

Um gegen Sicherheitswahn und die ausufernde Überwachung zu protestieren, fordern wir auf, am 6. Juni in Mainz auf die Straße zu gehen. Wir wollen im Superwahljahr 2009 zeigen, dass wir eine Politik der Angst, der Kontrolle und Überwachung nicht tolerieren – nicht von dieser und nicht von der nächsten Regierung, nicht in der EU, nicht im Bundestag und auch nicht auf kommunaler Ebene! Wir rufen alle Menschen aus Mainz, Rheinland-Pfalz, dem Rhein-Main-Gebiet und überall anders dazu auf, sich unserem friedlichen Protest anzuschließen.

Der vollständige Aufruf und eine Liste der Forderungen finden sich unter http://mainz.freiheitstattangst.de.

Es werden weiterhin Unterstützer gesucht: Vereine, Parteien und alle Organisationen oder Privatpersonen, die die Demo unterstützen möchten, wenden sich bitte an demo-mainz(at)vorratsdatenspeicherung.de.

Das nächste Demo-Bündnistreffen findet am Sonntag, 17.5. um 18 Uhr im DGB-Haus in Mainz statt (Kaiserstraße 26, Hintereingang benutzen).

Genauer Zeitpunkt und die Route der Demo werden in Kürze unter http://mainz.freiheitstattangst.de bekannt gegeben. Ich werde auch hier im Blog noch mal darauf hinweisen.

Kandidatenwatch: Untergrabung von Filtersystemen

Kandidatenwatch.de ist eine Plattform, die es den Wählern und allen Interessierten ermöglicht, vor der Wahl Fragen an die Kandidaten zu richten.

Als Listenkandidat der Piratenpartei bin auch ich dabei. Bitte nutzt die Gelegenheit, mir und den anderen Kandidaten der Piratenpartei Fragen zu stellen. Es schadet auch nichts den Internetausdruckern die ein oder andere kritische Frage zu Netzpolitik, Datenschutz und Bürgerrechten zu stellen.

Ich werde die mir gestellten Fragen und meine Antworten auch hier veröffentlichen. Die erste gibt es schon, es geht um die Untergrabung von Filtersystemen:

Ihr Parteiprogramm, Inhaltsfilterung:
„Initiativen âEUR“ politischer wie technischer Natur âEUR“ zur Untergrabung von Filtersystemen sind im Rahmen außenpolitischer Möglichkeiten zu unterstützen.“

Wie gedenken Sie vorgenannte Initiven zu unterstützen, respektive zuerst einmal zu initiieren?
Wo liegt Ihre Akzeptanzschwelle zu „Initiativen âEUR“ politischer wie technischer Natur“?

Der zitierte Abschnitt aus dem Parteiprogramm bezieht sich auf ausländische Filtersysteme, wie zum Beispiel in China. Es reicht nicht, dass Demokratien lediglich mit dem mahnenden Zeigefinger auf Staaten zeigen, die das Internet filtern und zensieren. Den Menschen die unter der Unterdrückung ihrer Meinungs- und Kommunikationsfreiheit leiden, muss aktiv geholfen werden. Ein freier Informationsaustausch mit Freunden und Bekannten anderer Staaten liegt auch im Interesse der europäischen Bevölkerung. Eine Behinderung dieser Kommunikation dürfen wir nicht akzeptieren. Auf keinen Fall dürfen europäische Unternehmen die Zensurbestrebungen totalitärer Staaten unterstützen!

Unser Parteiprogramm unterscheidet zwischen technischen und politischen Initiativen um die Kommunikationsfreiheit zu gewährleisten. Eine politische Initiative könnte zum Beispiel eine Aufklärungskampagne im Web sein, die den Betroffenen erklärt, wie sie die Filter umgehen können. Oft ist dies nämlich ganz einfach möglich und nach einer kurzen Erklärung auch für Laien durchführbar. Eine solche Initiative kann durch die EU zum einen finanziell unterstützt werden, für wichtiger halte ich aber sogar die ideelle Unterstützung. Denn die Chance ist hoch, dass die Kampagnen ebenso im Filter landen, wie andere unerwünschte Inhalte. Indem die EU eine solche Initiative offiziell unterstützt, erhöht sie den außenpolitischen Druck auf die filternden Staaten. Ich schätze die Hemmschwelle, eine offizielle EU-Seite zu sperren, als deutlich höher ein, als bei einer x-beliebigen Initiativenseite, insbesondere wenn die EU sich international und medienwirksam für diese Initiativen stark macht.

