Offenheit und Transparenz bewahren – Richtlinien schaffen

Meine persönlichen Ziele für die weitere Entwicklung der Piratenpartei – Teil I: Innerparteiliche Strukturen

Mehr als ein Jahr ist mittlerweile seit der Gründung des Landesverbands Rheinland-Pfalz vergangen und seitdem hat sich einiges geändert. Wir haben unsere erste Bundestagswahl hinter uns und ein nicht enden wollender Zustrom an Neumitgliedern erfasst uns. Dies erfordert eine Neuausrichtung und Selbstfindung der Piratenpartei und auch des Landesverbands Rheinland-Pfalz. Unseren Wählern sind wir konkrete Antworten und Konzepte zu unserer Vorstellung einer demokratischen Informationsgesellschaft schuldig. Innerparteilich müssen wir uns so strukturieren, dass trotz des starken Wachstums Basisdemokratie und Transparenz erhalten bleiben bzw. noch verbessert werden. Zudem stehen wir vor der Herausforderung in den kommenden Monaten die Piratenpartei für Medien, Bürger und Mitglieder weiterhin interessant zu halten.

Da meine Ziele doch etwas umfangreicher werden, als zunächst gedacht, habe ich mich entschieden, sie an dieser Stelle in vier Teilen nach und nach zu veröffentlichen:

Teil I: Innerparteiliche Strukturen
Teil II: Öffentliche Präsenz
Teil III: Inhaltliche Entwicklung
Teil IV: Werte

Innerparteiliche Strukturen

Eine der wichtigsten Herausforderungen in den kommenden Monaten wird sein, unsere Strukturen zu festigen. Vieles was noch vor der Europawahl problemlos funktionierte wird zunehmend zu einem Ding der Unmöglichkeit. Unser hohes Mitgliederwachstum ist ein Segen, aber auch eine große Gefahr für die Partei, wenn wir darauf falsch reagieren.

Die Piratenpartei ist seit jeher eine Partei, die offen ist, das heißt, in die man seine Ideen leicht einbringen kann und in der man sogar ohne Mitgliedschaft aktiv mitarbeiten kann. Das was die Piratenpartei ausmacht, entsteht in der Basis, wird von einfachen Mitgliedern und Sympathisanten erarbeitet und in das politische Tagesgeschehen eingebracht. Dies ist ein Alleinstellungsmerkmal der Piratenpartei und nicht unwesentlich für unseren Erfolg verantwortlich. Wir müssen diese Offenheit bewahren, um uns vor Verkrustung wie bei den etablierten Parteien zu schützen.

Dies bedeutet auch, dass wir eine Lösung finden müssen, wie wir unserem basisdemokratischen Anspruch bei weiterem Wachstum gerecht werden können. Ein herkömmlicher Bundesparteitag wird bald nicht mehr durchführbar sein. Andere Parteien behelfen sich mit Delegiertenkonferenzen und führen so eine hierarchische Trennung zwischen Parteibasis und Entscheidern ein. Dies genügt meiner Meinung nach nicht dem Anspruch der Piratenpartei und hierfür müssen wir basisdemokratische Lösungen finden.

Gleichzeitig müssen wir aber auch Richtlinien formulieren und klare Regeln aufstellen. Viele Neumitglieder fühlen sich hilflos, da sie nicht wissen wo sie anfangen sollen, wie sie sich einbringen können oder wie sie eine bestimmte Sache erreichen können. Fragen nach Abläufen und Richtlinien erreichen mich täglich. Die Antwort ist so simpel wie unbefriedigend: Es gibt in den meisten Fällen weder Richtlinien noch klar definierte Abläufe, oder zumindest sind diese nicht dokumentiert. Oder sie sind dokumentiert, aber in den unendlichen Weiten des Wikis nicht auffindbar. Unser Ziel muss es sein, klare Richtlinien aufzustellen, Abläufe nachvollziehbar zu dokumentieren und die Einstiegshürden für Neumitglieder zu senken. Dabei muss unser Grundsatz der innerparteilichen Transparenz stets im Mittelpunkt stehen.

