Braunschweig bekommt offene Haushaltsdaten

So einfach kann es sein: Die Piratenfraktion Braunschweig hat bei der Verwaltung nachgefragt und nach konstruktiven Gesprächen die Haushaltsdaten in maschinenlesbarer Form ausgehändigt bekommen.

In einem offenen Piratenpad werden nun Ideen gesammelt, was man Schönes und Sinnvolles mit den Daten machen könnte. Die Rohdaten selbst sind offenbar noch nicht online, aber es gibt bereits eine Visualisierung mit OpenSpending.

Zusätzlich hat der Rat einstimmig(!) einen Antrag angenommen, der einen detaillierteren und maschinenlesbaren Haushalt für die kommenden Jahre verbindlich festschreibt.

Das lässt hoffen, dass das Thema Open Data in Braunschweig auch über Haushaltsdaten hinaus in Zukunft Anklang finden wird.

Piratenfraktion Berlin

Dass die Piraten gestern mit einem grandiosen Ergebnis von knapp 9% den Einzug ins Berliner Abgeordnetenhaus geschafft haben, hat ja sicher jeder mitbekommen.

Daher hier nur ein kurzer Hinweis auf das neue Blog der Berliner Piratenfraktion:

http://www.piratenfraktion-berlin.de/

Ich bin gespannt was unsere frisch gebackenen Abgeordnenten in Zukunft so berichten! Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall viel Erfolg und Durchhaltevermögen. Die Arbeit geht jetzt erst richtig los und die etablierten Parteien werden sich nicht so einfach von ihren „altbewährten“ Methoden abbringen lassen.

Piraten mit 2 Sitzen im Stadtrat Braunschweig

Bei der gestrigen Kommunalwahl in Niedersachsen, konnten die Piraten 2 Sitze im Stadtrat Braunschweig entern. Auch in vielen anderen Städten Niedersachsens wurden ein oder mehrere Sitze errungen. Ergebnisse zwischen 3 und 5% waren keine Seltenheit. Genaue Ergebnisse aus Braunschweig sind hier zu finden.

Definitiv drin im Stadtrat ist wohl Jens-Wolfhard Schicke-Uffmann und damit ein starker Verfechter von Open Data. Das lässt hoffen, dass sich in diese Richtung in Braunschweig zukünftig etwas bewegen lässt. Ich bin gespannt und bleibe da am Ball.

Über das zweite Piraten-Ratsmitglied herrschte gestern noch etwas Verwirrung. Zunächst hieß es, dass Björn Willenberg einen Sitz errungen hat, da er nach Jens die meisten Stimmen bekam. Entscheidend sind jedoch offenbar zunächst die Gesamtstimmen für die Partei im Wahlbereich, und da liegt der Bereich 12 vorne, was Claudia Jonda den Ratssitz verschafft.

Mit 2 Sitzen wird die Piratenpartei in Fraktionsstärke im Rat vertreten sein und erhält damit ein eigenes Büro. Womöglich das der FDP, denn diese verliert mit nur einem Abgeordneten ihren Fraktionsstatus.

Next stop Berlin.

Projekt INDECT gegen „abnormales Verhalten“

[Update: Auf die zunehmende Kritik zu INDECT reagiert der „Ethikrat“ laut Futurezone mit Geheimhaltungspolitik:

„Es wurde beschlossen, dass Themen, die sich negativ auf die Polizeiarbeit, die nationale und öffentliche Sicherheit, oder das Ansehen der Beteiligten auswirken könnten, nicht mehr zu veröffentlichen“, heißt es in dem Bericht. Auch Zusammenfassungen sollen nicht publiziert werden.“ Das „Ethics Board“ werde entscheiden, welche Projektdokumente in Zukunft „veröffentlicht werden dürfen“, heißt es auf Seite 10.

]

Weil das Thema INDECT extrem wichtig ist, aber total vernachlässigt wird, hier ein sehr schönes Interview der Flaschenpost mit dem neuen INDECT-Koordinator der Piratenpartei (von Gefion Thürmer):

Vorletzte Woche, am 19. August, wurde Roland Albert zum Koordinator für das Thema INDECT ernannt. Wir haben ihm dazu ein paar Fragen gestellt:

– Flaschenpost: Hallo Roland. Erst einmal vielen Dank, dass du dich dieses wichtigen Themas annimmst. Wie ist es zu der Beauftragung gekommen?