Als technische Initiative kann ich mir beispielsweise die Einrichtung von Proxy-Servern, alternativen DNS-Servern und VPN-Netzwerken oder die Entwicklung von Anonymisierungsdiensten im Rahmen eines Hochschulprojektes vorstellen. An der Universität Toronto zum Beispiel, wurde die Software „Psiphon“ speziell zur Umgehung von Zensur- und Filtersytemen entwickelt. Es ist wichtig, dass Maßnahmen zur Umgehung von Zensur stetig weiterentwickelt und verbessert werden. Auch diesbezüglich halte ich die finanzielle und ideelle Unterstützung durch die EU und ihre Mitgliedsstaaten für sehr wichtig.

Die Untergrabung von Filtersystemen darf in meinen Augen jedoch keinen Angriff auf die technische Infrastruktur von anderen Staaten bedeuten. Ich halte lediglich reine Umgehungsmaßnahmen für rechtmäßig und unterstützenswert.

Ich hoffe ich konnte Ihre Frage damit zu Ihrer Zufriedenheit beantworten. Zögern Sie nicht, bei Bedarf Rückfragen zu stellen.

Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement

ACTA steht für Anti-Counterfeiting Trade Agreement, was frei übersetzt etwa „Handelsabkommen zur Bekämpfung von Fälschungen“ heißt. Das Abkommen wird seit mehreren Jahren geheim verhandelt, mit dem vorgeblichen Ziel, den Handel mit Produktfälschungen und urheberrechtlich geschützten Werken zu bekämpfen. Regierungen aus Ländern weltweit und Lobbyisten der Rechteinhaber sind an den Verhandlungen beteiligt. Außen vor bleiben Künster und Bürgerrechtsorganisatoren, sowie die Bürger selbst.

Sowohl in Europa als auch den USA wurde von Bürgerrechtsorganisationen mehrfach versucht, Informationen über ACTA ans Tageslicht zu bringen. Selbst unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetzt konnte eine Veröffentlichung des Vertragsentwurfs nicht erreicht werden. Angeblich sei durch eine Veröffentlichung die „nationale Sicherheit“ gefährdet, so erst kürzlich der neue Hoffnungsträger Obama.

Solche Behauptungen und die Geheimniskrämerei lassen die Gerüchteküche brodeln. Schlimme Vermutungen bestätigten sich, als 2008 bei Wikileaks Informationen über die möglichen Inhalte des Abkommes auftauchten. Mit dabei: Kriminalisierung von Tauschbörsennutzern, Durchsuchung von Notebooks, MP3-Playern und anderen Datenträgern durch den Zoll, Sperren von Websites durch die Provider, kurzum: massive Einschränkungen der Bürgerrechte.

Vor einigen Tagen gab die US-Regierung dem wachsenden Druck nach und veröffentlichte wenigstens eine sechsseitige Zusammenfassung des aktuellen Vertragsentwurfs. (PDF)

Das Papier gibt an, dass die Idee eines solchen Abkommens in 2006 von Japan und den USA initiiert wurde, um das vermeintliche „geistige Eigentum“ international durchzusetzen. Zunächst seien nur Kanada, die Europäische Kommission, Japan, die Schweiz und die USA beteiligt gewesen. Erst seit Juni 2008 diskutiere man das Abkommen auch mit Australien, den 27 EU-Staaten, Mexiko, Marokko, Neuseeland, Südkorea und Singapur. Weiterhin sei es allgemein üblich, dass Verhandlungen zwischen „souveränen Staaten“ in einem so frühen Stadium noch nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Verhandlungsteilnehmer scheinen zu vergessen, wer der Souverän ist.

Als Ziel von ACTA wird angegeben, internationale Standards einzuführen um „geistiges Eigentum“ durchzusetzen. Dabei setze man den Fokus angeblich auf kommerzielle Fälschungen und nicht auf die Handlungen von gewöhnlichen Bürgern. In Grund- und Bürgerrechte solle nicht eingegriffen werden.