Ein weiterer organisatorischer Schritt ist die Gründung von Untergliederungen. Ich erachte für Rheinland-Pfalz die Gründung von Kreisverbänden als sinnvoll. In einigen Landkreisen sind bereits Vorbereitungen im Gange. Durch Untergliederungen kann der Landesvorstand entlastet werden und die Piraten vor Ort können selbständiger agieren.

Der Boden der Tatsachen

Ist er das nun, der viel beschworene „Boden der Tatsachen“ auf den die Piraten nach der Bundestagswahl zurückgeholt würden? In diesem Fall kann ich sehr gut damit leben, denn er ist mit fast 900.000 Stimmen sehr weich gepolstert. Zugegeben: 3% aufwärts wären klasse gewesen – aber wo wir gerade von Tatsachen sprechen: Tatsache ist, dass wir die rund 230.000 Stimmen in den nicht einmal vier Monaten seit der Europawahl beinahe vervierfachen konnten. Tatsache ist auch, dass dies das beste Ergebnis ist, das die Piratenpartei je eingefahren hat und dass wir nun nicht nur laut Mitgliederzahlen, sondern auch Stimmanteilen die stärkste Partei nach den Grünen sind. Um es kurz zu sagen: Die Wahl war ein toller Erfolg!

Doch dürfen wir daraus nicht leichtsinnig die falschen Schlüsse ziehen! Ein schlichtes „Weiter so! Wir sind im Aufwind!“ wäre fatal. Nach der Euphorie des Wahlkampfs müssen wir mal wieder auf die Bremse treten, uns selbst kritisch begutachten, das enorme Mitgliederwachstum in geordnete, basisdemokratische Strukturen bringen, unsere Inhalte konkretisieren, uns auf unsere Werte besinnen – einfach mal hinsetzen, durchatmen, nachdenken.

Mehr dazu demnächst, nachdem ich mich mal hingesetzt, durchgeatmet und nachgedacht habe 😉

Deine Stimme zählt!

Bereits vor der Landtagswahl in Hessen hatte ich erklärt, warum deine Stimme für die Piratenpartei nicht verschenkt ist. Jetzt steht die Bundestagswahl vor der Tür und es ist höchste Zeit, den Artikel auf den neuesten Stand zu bringen. Denn es ist viel passiert, in den letzten Wochen und Monaten. Deine Stimme ist bei weitem nicht verschenkt. Sie zählt – und zwar auf vielerlei Weisen.

  1. 5% sind keine Utopie mehr
  2. Mit deiner Stimme unterstreichst du die Bedeutung der Ziele
  3. Deine Stimme zahlt sich aus
  4. Nach der Wahl ist vor der Wahl
  5. Nicht-Wähler stärken die etablierten Parteien
  6. Wer unehrlich wählt, verschenkt seine Stimme

1) 5% sind keine Utopie mehr

Noch vor wenigen Wochen habe ich es selbst belächelt: 5% – natürlich nicht. Doch die nicht abflachende Welle an Zustimmung, die die Piratenpartei seit einigen Monaten trägt ist überwältigend. Da ist zum einen der nicht enden wollende Zustrom an engagierten Neumitgliedern und die damit einhergehende Ausbreitung bis in die letzten Winkel des Landes. Da sind die Wähler, die an Infoständen auf uns zukommen und verkünden, dass sie uns wählen werden, oder per Briefwahl schon gewählt haben – die Presse, die uns immer stärker wahr und ernst nimmt und etablierte Politiker deren Angst spürbar wird.

Angefangen bei 0,3% bei der ersten Wahl in Hessen, über 0,5% bei der dortigen Neuwahl und 0,9% bei der Europawahl, hat sich die Piratenpartei mittlerweile auf fast 2% (Landtagswahl Sachsen) hochgearbeitet und sitzt mittlerweile in den ersten Stadtparlamenten. Der Aufwärtstrend ist klar erkennbar – nicht zuletzt trägt deine Stimme dazu bei. 5% mögen unwahrscheinlich klingen, doch sie sind keine Utopie mehr.

2) Mit deiner Stimme unterstreichst du die Bedeutung der Ziele

Nach wie vor trägt deine Stimme für die Piratenpartei dazu bei, Themen wir Transparenz, Datenschutz, Netzpolitik und Bürgerrechte verstärkt in den politischen Diskurs einzubringen. Mit jeder Stimme mehr für die Piratenpartei, wird es für die etablierten Parteien schwieriger, diese Themen zu ignorieren und an den Wählern vorbei zu diskutieren.