Das Projekt INDECT hat mit seinen grenzenlosen, negativen Auswirkungen von Anfang an meine Antipathie auf sich gezogen und ich hielt mich zu INDECT so gut es ging auf dem Laufenden. Als nun auf dem bayerischen Aktiventreffen in Ingolstadt angesprochen wurde, dass es eine Ausschreibung zum Koordinator für das Thema INDECT geben wird, habe ich lange darüber nachgedacht, ob ich hierfür kandidiere. Nach vielen Überlegungen sowie Gesprächen mit Sekor, Stephan Urbach und Ben habe ich mich entschlossen, mich für die Stelle als Koordinator zu bewerben und wurde schließlich in der vorletzten Woche vom Bundesvorstand, namentlich Andi Popp, beauftragt.

– Flaschenpost: Könntest du kurz erklären, was genau INDECT ist?

Roland Albert: Kurz ist schon aufgrund des Akronyms nicht machbar. INDECT, das ist die Abkürzung für das neue Überwachungsprogramm der Europäischen Union. Das Akronym steht für “Intelligent information system supporting observation, searching and detection for security of citizens in urban environment” (Intelligentes Informationssystem, das Überwachung, Suche und Entdeckung für die Sicherheit von Bürgern in einer städtischen Umgebung unterstützt). Hinter diesem Wortungetüm stehen knapp 15 Millionen Euro Forschungsgelder der EU, die genutzt werden, um mit Steuergeldern eine noch nie dagewesene Überwachsungsinfrastruktur zu schaffen. Im Endergebnis soll ein System stehen, dass “auffälliges Verhalten” aller Bürger vorhersehen und melden kann.

– Wie sieht diese Überwachungsinfrastruktur konkret aus?

Roland Albert: Das  Forschungsprojekt soll vor allem Wege finden, sämtliche Informationen aus dem Netz, aus Datenbanken und von Überwachungskameras intelligent zu verbinden. Damit entsteht ein automatischer Bevölkerungsscanner. INDECT will erforschen, wie sich im Netz mithilfe automatisierter Suchroutinen “Gewalt”, “Bedrohungen” und “anormales Verhalten” finden lassen. Wer beispielsweise bei YouTube ein “Drohvideo” geposted hat, soll mithilfe von Überwachungskameras vollautomatisch gesucht, via Suchmaschine identifiziert und mittels mobilen Geräten oder gar Schwärmen von fliegenden Drohnen verfolgt werden. Außerdem will man Suchmaschinen zur schnellen Identifizierung von Personen und Dokumenten entwickeln und Suchprogramme, die “ständig” und “automatisch” öffentliche Quellen wie Websites, Foren, Usenet-Gruppen, Fileserver, P2P-Netzwerke und “individuelle Computersysteme” durchsuchen.

– Flaschenpost: Was genau darf man sich unter “auffälligem Verhalten” vorstellen?

Roland Albert: “Auffällig” ist immer das, was von der Norm abweicht. Aber ist “auffällig” immer gleich negativ? Ich meine: NEIN. Wir Piraten stehen für die freie Entfaltung jedes einzelnen Individuums, gleich seinen Vorlieben, seinem Verhalten oder was eben auch immer. Es kann nicht sein, dass Menschen aufgrund ihres Individualismus von einem System in eine Gefahrenkategorie einsortiert werden und hierbei gleichzeitig eine Abkehr von der Unschuldsvermutung stattfindet. Dieser Situation in einer permanent überwachten Umwelt gilt mein entschiedenes Entgegentreten – wehret den Anfängen!

– Flaschenpost: Wenn auffälliges Verhalten ein Abweichen von der Norm ist: Wie wird diese “Norm” definiert?