Das Dokument fasse die Inhalte zusammen, die aktuell unter Diskussion ständen, weist aber gleichzeitig darauf hin, dass die Verhandlungen noch laufen und noch zusätzliche Punkte hinzukommen könnten, während andere wieder fallen gelassen werden. Insgesamt ist die Zusammenfassung aber extrem vage gehalten. Zur zivilrechtlichen Durchsetzung von Immaterialgüterrechten möchte man zum Beispiel Gerichten oder Behörden die Befugnisse geben „bestimmte Handlungen“ durchzuführen, wenn eine Verletzung „geistiger Eigentumsrechte“ nachgewiesen ist.

Auch die „Maßnahmen an Grenzen“ sind sehr vage gehalten. Beängstigend klingt die Möglichkeit eines Verbots, auch Waren, die nur zum persönlichen Gebrauch gedacht sind, über die Grenze zu führen. Die Entscheidungskompetenz, ob Güter Rechte verletzen oder nicht, soll wieder irgendeine „authority“ besitzen.

Brisant wird es im Abschnitt „Strafrechtliche Maßnahmen“. Hier soll geklärt werden, ab wann eine Rechtsverletzung strafrechtliche Bedeutung hat. Bislang sind zum Beispiel Urheberrechtsverletzungen in Deutschland lediglich Vergehen, aber kein Verbrechen. Dies könnte sich durch ACTA ändern.

Ein weiterer Abschnitt soll ich laut der Zusammenfassung komplett dem „Digitalen Umfeld“ widmen. Meiner Meinung nach ist das das spannendste und heikelste Thema. Die Zusammenfassung hält sich noch sehr bedeckt, der Abschnitt soll sich aber unter anderem mit der Rolle der Internetprovider befassen, Urheberrechtsverletzungen zu unterbinden! Es steht zu befürchten, dass durch ACTA mal wieder der Versuch gestartet wird, die Provider für die übertragenen Inhalte verantwortlich zu machen. Für den Abschnitt gibt es angeblich noch keinen Entwurf. Man sei vielmehr damit beschäftigt, Informationen über die unterschiedlichen nationalen Regelungen zu sammeln.

Ein komplettes Kapitel widmet sich der internationalen Zusammenarbeit, ein weiteres soll bestimmen, wie die von ACTA geschaffenen Regelungen durchgesetzt werden. Alles in allem ist die Zusammenfassung aber sehr vage und abstrakt. Die Formulierungen lassen viel Spielraum. Von einer Fokusierung auf internationale, kommerzielle Produktfälscher bishin zur Verfolgung von harmlosen Bagetelldelikten mitsamt Einschränkungen der Bürgerrechte ist meiner Ansicht nach alles möglich.

Letztendlich ist es entscheidend, wer an dem Vertrag mitwirkt und bestimmt, was letztendlich drin steht. Die Tatsache, dass das Abkommen weiterhin geheim und mit starken Lobbyeinfluss zwischen Regierungen verhandelt wird lässt wenig hoffen. Bereits am Telekom-Paket zeigt sich, wie gefährlich der Einfluss von Lobbyisten der Musik- und Filmindustrie für die bürgerlichen Freiheiten sein kann. Bei aller Spekulation um den möglichen Inhalt ist es meiner Meinung nach also zunächst am wichtigsten, dass die Öffentlichkeit nicht von den Verhandlungen ausgeschlossen wird und eine demokratische Debatte stattfinden kann.

Zwischenzeitlich ist übrigens ein Dokument bei Wikileaks erschienen. Das 48 Seiten starke PDF enthält mehrere ACTA-Entwürfe aus 2008, deren Struktur sich, soweit ich das überblicke, mit dem in der Zusammenfassung beschriebenen Aufbau deckt. Leider ist es ein gescanntes Dokument, dass sich somit nicht automatisch nach kritischen Schlüsselwörtern durchsuchen lässt. Wer etwas findet, darf dies gerne in den Kommentaren posten, ich kam noch nicht dazu mich näher damit zu befassen.

Disclaimer: Ich bin kein Jurist.

Es geht um die Zukunft des Internets!

Hilf mit, Netzdiskriminierung und Internetsperren zu stoppen: Kontaktiere unsere EU-Abgeordneten!

Die Lobbyisten haben wieder zugeschlagen – abermals geht es um das „Telekom-Paket“, das eigentlich den Verbraucherschutz im Telekommunikationsbereich stärken soll: Schon letztes Jahr haben Lobbyisten der Musikindustrie versucht durch die Hintertür Internetsperren einzuschleusen (Stichwort „Three-Strikes-Out“).