Zwar hat sich auch die Opposition mittlerweile einige Piraten-Themen auf die Fahnen geschrieben. Aber wie glaubwürdig ist das? Die Grünen haben unter Rot-Grün mit den Otto-Katalogen selbst Überwachungsbefugnisse eingeführt und unter anderem die Vorratsdatenspeicherung mit vorbereitet! Die FDP hat in Nordrhein-Westfalen erstmals heimliche Online-Durchsuchungen eingeführt, was aber zum Glück vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde. Die Linken sitzen in der Berliner Landesregierung und haben die Videoüberwachung ausgeweitet. In der Opposition redet es sich leicht, aber es kommt darauf an, was in der Regierung gemacht wird. Dort haben alle etablierten Parteien versagt! Um die Ziele der Piraten wirklich durchzusetzen, benötigen wir eine starke Piratenpartei.

3) Deine Stimme zahlt sich aus

Durch das hervorragende Ergebnis bei der Europawahl wird die Piratenpartei bereits bei der staatlichen Parteienfinanzierung berücksichtigt. Jede einzelne Stimme bringt der Piratenpartei somit Geld für die politische Arbeit ein. Deine Stimme zahlt sich im wahrsten Sinne des Wortes aus.

Aufgrund der Parteienfinanzierung sollte man über Proteststimmen gut nachdenken und immer im Hinterkopf behalten wen und was man damit finanziert. Wer aus Protest z.B. NPD wählt, finanziert damit auch rechte Propaganda und Ausländerhetze!

Jede Stimme für die Piratenpartei hilft uns, mehr und vielfältigeres Werbe- und Informationsmaterial zu finanzieren, Räume für Info-Abende und Podiumsdiskussionen anzumieten und vieles mehr. Das ist wichtig um noch bekannter zu werden, denn ein Großteil der Wähler kennt uns immer noch nicht.

4) Nach der Wahl ist vor der Wahl

Ja ja, der alte Spruch, ich weiß. Aber es ist nunmal so. In Rheinland-Pfalz z.B. stehen Anfang 2011 schon wieder Landtagswahlen an. Ein gutes Ergebnis für die Piratenpartei setzt ein Zeichen! Es ist ein Signal für die etablierten Parteien und für die Wähler, auch wenn die Piratenpartei unter 5% bleibt. Ab 3% bekommt man bei vielen Umfrageinstituten einen eigenen Balken. Viele derjenigen, die vorher zögerten werden dann erkennen: „Meine Stimme hätte ja doch etwas gebracht. Die Piratenpartei ist gar keine chancenlose Kleinpartei, sie hat wirklich die Chance auf 5%!“ Wenn es diesmal nicht klappt, dann wird es bei den nächsten Landtagswahlen klappen. Setze mit deiner Stimme ein Zeichen, dass die Piratenpartei wirklich das Potential hat, in den Bundestag einzuziehen. Rüttle die Zweifler wach!

5) Nicht-Wähler stärken die etablierten Parteien

Viele Nicht-Wähler sind immer noch der Meinung, sie signalisieren den etablierten Parteien durch ihren Boykott ihre Unzufriedenheit. Diese Nachricht kommt bei den Etablierten nicht an. Es ist ihnen schlicht egal, ob sie jetzt 30% durch Millionen oder Tausende Wahlberechtigte bekommen haben. Wer nicht wählt, signalisiert: Es soll alles so bleiben wie es ist. Prozentual gesehen kommt die Nicht-Wahl gerade den etablierten Parteien sogar zugute, da die Stimmen der eigenen Anhänger quasi mehr zählen. Je besser das Ergebnis einer Partei ohnehin schon ist, desto stärker profitiert sie davon.

