Offenheit und Transparenz bewahren – Richtlinien schaffen

Meine persönlichen Ziele für die weitere Entwicklung der Piratenpartei – Teil I: Innerparteiliche Strukturen

Mehr als ein Jahr ist mittlerweile seit der Gründung des Landesverbands Rheinland-Pfalz vergangen und seitdem hat sich einiges geändert. Wir haben unsere erste Bundestagswahl hinter uns und ein nicht enden wollender Zustrom an Neumitgliedern erfasst uns. Dies erfordert eine Neuausrichtung und Selbstfindung der Piratenpartei und auch des Landesverbands Rheinland-Pfalz. Unseren Wählern sind wir konkrete Antworten und Konzepte zu unserer Vorstellung einer demokratischen Informationsgesellschaft schuldig. Innerparteilich müssen wir uns so strukturieren, dass trotz des starken Wachstums Basisdemokratie und Transparenz erhalten bleiben bzw. noch verbessert werden. Zudem stehen wir vor der Herausforderung in den kommenden Monaten die Piratenpartei für Medien, Bürger und Mitglieder weiterhin interessant zu halten.

Da meine Ziele doch etwas umfangreicher werden, als zunächst gedacht, habe ich mich entschieden, sie an dieser Stelle in vier Teilen nach und nach zu veröffentlichen:

Teil I: Innerparteiliche Strukturen
Teil II: Öffentliche Präsenz
Teil III: Inhaltliche Entwicklung
Teil IV: Werte

Innerparteiliche Strukturen

Eine der wichtigsten Herausforderungen in den kommenden Monaten wird sein, unsere Strukturen zu festigen. Vieles was noch vor der Europawahl problemlos funktionierte wird zunehmend zu einem Ding der Unmöglichkeit. Unser hohes Mitgliederwachstum ist ein Segen, aber auch eine große Gefahr für die Partei, wenn wir darauf falsch reagieren.

Die Piratenpartei ist seit jeher eine Partei, die offen ist, das heißt, in die man seine Ideen leicht einbringen kann und in der man sogar ohne Mitgliedschaft aktiv mitarbeiten kann. Das was die Piratenpartei ausmacht, entsteht in der Basis, wird von einfachen Mitgliedern und Sympathisanten erarbeitet und in das politische Tagesgeschehen eingebracht. Dies ist ein Alleinstellungsmerkmal der Piratenpartei und nicht unwesentlich für unseren Erfolg verantwortlich. Wir müssen diese Offenheit bewahren, um uns vor Verkrustung wie bei den etablierten Parteien zu schützen.

Dies bedeutet auch, dass wir eine Lösung finden müssen, wie wir unserem basisdemokratischen Anspruch bei weiterem Wachstum gerecht werden können. Ein herkömmlicher Bundesparteitag wird bald nicht mehr durchführbar sein. Andere Parteien behelfen sich mit Delegiertenkonferenzen und führen so eine hierarchische Trennung zwischen Parteibasis und Entscheidern ein. Dies genügt meiner Meinung nach nicht dem Anspruch der Piratenpartei und hierfür müssen wir basisdemokratische Lösungen finden.

Gleichzeitig müssen wir aber auch Richtlinien formulieren und klare Regeln aufstellen. Viele Neumitglieder fühlen sich hilflos, da sie nicht wissen wo sie anfangen sollen, wie sie sich einbringen können oder wie sie eine bestimmte Sache erreichen können. Fragen nach Abläufen und Richtlinien erreichen mich täglich. Die Antwort ist so simpel wie unbefriedigend: Es gibt in den meisten Fällen weder Richtlinien noch klar definierte Abläufe, oder zumindest sind diese nicht dokumentiert. Oder sie sind dokumentiert, aber in den unendlichen Weiten des Wikis nicht auffindbar. Unser Ziel muss es sein, klare Richtlinien aufzustellen, Abläufe nachvollziehbar zu dokumentieren und die Einstiegshürden für Neumitglieder zu senken. Dabei muss unser Grundsatz der innerparteilichen Transparenz stets im Mittelpunkt stehen.