In dem Verwirrspiel aus hunderten, sich gegenseitig referenzierenden Änderungsanträgen, haben selbst engagierte EU-Abgeordnete nicht mehr richtig durchgeblickt. Dank der Bürgerrechtsorganisation „La Quadrature du Net“ und dem Engagement zahlreicher Bürger, die dem Aufruf von netzpolitik.org folgten, sind die Probleme bei den Abgeordneten angekommen. Viele skandalöse Anträge wären sonst womöglich einfach abgenickt worden.

Jetzt kommt das Telekom-Paket in die zweite Lesung – und abermals gibt es massive Probleme: Die Telefongesellschaften versuchen die Netzneutralität aufzuweichen, um die Übertragung der Inhalte zu kontrollieren. Die Anbieter wollen filtern, steuern, regeln: Welche Anwendungen und Dienste sind wie schnell, wann, wo und für wen erreichbar? Das Internet würde sich zurückentwickeln zu einem zentralisierten Netzwerk, das von einigen Wenigen kontrolliert und gesteuert wird. Auch Internetsperren stehen dank der Hartnäckigkeit der Musikindustrie wieder auf der Agenda.

Wir brauchen erneut ein bürgerliches Gegengewicht gegen die Industrielobby! Netzpolitik.org stellt fest:

Da die meisten Abgeordneten von dem Thema wenig Ahnung haben, verlässt man sich bei den Empfehlungen auf die Experten aus den richtigen Ausschüssen. Hier müssen wir handeln und der Industrie-Lobby unsere gemeinsame Macht der Bürger entgegen setzen.

Es ist Zeit zu handeln: Kontaktiere die Abgeordneten und weise Sie auf die Probleme hin! Bei netzpolitik.org gibt es ein Musteranschreiben und eine Liste der Abgeordneten, die dringend kontaktiert werden müssen. Erst wenn deren Postfach überquillt, werden sie uns wahrnehmen. Dass es funktioniert, hat sich letztes Jahr gezeigt. Mache Druck auf die Abgeordneten! Die Wahlen stehen kurz bevor und es ist einfacher denn je, sich Gehör zu verschaffen.

Der Lissabon-Vertrag und die Demokratie

EuropaAm 11. und 12. Februar verhandelt das Bundesverfassungsgericht über den Vertrag von Lissabon. Verfassungsbeschwerde eingelegt, gegen dieses intransparente undemokratische Machwerk, hat Peter Gauweiler, Bundestagsabgeordneter der CSU [sic!]. Seine Begründung:

„Der Vertrag von Lissabon steht gegen das Demokratiegebot für alle deutsche Staatsgewalt, weil durch diesen Vertrag die Gesetzgebungskompetenz der deutschen Volksvertretung ausgehöhlt wird.“

Der Vertrag schränkt das Bundesverfassungsgericht und somit das Grundgesetz stark ein:

„Der Lissabon-Vertrag installiert ein System über den Kontinent, das mit den Prinzipien der Gewaltenteilung nicht vereinbar ist. Selbst ‚ausbrechende‘ Rechtsakte der EU-Exekutive gegen jedermann werden nach Inkrafttreten des Vertrages nicht mehr durch das Bundesverfassungsgericht überprüft werden können […] Daraus ergibt sich, dass das Grundgesetz und seine Grundrechte kein Maßstab mehr für die Überprüfung von EU-Recht sein werden.“

Nähere Begründungen stehen im Zeit-Online Blog „planet in progress“.

Ich lehne den Lissabon-Vertrag schon allein deshalb ab, weil er nicht basisdemokratisch abgestimmt wurde und er so komplex und unübersichtlich ist, dass man ihn selbst als gebildeter Bürger kaum versteht.

Eine EU-Verfassung, oder ein „Verfassungsvertrag“, muss meiner Meinung nach von den europäischen Bürgern in Volksabstimmungen beschlossen werden. Der Vertragstext muss schlank und verständlich sein und transparent erarbeitet werden. Hier geht es um die Grundwerte und -rechte unserer Gesellschaft. Da da darf kein elitärer Club im Geheimen dran „rumwurschteln“ und erst recht nicht ohne öffentliche Debatte drüber abstimmen.

Bild: Samuel Rönnqvist / flickr.com