Irrtum der Woche: DNS-Sperren sind ein erster Schritt

Ich bin froh, dass sich zu dem gestern unterzeichneten Zensurvertrag immerhin auch einige Mainstream-Medien kritisch äußerten. Leider werden die Sperren von einigen Journalisten immer noch als „erster Schritt“ gefeiert- quasi als Ergänzung zur Strafverfolgung. Ein fataler Irrtum, denn die Sperren dienen nur als Alibimaßnahme. „Wir tun ja was“, heißt es dann und die Sache ist erledigt.

Woher ich diese Gewissheit nehme? Wenn Frau von der Leyen wirklich an der Bekämpfung von Kinderpornografie interessiert wäre, könnte sie schon jetzt wirksam handeln, anstatt ins Leere greifende Filter einzurichten. Das tut sie aber nicht! Wie einfach es ist, komplette Server mit Kinderpornografie vom Netz zu nehmen, hat die Kinderschutzorganisation Carechild eindrucksvoll bewiesen. Frau von der Leyen möchte die Server nur verstecken – nein, nicht mal das – sie bindet dem Internetnutzer eine Augenbinde um, die man problemlos abnehmen kann! Die Kinder werden weiter misshandelt.

Es ist mir unbegreiflich, wie angesichts effektiver Alternativen überhaupt noch über verfassungsrechtlich höchst kritische und zugleich unwirksame DNS-Sperren diskutiert werden kann. Das stinkt bis zum Himmel nach blinden Wahlkampf-Aktionismus zu Lasten der Kinder.

Zensursulablone

Ursula von der Leyen hat für ihre destruktive Filterpolitik mitterlweile den Spitzenamen „Zensursula“ anhängen. Netzpolitik.org hat dazu aufgerufen eine passende Visualisierung zu erstellen. Hier sind zwei Vorschläge von mir, angelehnt an die schon zum Kult gewordene „Schäublone“. Zensursula von den LaienZensursula

Das Abbild der Zensurministerin stammt aus dem Font „Parole“ von Dataloo (Lizenz cc-by-sa). Auf meine Abwandlungen habe ich keinerlei urheberrechtliche Ansprüche (cc-zero). Please copy, share, remix! Hier sind auch die SVQ-Quellen.

Update: Zur „Feier des Tages“ hab ich heute noch ein animiertes GIF zum Thema erstellt, natürlich ebenfalls cc-zero:

leyenhaft

Kein Scherz

All das ist so absurd, dass es locker als Aprilscherz durchginge. Leider ist es Realität.

Ich weiß echt nicht, wie ich das noch karikieren könnte. Daher gibt es von mir heute keinen Aprilscherz.

Für alle die trotzdem was zum Lachen haben möchten empfehle ich die Aprilscherze von heise, dem CCC und der Piratenpartei Niedersachsen. 🙂

Irrtum der Woche: Sperrung von Kinderporno-Seiten ist wirksam

Das Bundeskriminalamt, namentlich dessen Präsident Jörg Ziercke, postuliert, dass sich Kinderporno-Seiten wirksam sperren lassen. Das „Stoppschild“ wirke abschreckend:

Nach unseren Erkenntnissen sind vier von fünf Menschen, die im Internet auf Kinderpornos zugreifen, Gelegenheits-Konsumenten. Die lassen sich durch ein Stopp-Schild abschrecken und geben ihr Vorhaben auf

Wie hat man sich das nun vorzustellen? Ein „Gelegenheits-Konsument“ durchstöbert das Internet und stösst zufällig auf Kinderporn? Er nutzt die Gelegenheit um sich das anzuschauen, bekommt dann aber nur eine Stopp-Seite zu sehen? Er denkt sich „Pech gehabt“ und surft auf legalen Seiten weiter?

Interessantes Weltbild, dass der Herr Ziercke da zu haben scheint. Dabei ist Kinderpornografie laut einer wissenschaftlichen Analyse gar nicht offen über das World Wide Web erreichbar. Die Inhalte findet man nicht mal eben so, sondern nur mit einem hohen Grad an krimineller Energie. Der Aufwand, die Filterung zu umgehen ist im Vergleich dazu nahe Null. Ein kurzer Clip beim Law-Blog zeigt, wie sich eine Sperre in 27 Sekunden aushebeln lässt, indem man einfach einen anderen DNS-Server wählt. Das schaffen sogar Laien.

Selbst wenn es gelänge wenigstens „Gelegenheits-Konsumenten“ zu stoppen, wird das Ziel der Filter verfehlt: Angeblich ging es ja darum den KiPo-Produzenten die Finanzmittel trocken zu legen. Diejenigen, die etwas bezahlen, sind aber wohl kaum die „Gelegenheits-Konsumenten“, sondern eher hartgesottene Pädophile. Dass diese sich nicht von Sperren abschrecken lassen, räumt sogar Ziercke ein:

Daneben gibt es einen harten Kern versierter Nutzer, gegen den sich mit Sperren nichts ausrichten lässt.