Roland Albert: Die Norm ist das mehrheitliche Verhalten einer Gruppe, z. B. der Bevölkerung oder auch das gewünschte und vorgegebene Verhalten durch Institutionen wie Regierung, Kirche oder anderen Gemeinschaftsoberhäuptern. Hier steckt auch einer weiterer Gefahrenpunkt. Wer definiert was normal ist? Bin ich normal?

– Befindet sich INDECT noch in der Forschungsphase oder werden Teile davon bereits umgesetzt?

Roland Albert: INDECT ist ein Forschungsprojekt, das auf fünf Jahre – bis 2013 – ausgelegt ist. Teile des Programms, beispielsweise die Koordinierung von Drohnen, werden bereits getestet, auch in Deutschland. Einen größeren Feldversuch wird es 2012 zur Fußball EM in Polen / der Ukraine geben. Hier sollen Einsätze unter reellen Bedingungen stattfinden.

– Flaschenpost: Ist bekannt, was genau dort getestet werden soll?

Roland Albert: Meines Wissens nicht. Zum einen sind hier nicht alle Informationen bekannt, zum anderen ist noch Zeit für entsprechende Forschungsarbeit bis zu diesem angekündigten Feldversuch in Polen und der Ukraine. Auch gilt es hier meinerseits, noch tiefer zu recherchieren und alle Informationen aufzubereiten.

– Flaschenpost: Hast du schon ein Konzept, wie du gegen INDECT vorgehen möchtest?

Roland Albert: Ich denke, dass an vielen Ecken angepackt werden muss. Zum einen gilt es, das Thema INDECT bei den PIRATEN selbst bekannter zu machen und hierfür zu sensibilisieren. Um das zu erreichen, sind die ersten Schritte eine Website / Blog mit allen relevanten und aktuellen News sowie Material zum Thema zu erstellen (Flyer, Streumittel, Web-Banner). Auch ist hierfür internationale Zusammenarbeit sehr wichtig, hier unterstützt mich Ralph Hinterleitner sehr stark, vielen Dank, Ralph, an dieser Stelle.

Zum anderen gilt es, die Bevölkerung zu INDECT zu informieren und entsprechende Risiken aufzuzeigen. Hierfür ist eine gute Pressearbeit, diverse Aktionen sowie Bündnisarbeit mit NGOs zu INDECT sehr wichtig.

Unbedingt erwähnen möchte ich, dass die Arbeit zu INDECT nicht alleinig von mir geleistet wird. Die AG INDECT hat vielfältige Talente die in den verschiedensten Bereichen supporten und ohne die unsere geplanten und teilweise schon umgesetzten Punkte so nicht möglich wären!

– Flaschenpost: Was kann man jetzt schon gegen INDECT tun? Gibt es schon die Möglichkeit zu spenden oder eine laufende Petition dagegen, die man mitzeichnen kann?

Roland Albert: Das sind Dinge, die noch angestoßen werden müssen. Ein Spendenaufruf ist gerade erfolgt. Spenden benötigen wir für Werbemittel sowie verschiedene Aktionen, mit denen wir das Thema publik machen werden. Jeder interessierte Pirat ist herzlich eingeladen, sich in der AG INDECT zu engagieren und es gemeinsam mit uns nicht zu diesem Werkzeug eines neuen Überwachungsstaates kommen zu lassen! Wer helfen möchte kann sich gerne an mich wenden!

m: +49 160 90300153

e: roland.albert@piraten-fuerth.de

t: twitter.com/stopINDECT

t: twitter.com/GrumblingGeek

s: r.b.albert

j: grumblinggeek@jabber.piratenpartei.de

– Flaschenpost: Vielen Dank, Roland, für deine Zeit und deine Antworten. Wir wünschen dir für deine Arbeit als Koordinator viel Erfolg und hoffen, dass wir gemeinsam dieses Projekt werden stoppen können!

Tätigkeitsbericht 2009/2010

Meine aktuelle Amtsperiode als Vorstandsvorsitzender der Piratenpartei Rheinland-Pfalz endet am Sonntag. Meinen Tätigkeitsbericht habe ich heute fertig gestellt und veröffentlicht. Er steht im Piratenwiki zum Download (PDF) bereit.