Ein weiterer organisatorischer Schritt ist die Gründung von Untergliederungen. Ich erachte für Rheinland-Pfalz die Gründung von Kreisverbänden als sinnvoll. In einigen Landkreisen sind bereits Vorbereitungen im Gange. Durch Untergliederungen kann der Landesvorstand entlastet werden und die Piraten vor Ort können selbständiger agieren.

Landeswahlausschuss

Als Vertrauensperson für die Landesliste der Piratenpartei Rheinland-Pfalz war ich heute offiziell zur Sitzung des Landeswahlausschusses in Mainz eingeladen. Mit leichter Verspätung ging es um 10:05 im Landtagsgebäude los. Dass es sonderlich spannend wird hatte ich mir ja nicht erhofft, aber war schon mal cool dabei zu sein. In ungefähr einer halben Stunde war alles erledigt. Die Piratenpartei wurde natürlich zugelassen, wir haben über 2.300 Unterschriften übergeben und die restlichen Unterlagen wurden schon lange vorher formgerecht eingereicht. Andere Parteien hatten weniger Glück (oder weniger Engagement?).

Die „Demokratische Bürgerbewegung“ scheiterte schon am Bundeswahlausschuss, „Die Violetten“, die „Freie Union“ und die „Rentnerinnen und Rentner Partei“ hatten zu wenig Unterschriften. Damit stehen 13 Parteien in Rheinland-Pfalz auf dem Stimmzettel. Ganz ganz unten steht die Piratenpartei, weil wir erstmalig antreten und mit „P“ auch nicht gut im Alphabet platziert sind. Aber der letzte Platz ist meiner Meinung nach noch einer der auffällt.

Rederecht hatten nur die Mitglieder des Ausschusses, es gab auch keine Rückfragen von diesem. War wirklich alles nur eine reine Formsache. Eine Vertreterin der MLPD protestierte gegen die Zulassung der NPD, aber was will der Landeswahlausschuss machen? Der prüft letztendlich nur die Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben. Die NPD musste ja nichtmal Unterschriften sammeln, weil sie in einigen Landtagen vertreten ist. Dem Ausschuss bleibt nichts anderes übrig als die Partei zuzulassen. Eine Demokratie muss solche Parteien aushalten.

Segeln lernen

Ja ja, ich lebe noch, auch wenn man im Blog derzeit nix davon merkt. Aber ich twittere und dente ja auch noch, dafür ist immer Zeit 😉

Nunja, in den letzten Wochen ist einfach viel passiert und es gab viel zu tun. Die Mitgliederzahlen in der Piratenpartei und auch im Landesverband Rheinland-Pfalz sind explodiert. Vor wenigen Wochen kannte ich noch jeden aktiven Piraten aus Rheinland-Pfalz persönlich, jetzt kenne ich nicht mal mehr jeden aus der Umgebung Koblenz. Auf dem Bundesparteitag in Hamburg waren mehr Presseleute anwesend, als Piraten auf dem vorigen Parteitag in Bielefeld teilnahmen. Die Aufmerksamkeit wächst – Menschen und Medien interessieren sich plötzlich für uns.

Doch ist die Piratenpartei darauf vorbereitet? Einerseits ja, denn wir haben fest damit gerechnet. Andererseits, hat wohl niemand geglaubt, dass es so schnell geht. Wir werden voraussichtlich in fast allen Bundesländern zur Wahl zugelassen, der Wahlkampf tobt und der politische Gegner beginnt uns erst zu nehmen und teilweise auch zu fürchten. Wie heißt es so schön?

âEUR?Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.âEURoe
Mahatma Gandhi

Ich bin mir mittlerweile sehr sicher, dass wir uns in „Phase 3“ befinden. Die Piratenpartei wird ab sofort von ihren politischen Gegnern bekämpft. Bis vor kurzem war es für diese noch undenkbar, das Wort Piratenpartei auch nur in den Mund zu nehmen, denn schließlich könnte man damit jemanden auf uns aufmerksam machen.

Für uns Piraten heißt es nun „Segeln lernen“: Zurecht kommen mit der gestiegenen Aufmerksamkeit, mit berechtigter Kritik, mit Diffamierungen, mit Missverständnissen, mit falschen Freunden, mit dem ungebremsten Wachstum und mit vielem, vielem mehr, was diese Welt für uns (und gegen uns) zu bieten hat.