6) Wer unehrlich wählt, verschenkt seine Stimme

In einem Beitrag kürzlich hatte ich ja schonmal dazu aufgerufen: Wählt ehrlich! Denn wer seine Stimme aus vermeintlich taktischen Gründen abgibt, verschenkt sie letztendlich. Hand aufs Herz: Wem hat taktisches Wählen schonmal was gebracht? Was ist gut daran, eine Partei zu wählen, mit der man sich eigentlich gar nicht identifizieren kann, nur um eine andere zu verhindern? Die „kleineren Übel“ regieren seit Jahrzehnten im Wechsel, unsere Grundrechte schwinden immer mehr dahin und die Politik entfernt sich weiter vom Bürger. Schluss damit! Es ist Zeit die Partei zu wählen, hinter der man wirklich steht.

Piraten-Spitzenkandidaten im Interview mit den Jungen Piraten

Die Jungen Piraten haben mich zu meiner Bundestagskandidatur befragt und damit eine Interviewserie zu den Spitzenkandidaten der Piratenpartei gestartet:

Dies ist der Auftakt zu einer Artikelserie über die Spitzenkandidaten der âEURoeOPisâEUR. Bald ist Bundestagswahl âEUR“ doch wer kennt die Kandidaten in den Ländern wirklich näher? Wer sind sie, wofür stehen sie, was sind ihre Beweggründe? Um dies herauszufinden, haben haben wir vor einiger Zeit im Wiki Fragen gesammelt, aufgearbeitet und den Spitzenkandidaten der Piraten-Listen in den einzelnen Bundesländern geschickt. Nun sind die ersten Antworten da!

Interview lesen

Irrtum der Woche: Online-Umfragen haben Aussagekraft

Dass die Piratenpartei bei Online-Umfragen regelmäßig Spitzenergebnisse einfährt ist doch eigentlich nichts neues, oder? Niemand (außer vielleicht Lifegen) glaubt aber doch ernsthaft daran, dass diese Werte auch nur annähernd etwas mit der Realität zu tun haben. Was es heute bedeutet, eine Online-Umfrage oder gar ein ganzes Wahlportal ohne die Piratenpartei einzurichten, dafür gibt es mittlerweile mehrere Fallbeispiele.

Ich weiß nicht, ob dies an der Rhein-Zeitung (RZ) einfach vorüber gegangen ist, oder ob man schlicht glaubte, es würde schon kein Piraten-Anhänger deren Umfrage bemerken? Als die „Anderen“ die üblichen Spitzenwerte erreichten, reagierte die RZ unkonventionell, entfernte den Punkt „Andere“ aus der Umfrage und richtete gleichzeitig eine weitere ein, in der nur die Piratenpartei aufgeführt wurde.

Als „humorbefreit“ bezeichnete der zuständige Online-Redakteur Jochen Magnus in seinem Blog die Reaktionen, die daraufhin per Mail und im Forum auf die RZ einprasselten. Ich muss zugeben: Mir verging zunächst auch das Lachen. Es hätte wirklich sehr lustig sein können – unter anderen Umständen. Zum Beispiel wenn man diese Umfrage gleich zu Beginn eingerichtet hätte. Und wenn nicht die Unterstellung darin enthalten wäre, die Piraten bzw. deren Anhänger hätten die Umfrage manipuliert. Sowas hat die Partei überhaupt nicht nötig. Dass wir auch ohne faule Tricks extrem hohe Ergebnisse einfahren, zeigt zum Beispiel StudiVZ, wo man nur angemeldet abstimmen kann. Es ist schlichtweg eine Frage der Mobilisierung. Deswegen verstehe ich auch nicht, warum Herr Magnus den Aufruf zur Abstimmung als „Stampede“ beschimpft. Jede andere Partei hatte ebenfalls die Chance dazu.

Unter diesen Umständen empfand ich die Reaktion der RZ schlichtweg als trotzig. Die Piratenpartei hatte ihr Spielzeug kaputt gemacht, das doch jahrelang „erstaunlich oft nah am Ergebnis“ lag. Und nun soll etwa Schluss damit sein?

Ja liebe RZ, damit ist jetzt Schluss, so Leid es mir tut. Online-Umfragen spiegeln nicht die Realität wieder. Sie haben keine Aussagekraft, außer vielleicht die, dass die Piratenpartei hervorragend im Netz mobilisieren kann. Daher freue ich mich über den sachlichen Kommentar von Herrn Magnus in der Samstagsausgabe der RZ, in dem er sich von der „guten, alten Onlineumfrage“ verabschiedet und die Sache mit Humor nimmt. Auch ich kann mir nachträglich, ein Lächeln beim Blick auf die „Piraten-Umfrage“ nicht mehr verkneifen 😉

Am 27. September ehrlich wählen!