Schwerpunkte meiner Arbeit waren im „Superwahljahr 2009“ natürlich der Wahlkampf und die damit verbundenen Interviews, Infostände und Wähleranfragen, aber auch der daraus resultierende Mitgliederansturm, der eine Neustrukturierung des Landesverbands nötig machte.

Beim Landesparteitag am Sonntag werde ich nach zwei Amtsperioden übrigens nicht mehr für das Amt des Vorsitzenden kandidieren. Dies liegt zum einen daran, dass ich mich verstärkt anderen Aufgaben innerhalb der Partei widmen will. Insbesondere will ich die Partei inhaltlich weiter voran bringen, was vor der Landtagswahl 2011 stärker nötig ist denn je. Zum anderen geht mein Studium in die Endphase und benötigt mehr Aufmerksamkeit, weshalb ich vermutlich dem Amt des Vorsitzenden nicht mehr in dem Maße gerecht werden könnte, wie ich es für nötig erachte. Ich bin jedoch sicher, dass sich unter den zahlreichen neuen Mitgliedern oder den „alten Hasen“ ein geeigneter Nachfolger finden wird.

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Wir sind die Guten, oder?

Meine persönlichen Ziele für die weitere Entwicklung der Piratenpartei – Teil IV: Werte

Die Piratenpartei steht für Basisdemokratie, für Transparenz, Meinungsfreiheit, Toleranz. Das ist leicht gesagt, doch deckt es sich mit der Wirklichkeit? Gerade im Wahlkampf musste ich allzu oft bemerken, dass es einige Defizite gibt. Den Wunsch nach Meinungshoheit, statt Meinungsfreiheit, warfen einige Kritiker der Piratenpartei vor. Die heftige, unsachliche Reaktion auf solche Kritiker verstärkte diesen Eindruck noch.

Ich kann nur hoffen, dass sich die Gemüter nach dem stressigen Wahlkampf nun wieder beruhigt haben. Vielleicht waren es auch nur „Sympathisanten“, die im Netz lautstark gegen jede anderslautende Meinung wetterten. Diese sollten sich dann aber bewusst sein, dass sie mit einer solchen Haltung der Partei schaden, aber sicher nicht nützen.

Die Glaubwürdigkeit, das Rückgrat und das individuelle politische Profil machen die Piratenpartei einzigartig und grenzen sie vom Einheitsbrei der etablierten Parteien ab. Es wäre leichtsinnig unsere Werte für einen schnellen, kurzfristigen Erfolg aufs Spiel zu setzen. Wir müssen uns auf unsere Werte zurück besinnen. Warum sind wir Piraten? Was ist uns wirklich wichtig? Was bewegt uns politisch aktiv zu sein?

Die Antworten auf diese Fragen sind der Quell unserer Motivation und unseres Durchhaltevermögens und der Grund, warum die Piratenpartei nicht einfach so wieder in der Versenkung verschwinden wird. Wir werden das was uns wichtig ist standhaft vertreten. Ein Pirat hat es nicht nötig seine Kritiker zu diffamieren. Piraten wissen das. Und wenn wir es schaffen, dass auch der Rest der Welt das versteht, können uns Trolle, die unter der Flagge der Piratenpartei randalieren, nichts mehr anhaben. Denn jeder wird sofort erkennen: Das sind keine echten Piraten.

Wir müssen lernen, dass wir es nie allen Recht machen können. Unser Ziel, darf es auch gar nicht sein, alle zu überzeugen. Wir haben gute Ideen und gute Lösungen, aber wir sind nicht „die Guten“. Der Versuch, es allen Recht zu machen, ist zum Scheitern verurteilt – er bewirkt nur, dass wir unser Profil und unser Rückgrat verlieren. Unsachliche Kritik, braucht uns nicht aus der Ruhe zu bringen, denn wir haben sachliche Argumente. Für jeden sachlichen Kritiker können wir froh sein, denn er stärkt uns durch sein Feedback. Demokratie lebt von Meinungsvielfalt und einem vielfältigen politischen Diskurs. Als Piratenpartei leisten wir unseren Beitrag dazu.