Der erste „Segelkurs“ fand am Sonntag in Berlin statt. Gemeinsam mit einem Dutzend weiterer Vorstandspiraten, Spitzenkandidaten und Pressesprecher nahm ich dort an einem Medientraining teil. Wir haben viel über nonverbale Kommunikation gelernt und einige Interviewtrainings durchgeführt. Ein Tag bewirkt sicherlich noch keine Wunder, doch es ist ein guter Anfang und es hat viel Spaß gemacht. Eine raue, stürmische See liegt vor uns, doch ich bin sicher, dass wir sie meistern werden. Nicht zuletzt, weil wir authentisch sind. Weil wir eine Vision haben, die uns antreibt, die uns zusammen gebracht hat und die uns zusammen hält.

200 Menschen demonstrierten in Mainz für „Freiheit statt Angst“

Das Wetter war miserabel, es hat viel geregnet. Trotzdem haben heute gestern in Mainz rund 200 Menschen gegen Überwachung und Zensur protestiert. Die Kooperation mit der Polizei lief hervorragend, die Demo war friedlich und es gab viele interessante Reden zu hören. Ein ausführlicher Bericht, insbesondere aus meiner Sicht als Versammlungsleiter folgt noch. Ich bin jetzt erstmal froh wenn ich im Bett bin 😉

Aufruf zur Demo „Freiheit statt Angst“ am 6. Juni in Mainz

Die Ortsgruppe Mainz des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) ruft zusammen mit der Meta-Ortsgruppe Rhein-Main zur Demonstration gegen Überwachung und Totalprotokollierung am 6. Juni in Mainz auf:

Der Überwachungswahn greift um sich. Staat und Unternehmen registrieren, überwachen und kontrollieren uns immer vollständiger. Egal, was wir tun, mit wem wir sprechen oder telefonieren, wohin wir uns bewegen oder fahren, mit wem wir befreundet sind, wofür wir uns interessieren, in welchen Gruppen wir engagiert sind – der „große Bruder“ Staat und die „kleinen Brüder und Schwestern“ aus der Wirtschaft wissen es immer genauer.

Massenüberwachung gefährdet die Arbeit und das Engagement von Organisationen der Zivilgesellschaft. Menschen, die sich ständig beobachtet und überwacht fühlen, können sich nicht unbefangen und mutig für ihre Rechte und eine gerechte Gesellschaft einsetzen. Massenüberwachung untergräbt damit die Basis einer demokratischen und integrativen Gesellschaft.

Überwachung, Misstrauen und Angst verändern unsere Gesellschaft schrittweise in eine Gesellschaft unkritischer Verbraucher, die „nichts zu verbergen haben“ und dem Staat gegenüber – zur vermeintlichen Gewährleistung totaler Sicherheit – ihre Freiheitsrechte aufgeben.

Eine solche Gesellschaft wollen wir nicht!

Um gegen Sicherheitswahn und die ausufernde Überwachung zu protestieren, fordern wir auf, am 6. Juni in Mainz auf die Straße zu gehen. Wir wollen im Superwahljahr 2009 zeigen, dass wir eine Politik der Angst, der Kontrolle und Überwachung nicht tolerieren – nicht von dieser und nicht von der nächsten Regierung, nicht in der EU, nicht im Bundestag und auch nicht auf kommunaler Ebene! Wir rufen alle Menschen aus Mainz, Rheinland-Pfalz, dem Rhein-Main-Gebiet und überall anders dazu auf, sich unserem friedlichen Protest anzuschließen.

Der vollständige Aufruf und eine Liste der Forderungen finden sich unter http://mainz.freiheitstattangst.de.

Es werden weiterhin Unterstützer gesucht: Vereine, Parteien und alle Organisationen oder Privatpersonen, die die Demo unterstützen möchten, wenden sich bitte an demo-mainz(at)vorratsdatenspeicherung.de.

Das nächste Demo-Bündnistreffen findet am Sonntag, 17.5. um 18 Uhr im DGB-Haus in Mainz statt (Kaiserstraße 26, Hintereingang benutzen).