Schon wieder stehen Bundestagswahlen an und schon wieder kommen Fragen auf. Wer vertritt meine Ziele und Vorstellungen am besten? Wer kann die Probleme unseres Landes lösen? Wer vertritt seine Position glaubwürdig? Das sind doch die Fragen die sich ein Wähler so stellt, oder? Zumindest sollte es meiner Meinung nach so sein. Doch was muss ich immer öfter hören? „Wir müssen Schwarz-Gelb verhindern!“

Klar, eine schwarz-gelbe Regierung unter Führung der CDU wäre übel und für die Bürgerrechte würden es wohl vier weitere „schwarze“ Jahre werden. Denn in einer Koalition muss man schließlich Kompromisse machen und da ist es doch super für die FDP, dass es wenigstens mit der Steuerpolitik klappt, wenn sich schon die Bürgerrechte nicht durchsetzen lassen.

„Wir müssen schwarz-gelb verhindern!“, hallt es wider. Und die Frage, die sich ein anständiger Wähler da stellt lautet selbstverständlich: Wen muss ich wählen um dies zu erreichen? Die Stimme für eine Kleinpartei ist natürlich verschenkt, denkt er sich. Denn die fehlt ja dann für Rot-Grün! Aber Moment mal: Rot-Grün hat doch auch die Bürgerrechte ruiniert! Man erinnere sich an die Zeit mit Innenminister Schily – und es ist ja auch nicht alles schlecht an Netzsperren, denken selbst heute viele Grüne. „Alles Unwichtig“, sagt der Stratege, denn wir müssen ja Schwarz-Gelb verhindern! Darauf kommt es an!

Aber es gibt auch Leute, die sehen das alles ganz anders. Die haben erkannt, dass es noch andere Übel gibt, die es zu verhindern gilt: Eine weitere große Koalition, eine Regierungsbeteiligung der Linken, rot-grün sowieso und solche verrückten Sachen wie Ampel, Jamaika oder gar schwarz-grün – nein das kann doch keiner wollen! Wir müssen verhindern, verhindern und nochmals verhindern. Und zu jedem großen Übel gibt es ein kleineres Übel, mit dem man es verhindern kann. Alle wollen nur noch verhindern und denken gar nicht mehr daran was sie wirklich wollen. Sie denken nur noch daran was sie nicht wollen und wie man das am besten verhindern kann. Taktisches Wählen nennt sich das dann stolz! Welch ausgefeilter Plan!

Besonders interessant: Gerade die Leute, die glauben ihre Stimme für eine kleine Partei sei eine verschenkte Stimme, sind der Meinung, sie könnten mit der gleichen einen Stimme irgendeine Koalition verhindern.

Leute, ihr beschwert euch über unehrliche Politiker? Ihr seid selbst nicht besser, wenn ihr unehrlich wählt, indem ihr eure Stimme an das „kleinere Übel“ verschenkt, statt eure aufrichtige Meinung auf dem Wahlzettel kund zu tun. Eine Stimme, mit der ihr eure Meinung nicht vertretet, ist eine verschenkte Stimme. Deshalb: Am 27. September ehrlich wählen!

Liebe JuLis, bitte bleibt liberal!

Was muss ich da von den Jungen Liberalen lesen? Ihr wollt uns totschweigen? Dies fordert zumindest ein internes Argumentationspapier der FDP-Jugendorganisation, das heute geleakt wurde (PDF). Zunächst klingt das Dokument noch sehr diplomatisch:

Mit diesem Arguliner wollen wir Dir helfen, Dich mit den politischen Forderungen und Argumentationen der Piratenpartei vertraut zu machen, Dich in Diskussionen ihrer Kritik zu erwehren und die Piratenpartei selbst kritisch zu durchleuchten.

Gegen eine kritische Auseinandersetzung mit der Piratenpartei und ihren Themen habe ich überhaupt nichts einzuwenden, im Gegenteil. Ich bin immer für eine konstruktive Diskussion zu haben. Kritische, hinterfragende Bürger sind das Fundament einer funktionierenden Demokratie.