Konzepte für die Informationsgesellschaft

Meine persönlichen Ziele für die weitere Entwicklung der Piratenpartei – Teil III: Inhaltliche Entwicklung

Fast 900.000 Wähler haben uns ihr Vertrauen ausgesprochen. Wir sind ihnen etwas schuldig! Das Programm der Piratenpartei bietet ein enormes Potential für eine offene, demokratische Informationsgesellschaft. Potential ist jedoch noch kein Konzept und erst recht noch keine Lösung. Wir sind es den Wählern schuldig, dass nun Taten folgen. Denn bisher haben wir ihnen nur versprochen, eine offenere, freiere und demokratischere Gesellschaft zu fördern. Das Wie ist zu großen Teilen noch offen. Viele Ideen sind bereits vorhanden, aber der Schritt diese in tragfähige Konzepte zu gießen und in unser Parteiprogramm einzupflegen, fehlt noch. Wir haben die Expertise dazu, allein es fehlen Taten.

Unser aktuelles Programm ist ein Zwischenstand und eine thematische Basis aus der sich umfassende Konzepte für die Informationsgesellschaft ableiten lassen. In den vorhandenen Punkten müssen wir konkreter werden, Maßnahmen erarbeiten, wie zum Beispiel der Datenschutz verbessert und das informationelle Selbstbestimmungsrecht in der Praxis wirksam umgesetzt werden kann. Wir brauchen Lösungen für ein Urheberrecht, das dem globalen, sekundenschnellen Datenaustausch ohne Qualitätsverlust gerecht wird und einen fairen Ausgleich zwischen Nutzern und Kreativen schafft. Wir müssen darlegen, wie ein modernes Informationsfreiheitsgesetz auszusehen hat und welche Daten und Informationen der Staat seinen Bürgern in welcher Form zur Verfügung stellen soll. Bei unseren restlichen Themen gibt es ähnliche Lücken, die wir dringend schließen müssen.

Gleichzeitig ist unser Programm eine ausgezeichnete Basis für Themenerweiterungen. Vieles lässt sich aus unseren Kernthemen ableiten. Denn wir sind schon jetzt keine Einthemenpartei: Unser Parteiprogramm deckt implizit viele Themen und Probleme ab, die sich durch den Wandel in eine Informations- und Kommunikationsgesellschaft ergeben. Diese Themen müssen herausgearbeitet und aus den bestehenden Punkten abgeleitet werden.

Die Piratenpartei ist nicht einfach nur eine Datenschutzpartei. Auch keine Filesharer-Partei. Uns geht es auch nicht einfach so um ein freies Internet. Die Piratenpartei setzt sich ein, für eine freie, demokratische Informationsgesellschaft und befasst sich daher mit allem, was für eine solche Gesellschaft wichtig ist. Dies muss aus unserem Programm stärker hervorgehen und mit fundierten Konzepten verdeutlicht werden.

Die öffentliche Präsenz der Piratenpartei

Meine persönlichen Ziele für die weitere Entwicklung der Piratenpartei – Teil II: Öffentliche Präsenz

Das Superwahljahr 2009 bescherte der Piratenpartei eine enorme Medienpräsenz. Das Interesse der Medien und der Öffentlichkeit wird nun zwangsläufig nachlassen. Um nicht in der Versenkung zu verschwinden müssen wir kräftig gegensteuern.

Das Interesse der Medien wurde meiner Meinung nach künstlich verstärkt, weil die Piratenpartei als eine Art Kuriosum aufgefasst wurde. Den Medienrummel haben wir weder unserer fachlichen Kompetenz noch unserer Pressearbeit zu verdanken. Zumindest nicht in erster Linie. Um zukünftig Erfolg zu haben, müssen wir unsere Pressearbeit professionalisieren. Ein erster wichtiger Schritt auf Landesebene war es, einen eigenständigen Pressesprecher außerhalb des Vorstands einzusetzen. Der nächste Schritt muss sein, einen professionellen Presseverteiler zu aufzubauen und zu pflegen, sowie die vorhanden persönlichen Pressekontakte auszubauen. Ich betrachte eine kontinuierliche, sachliche Berichterstattung als Ziel, fernab von Hype und Klischees.