Genauer Zeitpunkt und die Route der Demo werden in Kürze unter http://mainz.freiheitstattangst.de bekannt gegeben. Ich werde auch hier im Blog noch mal darauf hinweisen.

Erste „Nicht-Konferenz“ in Mainz

Pengcamp Logo

Am 10. und 11. Januar findet in Mainz unter der Bezeichnung „Pengcamp“ erstmals ein Barcamp statt.

Barcamp ist eine Ad-hoc-Nicht-Konferenz (engl. Un-Conference), die aus dem Bedürfnis heraus entstanden ist, dass sich Menschen in einer offenen Umgebung austauschen und voneinander lernen können. Es ist eine intensive Veranstaltung mit Diskussionen, Präsentationen und Interaktion der Teilnehmer untereinander. Jeder, der etwas beizutragen hat oder etwas lernen will, ist willkommen und herzlich eingeladen mitzumachen.

Initiiert wurde das ganze von Peng, der „Gesellschaft zur Förderung von Design, Kunst und Kommunikation“, organisiert wird es, wie bei einem Barcamp üblich von allen Teilnehmern:

Teilnehmer müssen entweder eine Präsentation oder eine Session abhalten oder aber bei einer mithelfen, oder sonstwie als Freiwilliger zum Gelingen der Veranstaltung beitragen. Der Ablaufplan für sämtliche Präsentationen wird erst am Tag selbst erstellt. Man kann sich vorab vorbereiten, sollte aber früh am Tag erscheinen, um sich einen Platz im Zeitplan zu sichern. Die anwesenden Teilnehmer wählen die Demos bzw. Präsentationen aus, die sie sehen wollen.

Weitere Infos gibts im Pengcamp-Wiki, anmelden kann man sich hier.

Hilf mit das BKA-Gesetz zu kippen

Es sieht so aus, als müsste ich meine Einschätzung schon korrigieren und das BKA-Gesetz wird nicht vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Derzeit bahnt sich an, dass es bereits im Bundesrat scheitert. Alle Bundesländer in denen die Linke, die Grünen oder die FDP mit in der Regierung sitzt haben werden sich enthalten, da die Koalitionen keinen gemeinsamen Nenner finden. Damit entsteht eine hauchdünne Mehrheit von 35 zu 34 Stimmen für das BKA-Gesetz. Mittlerweile hat sich aber auch die SPD in Sachsen und Schleswig-Holstein, die in diesen Ländern in einer großen Koalition mit der CDU regiert, aber ebenfalls quer gestellt. Das wäre ein schneller Tod für Schäubles Lieblingskind. Auf die dünne Mehrheit sollten wir uns aber nicht verlassen. Mit ein bisschen Lobbyarbeit lässt sich die SPD vielleicht auch in anderen Ländern überzeugen. Insbesondere Rheinland-Pfalz, wo die SPD alleine regiert, zählt zu den noch unentschlossenen Ländern. Der SPD-Fraktionschef Rheinland-Pfalz hat sich bereits kritisch gegenüber der Online-Durchsuchung geäußert. Jetzt gilt es die Regierung zu überzeugen im Bundesrat gegen das Gesetz zu stimmen, oder sich wenigstens zu enthalten (was de-facto das gleiche ist). Im Wiki des AK-Vorrat werden Anschreiben vorbereitet die du verwenden kannst um die Mitglieder der Landesregierungen anzuschreiben. Noch mehr kann ein persönlicher Anruf bewirken. Dabei gilt wie immer: Freundlich bleiben und sachlich argumentieren.

Update: Das ging ja schneller als ich dachte. Tagesschau.de berichtet:

Nach Sachsen und Schleswig-Holstein regt sich jetzt in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Berlin Widerstand.

Schäuble ist richtig motzig:

Wenn die Länder das BKA-Gesetz jetzt verhindern, dann bleiben sie eben für die Abwehr der Gefahren aus dem internationalen Terrorismus verantwortlich.

Noch trotziger, beinahe kindisch, reagierte aber Hans-Peter Uhl:

Die Bundes-SPD hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Unsere Gesprächspartner waren ja nicht irgendwelche Wichtigtuer aus Sachsen, sondern Profis.

Das „Best of“ seiner Aussagen zum Thema gibts bei netzpolitik.org