Doch leider klingt das wenige Zeilen später schon ganz anders: Die beste Strategie sei nun, die Piratenpartei nicht „aktiv ins Gespräch zu bringen und dadurch ihren Bekanntheitsgrad weiter zu steigern“. Gemeinsame Aktionen und Pressemitteilungen werden ausgeschlossen.

Wer hat sich das denn bitte ausgedacht, liebe JuLis? Liberal sieht anders aus! Meine persönliche Erfahrung mit Jungen Liberalen ist zum Glück durchweg positiv. Ich kenne einige persönlich und auch die Zusammenarbeit hat in der Vergangenheit gut funktioniert, zum Beispiel bei der Organisation der Demo in Mainz.

Doch jetzt scheinen einige Liberale in den Führungsriegen offenbar Angst zu haben, dass die Piraten der FDP die Stimmen wegnehmen. Das gesamte Papier erweckt den Eindruck, von Leuten geschrieben worden zu sein, die sich nur oberflächlich mit der Piratenpartei befasst haben. Der Argumentationleitfaden ist auf unterstem Niveau, auf einem solchen Level habe ich noch nie mit Jungen Liberalen diskutiert.

Also denn: Ich bin weiter guter Dinge und offen für faire Diskussionen und sachlichen Meinungsaustausch! Ich hoffe, dass die Mehrheit der JuLis dies genauso sieht und wir weiterhin gut zusammenarbeiten. Der gemeinsame Kampf für die Bürgerrechte geht vor törichtem Wahlkampfgeplänkel!

Landeswahlausschuss

Als Vertrauensperson für die Landesliste der Piratenpartei Rheinland-Pfalz war ich heute offiziell zur Sitzung des Landeswahlausschusses in Mainz eingeladen. Mit leichter Verspätung ging es um 10:05 im Landtagsgebäude los. Dass es sonderlich spannend wird hatte ich mir ja nicht erhofft, aber war schon mal cool dabei zu sein. In ungefähr einer halben Stunde war alles erledigt. Die Piratenpartei wurde natürlich zugelassen, wir haben über 2.300 Unterschriften übergeben und die restlichen Unterlagen wurden schon lange vorher formgerecht eingereicht. Andere Parteien hatten weniger Glück (oder weniger Engagement?).

Die „Demokratische Bürgerbewegung“ scheiterte schon am Bundeswahlausschuss, „Die Violetten“, die „Freie Union“ und die „Rentnerinnen und Rentner Partei“ hatten zu wenig Unterschriften. Damit stehen 13 Parteien in Rheinland-Pfalz auf dem Stimmzettel. Ganz ganz unten steht die Piratenpartei, weil wir erstmalig antreten und mit „P“ auch nicht gut im Alphabet platziert sind. Aber der letzte Platz ist meiner Meinung nach noch einer der auffällt.

Rederecht hatten nur die Mitglieder des Ausschusses, es gab auch keine Rückfragen von diesem. War wirklich alles nur eine reine Formsache. Eine Vertreterin der MLPD protestierte gegen die Zulassung der NPD, aber was will der Landeswahlausschuss machen? Der prüft letztendlich nur die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben. Die NPD musste ja nichtmal Unterschriften sammeln, weil sie in einigen Landtagen vertreten ist. Dem Ausschuss bleibt nichts anderes übrig als die Partei zuzulassen. Eine Demokratie muss solche Parteien aushalten.

Irrtum der Woche: Kopieren darf man nicht!

privatkopieUnd wieder einmal trifft es Justizministerin Brigitte Zypries in der Kategorie „Irrtum der Woche“. Die gute Frau hat auch schon die Unschuldsvermutung auf den Kopf gestellt und wurde trotz immer wieder offen zur Schau gestellter Unkenntnis in Sachen Netzpolitik zur Internetministerin des Jahres gekürt. Ihr neuester Streich: Leugnung der Privatkopie.

Gegenüber der Welt behauptete sie nun:

Schon in meiner Jugend war das Mitschneiden von Musik aus dem Radio üblich, damals auf Tonbändern oder Kassetten. Es gibt also eine gewisse Tradition zu glauben: Man darf das. Ähnlich ist es beim Kopieren von Büchern. Es ist weder der Industrie noch der Politik gänzlich geglückt, die Botschaft zu vermitteln: Man darf das eben nicht.