Tue Gutes und sprich darüber – eine alte Weisheit die uns sicher auch bei der Parteiarbeit zugute kommen kann. Um Unterschriften zu sammeln und auch offline zu zeigen, dass es uns gibt, waren Infostände ein pragmatisches Mittel. Doch werden solche Stände meiner Meinung nach einer modernen, interaktiven Partei nicht gerecht. Wir haben mehr zu bieten. Einen ersten Schritt in die richtige Richtung ging die Regionalgruppe Bingen mit einem Bürgerabend. Der direkte Kontakt zum Bürger ist für uns nicht nur eine Floskel, sondern Handlungsmaxime. Wir wollen die offene Diskussion mit den Bürgern und sie wieder an die Politik heranführen, ihnen zeigen was wir gemeinsam erreichen können. Bürgerabende sind ein ideales Mittel um die Menschen mit unseren Themen vertraut zu machen und gleichzeitig deren Ideen und Anregungen in unsere Politik einzubringen. Auf der Straße müssen wir unsere Infostände durch medienwirksame und aufrüttelnde Aktionen bereichern, die auf unsere Ziele aufmerksam machen und die Menschen über Datenschutz und Bürgerrechte, aber auch Transparenz im Staat und unsere anderen Themen aufklären.

Die Piratenpartei muss mittelfristig ein natürlicher Teil des politischen Diskurses werden. Andere Parteien, darunter selbst die CDU, beginnen mittlerweile uns ernst zu nehmen. Die Ziele der Piratenpartei dürfen nicht mehr unter den Tisch fallen, wir müssen sie einbringen und darauf aufmerksam machen wo wir nur können. Wir müssen Schwachstellen in der Politik der etablierten Parteien aufdecken und öffentlich anprangern und dürfen nicht zulassen, dass die Aushöhlung des Grundgesetzes künftig „Bürgerrechtspolitik“ genannt wird. Die Piratenpartei muss sich als glaubwürdige und fachkundige Partei in Sachen Bürgerrechte und Informationszeitalter etablieren. Dazu bedarf es einer umfassenden inhaltlichen Entwicklung, auf die ich im nächsten Teil eingehe.

Offenheit und Transparenz bewahren – Richtlinien schaffen

Meine persönlichen Ziele für die weitere Entwicklung der Piratenpartei – Teil I: Innerparteiliche Strukturen

Mehr als ein Jahr ist mittlerweile seit der Gründung des Landesverbands Rheinland-Pfalz vergangen und seitdem hat sich einiges geändert. Wir haben unsere erste Bundestagswahl hinter uns und ein nicht enden wollender Zustrom an Neumitgliedern erfasst uns. Dies erfordert eine Neuausrichtung und Selbstfindung der Piratenpartei und auch des Landesverbands Rheinland-Pfalz. Unseren Wählern sind wir konkrete Antworten und Konzepte zu unserer Vorstellung einer demokratischen Informationsgesellschaft schuldig. Innerparteilich müssen wir uns so strukturieren, dass trotz des starken Wachstums Basisdemokratie und Transparenz erhalten bleiben bzw. noch verbessert werden. Zudem stehen wir vor der Herausforderung in den kommenden Monaten die Piratenpartei für Medien, Bürger und Mitglieder weiterhin interessant zu halten.

Da meine Ziele doch etwas umfangreicher werden, als zunächst gedacht, habe ich mich entschieden, sie an dieser Stelle in vier Teilen nach und nach zu veröffentlichen:

Teil I: Innerparteiliche Strukturen
Teil II: Öffentliche Präsenz
Teil III: Inhaltliche Entwicklung
Teil IV: Werte

Innerparteiliche Strukturen

Eine der wichtigsten Herausforderungen in den kommenden Monaten wird sein, unsere Strukturen zu festigen. Vieles was noch vor der Europawahl problemlos funktionierte wird zunehmend zu einem Ding der Unmöglichkeit. Unser hohes Mitgliederwachstum ist ein Segen, aber auch eine große Gefahr für die Partei, wenn wir darauf falsch reagieren.