Selbst Björn Sellström, Chef der Polizeiermittlungsgruppe gegen Kinderpornografie und Kindesmisshandlung in Stockholm gesteht die Wirkungslosigkeit ein, obwohl Schweden solche Sperren angeblich seit Jahren erfolgreich einsetzt:

Unsere Sperrmaßnahmen tragen leider nicht dazu bei, die Produktion von Webpornografie zu vermindern

Bei netzpoltik.org gibt es ein interessantes Video-Interview mit Prof. Michael Rotert, dem Vorstandsvorsitzenden des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft e.V. Er erklärt, warum Internetzensur nicht nur wirkunglos, sondern auch kontraproduktiv ist, und wie man es besser machen kann.

Es geht um die Zukunft des Internets!

Hilf mit, Netzdiskriminierung und Internetsperren zu stoppen: Kontaktiere unsere EU-Abgeordneten!

Die Lobbyisten haben wieder zugeschlagen – abermals geht es um das „Telekom-Paket“, das eigentlich den Verbraucherschutz im Telekommunikationsbereich stärken soll: Schon letztes Jahr haben Lobbyisten der Musikindustrie versucht durch die Hintertür Internetsperren einzuschleusen (Stichwort „Three-Strikes-Out“).

In dem Verwirrspiel aus hunderten, sich gegenseitig referenzierenden Änderungsanträgen, haben selbst engagierte EU-Abgeordnete nicht mehr richtig durchgeblickt. Dank der Bürgerrechtsorganisation „La Quadrature du Net“ und dem Engagement zahlreicher Bürger, die dem Aufruf von netzpolitik.org folgten, sind die Probleme bei den Abgeordneten angekommen. Viele skandalöse Anträge wären sonst womöglich einfach abgenickt worden.

Jetzt kommt das Telekom-Paket in die zweite Lesung – und abermals gibt es massive Probleme: Die Telefongesellschaften versuchen die Netzneutralität aufzuweichen, um die Übertragung der Inhalte zu kontrollieren. Die Anbieter wollen filtern, steuern, regeln: Welche Anwendungen und Dienste sind wie schnell, wann, wo und für wen erreichbar? Das Internet würde sich zurückentwickeln zu einem zentralisierten Netzwerk, das von einigen Wenigen kontrolliert und gesteuert wird. Auch Internetsperren stehen dank der Hartnäckigkeit der Musikindustrie wieder auf der Agenda.

Wir brauchen erneut ein bürgerliches Gegengewicht gegen die Industrielobby! Netzpolitik.org stellt fest:

Da die meisten Abgeordneten von dem Thema wenig Ahnung haben, verlässt man sich bei den Empfehlungen auf die Experten aus den richtigen Ausschüssen. Hier müssen wir handeln und der Industrie-Lobby unsere gemeinsame Macht der Bürger entgegen setzen.

Es ist Zeit zu handeln: Kontaktiere die Abgeordneten und weise Sie auf die Probleme hin! Bei netzpolitik.org gibt es ein Musteranschreiben und eine Liste der Abgeordneten, die dringend kontaktiert werden müssen. Erst wenn deren Postfach überquillt, werden sie uns wahrnehmen. Dass es funktioniert, hat sich letztes Jahr gezeigt. Mache Druck auf die Abgeordneten! Die Wahlen stehen kurz bevor und es ist einfacher denn je, sich Gehör zu verschaffen.

Irrtum der Woche: Es geht um den Schutz der Kinder

KinderterroristenDass Internet-Filter nicht dazu geeignet sind, Kinder vor Missbrauch zu schützen sollte mittlerweile jeder verstanden haben. Auch den Zugriff auf KiPo-Seiten kann man nicht zuverlässig unterbinden, ohne das Internet kaputt zu machen. Dass die CDU trotz allem darauf beharrt eine Zensur-Infrastruktur aufzubauen, ist ein erstes Indiz dafür, dass es der Union gar nicht um den Schutz der Kinder geht.

Diese Woche wurde es offiziell: Die Union möchte unsere Kinder nicht schützen, sondern sieht in ihnen potentielle Terroristen! Hans-Peter Uhl von der CSU bestätigte gegenüber der Berliner Zeitung, dass der Verfassungsschutz deutlich mehr Daten von Minderjährigen sammeln dürfen soll:

Damit solle eine bessere Überwachung terrorverdächtiger Minderjähriger erreicht werden

Nicht „Schutz von Kindern“, sondern „Schutz vor Kindern“ also.