Damit macht sie sich die Propaganda der Rechteindustrie zu eigen, die die Privatkopie am liebsten abschaffen würde. Von einer Ministerin erwarte ich jedoch, dass sie die Rechtslage kennt und diese sachlich kommuniziert. Der Nachsatz den sie bringt ist unzureichend:

Jedenfalls nicht, wenn man es nicht nur für sich privat kopiert.

Schon komisch: Erst in klaren Worten das sachlich falsche „Man darf das eben nicht“, dann eine kompliziert mit doppelter Verneinung ausgedrückte Relativierung. Ich werde den Eindruck nicht los, dass sie hier bewusst Tatsachen verdrehen wollte. Hinzu kommt, dass es neben der Privatkopie noch viele weitere sogenannte Schrankenbestimmungen im Urheberrecht gibt, die das Kopieren erlauben. Ein pauschales „Man darf das eben nicht“ ist schlichtweg falsch.

Tipp am Rande: Die Seite iRights.info bietet viele Informationen darüber, was in Sachen Urheberrecht erlaubt ist und was nicht. Von dort stammt auch das obige Bild (Lizenz: CC-BY-ND)

Segeln lernen

Ja ja, ich lebe noch, auch wenn man im Blog derzeit nix davon merkt. Aber ich twittere und dente ja auch noch, dafür ist immer Zeit 😉

Nunja, in den letzten Wochen ist einfach viel passiert und es gab viel zu tun. Die Mitgliederzahlen in der Piratenpartei und auch im Landesverband Rheinland-Pfalz sind explodiert. Vor wenigen Wochen kannte ich noch jeden aktiven Piraten aus Rheinland-Pfalz persönlich, jetzt kenne ich nicht mal mehr jeden aus der Umgebung Koblenz. Auf dem Bundesparteitag in Hamburg waren mehr Presseleute anwesend, als Piraten auf dem vorigen Parteitag in Bielefeld teilnahmen. Die Aufmerksamkeit wächst – Menschen und Medien interessieren sich plötzlich für uns.

Doch ist die Piratenpartei darauf vorbereitet? Einerseits ja, denn wir haben fest damit gerechnet. Andererseits, hat wohl niemand geglaubt, dass es so schnell geht. Wir werden voraussichtlich in fast allen Bundesländern zur Wahl zugelassen, der Wahlkampf tobt und der politische Gegner beginnt uns erst zu nehmen und teilweise auch zu fürchten. Wie heißt es so schön?

âEUR?Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.âEURoe
Mahatma Gandhi

Ich bin mir mittlerweile sehr sicher, dass wir uns in „Phase 3“ befinden. Die Piratenpartei wird ab sofort von ihren politischen Gegnern bekämpft. Bis vor kurzem war es für diese noch undenkbar, das Wort Piratenpartei auch nur in den Mund zu nehmen, denn schließlich könnte man damit jemanden auf uns aufmerksam machen.

Für uns Piraten heißt es nun „Segeln lernen“: Zurecht kommen mit der gestiegenen Aufmerksamkeit, mit berechtigter Kritik, mit Diffamierungen, mit Missverständnissen, mit falschen Freunden, mit dem ungebremsten Wachstum und mit vielem, vielem mehr, was diese Welt für uns (und gegen uns) zu bieten hat.

Der erste „Segelkurs“ fand am Sonntag in Berlin statt. Gemeinsam mit einem Dutzend weiterer Vorstandspiraten, Spitzenkandidaten und Pressesprecher nahm ich dort an einem Medientraining teil. Wir haben viel über nonverbale Kommunikation gelernt und einige Interviewtrainings durchgeführt. Ein Tag bewirkt sicherlich noch keine Wunder, doch es ist ein guter Anfang und es hat viel Spaß gemacht. Eine raue, stürmische See liegt vor uns, doch ich bin sicher, dass wir sie meistern werden. Nicht zuletzt, weil wir authentisch sind. Weil wir eine Vision haben, die uns antreibt, die uns zusammen gebracht hat und die uns zusammen hält.