Die Piratenpartei ist seit jeher eine Partei, die offen ist, das heißt, in die man seine Ideen leicht einbringen kann und in der man sogar ohne Mitgliedschaft aktiv mitarbeiten kann. Das was die Piratenpartei ausmacht, entsteht in der Basis, wird von einfachen Mitgliedern und Sympathisanten erarbeitet und in das politische Tagesgeschehen eingebracht. Dies ist ein Alleinstellungsmerkmal der Piratenpartei und nicht unwesentlich für unseren Erfolg verantwortlich. Wir müssen diese Offenheit bewahren, um uns vor Verkrustung wie bei den etablierten Parteien zu schützen.

Dies bedeutet auch, dass wir eine Lösung finden müssen, wie wir unserem basisdemokratischen Anspruch bei weiterem Wachstum gerecht werden können. Ein herkömmlicher Bundesparteitag wird bald nicht mehr durchführbar sein. Andere Parteien behelfen sich mit Delegiertenkonferenzen und führen so eine hierarchische Trennung zwischen Parteibasis und Entscheidern ein. Dies genügt meiner Meinung nach nicht dem Anspruch der Piratenpartei und hierfür müssen wir basisdemokratische Lösungen finden.

Gleichzeitig müssen wir aber auch Richtlinien formulieren und klare Regeln aufstellen. Viele Neumitglieder fühlen sich hilflos, da sie nicht wissen wo sie anfangen sollen, wie sie sich einbringen können oder wie sie eine bestimmte Sache erreichen können. Fragen nach Abläufen und Richtlinien erreichen mich täglich. Die Antwort ist so simpel wie unbefriedigend: Es gibt in den meisten Fällen weder Richtlinien noch klar definierte Abläufe, oder zumindest sind diese nicht dokumentiert. Oder sie sind dokumentiert, aber in den unendlichen Weiten des Wikis nicht auffindbar. Unser Ziel muss es sein, klare Richtlinien aufzustellen, Abläufe nachvollziehbar zu dokumentieren und die Einstiegshürden für Neumitglieder zu senken. Dabei muss unser Grundsatz der innerparteilichen Transparenz stets im Mittelpunkt stehen.

Ein weiterer organisatorischer Schritt ist die Gründung von Untergliederungen. Ich erachte für Rheinland-Pfalz die Gründung von Kreisverbänden als sinnvoll. In einigen Landkreisen sind bereits Vorbereitungen im Gange. Durch Untergliederungen kann der Landesvorstand entlastet werden und die Piraten vor Ort können selbständiger agieren.

Der Boden der Tatsachen

Ist er das nun, der viel beschworene „Boden der Tatsachen“ auf den die Piraten nach der Bundestagswahl zurückgeholt würden? In diesem Fall kann ich sehr gut damit leben, denn er ist mit fast 900.000 Stimmen sehr weich gepolstert. Zugegeben: 3% aufwärts wären klasse gewesen – aber wo wir gerade von Tatsachen sprechen: Tatsache ist, dass wir die rund 230.000 Stimmen in den nicht einmal vier Monaten seit der Europawahl beinahe vervierfachen konnten. Tatsache ist auch, dass dies das beste Ergebnis ist, das die Piratenpartei je eingefahren hat und dass wir nun nicht nur laut Mitgliederzahlen, sondern auch Stimmanteilen die stärkste Partei nach den Grünen sind. Um es kurz zu sagen: Die Wahl war ein toller Erfolg!

Doch dürfen wir daraus nicht leichtsinnig die falschen Schlüsse ziehen! Ein schlichtes „Weiter so! Wir sind im Aufwind!“ wäre fatal. Nach der Euphorie des Wahlkampfs müssen wir mal wieder auf die Bremse treten, uns selbst kritisch begutachten, das enorme Mitgliederwachstum in geordnete, basisdemokratische Strukturen bringen, unsere Inhalte konkretisieren, uns auf unsere Werte besinnen – einfach mal hinsetzen, durchatmen, nachdenken.

Mehr dazu demnächst, nachdem ich mich mal hingesetzt, durchgeatmet und nachgedacht habe 😉