Auch die SPD und die Linke sind da nicht besser: Die Rot-Rote Regierung in Berlin hat nämlich nun eine zentrale Schülerdatei beschlossen. Der Chaos Computer Club warnt und ruft zum Datenboykott auf:

Detaillierte personenbezogene Informationen über alle Kinder im schulpflichtigen Alter sollen erhoben, zentral verarbeitet und abfragbar gemacht werden âEUR“ natürlich mit umfangreichem Zugriff für Polizei und andere „Sicherheits“-Behörden. Die Datenskandale der letzten Monate haben deutlich gezeigt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sensible Informationen aus der Schülerdatei verlorengehen und von Kriminellen missbraucht werden. Der Chaos Computer Club (CCC) ruft daher alle Eltern zum Boykott der Erfassung ihrer Kinder auf, um sie vor Datenverbrechern zu schützen.

Ich empfehle dringend, diesen Boykott zu unterstützen.

Foto: HugoDeschamps / flickr.com (Lizenz: cc-by-sa)

Irrtümer der Woche

Ungeachtet dessen, dass ich jetzt mehr als eine Woche außer Gefecht war, wird im Netz natürlich fleißig weiter geirrt. Ich versuche mir gerade einen Überblick über die gröbsten Spinnereien zu verschaffen.

Die Bahn glaubte doch tatsächlich sie könne Dokumente mit Gewalt wieder aus dem Netz rausprügeln. Sie wurde letzte Woche eines besseren belehrt, als Markus Beckedahl nicht einfach klein bei gab und hohe Wellen in der Blogosphäre schlug. Ein Musterbeispiel für den Streisand-Effekt – hat mich sehr gefreut 🙂 Schade, dass ich nicht selbst dazu beitragen konnte.

Weniger lernwillig ist da Frau von der Leyen, die immer noch an Internetfiltern festhält. Dass auf mich keiner hört weiß ich ja, aber mittlerweile gibt es mehrere Gutachten die den Unsinn der geplanten Maßnahmen bescheinigen. Da sollte man doch mal hellhörig werden?!

Aber nein, nichtsdestotrotz wurde derweil ein Mustervertrag zwischen dem BKA und den Internet Service Providern ausgearbeitet (PDF), „um den Zugang zu kinderpornografischen Inhalten im Internet zu erschweren.“ Immerhin hat man erkannt, dass es hier bestenfalls ums Erschweren geht, aber niemals um eine Blockade. Besonders makaberes Detail: Man ist sich auch bewusst, dass Unbeteiligte beeinträchtigt werden können und nimmt dies in Kauf:

Dabei stellt der ISP sicher, dass eine mögliche Beeinträchtigung der Rechte unbeteiligter Dritter auf das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Minimum begrenzt wird.

Irrtum der Woche: Kinderpornografie ist „klar abgrenzbar“

Zensur

Beim Thema Internetzensur wird gerne und häufig geirrt, aber besonders aufgefallen ist mir diese Woche die Aussage von Familienministerin Ursula von der Leyen, Kinderpornografie sei als Problem „klar abgrenzbar“. Spiegel-Online berichtet:

Bedenken, ein solches System könnte auch als Zensurinstrument für andere Themen und Inhalte eingesetzt werden, wollte von der Leyen nicht gelten lassen: „Wir dürfen das Thema nicht verwässern.“ Kinderpornografie sei als Thema und Problem „klar abgrenzbar“.

Aha, und was ist mit der viel diskutierten „Scheinjugendpornografie“, bei der selbst bei Erwachsenen Darstellern Strafe droht, wenn sie „zu jung aussehen“ (Wer auch immer das bestimmen mag)? Und was ist mit fiktiven Darstellungen? In Australien zumindest können Darstellungen von den Simpsons als Kinderpornografie gelten. Oder Großbritannien: Hier wurde mal eben die komplette Wikipedia lahmgelegt, weil auf einem Album-Cover der Scorpions ein nacktes Mädchen abgebildet ist.

Man mag das alles für geschmacklos halten, aber darum geht es hier nicht. Es geht darum, dass die Ministerin behauptet, Kinderpornografie sei ein „klar abgrenzbares“ Thema. Das ist offensichtlich nicht der Fall, da es unterschiedliche subjektive Einstufungen gibt und oftmals nicht zwischen echter Kinderpornografie und geschmacklosen Darstellungen unterschieden wird.

Das wird insbesondere dadurch zum Problem, weil das BKA in Eigenregie die Filterlisten pflegen und ungeprüft an die Internetprovider weiterreichen soll. Hier ist der Willkür Tür und Tor geöffnet. Wer garantiert, dass nicht irgendetwas gesperrt wird, nur weil es einem BKA-Beamten nicht passt? Und welche Begehrlichkeiten weckt eine Zensurinfrastruktur noch, wenn sie erst einmal besteht? Von der Leyen gesteht ein:

Sie könne jedoch nicht ausschließen, was „künftige Bundesregierungen“ für „Wünsche und Pläne entwickeln“.

Das nimmt sie in ihrem blindem Kampf gegen Kinderpornografie scheinbar in Kauf. Leider vergisst sie auch, dass Filterlisten die Kinder nicht schützen, sondern letztendlich nur die Augen vor diesen Taten verschlossen werden.