Trotz der Enthüllungen rund um „PRISM“ stoße ich im weniger politisierten Umfeld immer noch auf Unverständnis beim Thema Überwachung und der damit verbundenen Aushöhlung demokratischer Prinzipien. Offenbar ist vielen Menschen noch nicht klar, weche Nachteile ein Überwachungsstaat hat und was einen Staat eigentlich zum Überwachungsstaat macht.
Zum Glück gibt es ein neues, sehr anschauliches Video, das die Probleme allgemeinverständlich erklärt:
Laut einem Bericht des NPR, wird das Datenzentrum der NSA in Utah 5 Zettabytes (5 Mrd. Terabyte) speichern können. Unter der Annahme, dass ein Aktenschrank 0,4 m² Platz benötigt und 60 Aktenordner (= 30’000 Seiten Papier), also etwa 120 MB Daten fassen kann, würde das Utah-Rechenzentrum ausgedruckt etwa 17 Mio. Quadratkilometer Platz verbrauchen. Damit kann die NSA fast 1 Milliarde Mal mehr Daten erfassen als die Stasi!
Wer einer Pit-Stop-Filiale sein Auto anvertraut sollte sich bewusst sein, dass eine Menge Informationen in den Datenbanken der „Pit-Stop Systempartner GmbH“ landen. Folgende Daten werden ungefragt aus dem Fahrzeugschein und dem Fahrzeug übertragen:
Adresse
Fahrzeug (Marke / Modell)
KFZ-Kennzeichen
Datum der Erstzulassung
Kilometerstand zum Zeitpunkt der Reparatur
Fälligkeit der Hauptuntersuchung
Quelle: Angeforderte Selbstauskunft
PS: Ich habe meine Daten löschen lassen und hoffe, die Werbeflut hat nun ein Ende.
PPS: Jeder hat das Recht auf Auskunft, Korrektur und ggf. Löschung von personenbezogenen Daten. Macht davon Gebrauch! (nicht nur gegenüber Pit-Stop)
Beim Bund gibt es Datenbanken, in denen die Transporte von Kernbrennstoffen und Atommüll erfasst sind. Die Daten liegen unter anderem beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
Egal wie man zu Atomkraft und Atomtransporten steht: Die genauere Auswertung dieser Daten und die Verknüpfung mit anderen Quellen wäre definitiv interessant. Leider ist das mit PDF-Dokumenten nur schwer möglich, abgesehen davon dass mir als IT-ler ein kalter Schauer über den Rücken läuft, wenn jemand Datenbanktabellen in ein PDF-Dokument exportiert.
Mir wirft das ganze folgende Fragen auf:
Warum wurden keine Rohdaten veröffentlicht bzw. kann die Regierung dazu bewogen werden auch die Rohdaten (und seien es nur Excel-Tabellen) zur Verfügung zu stellen?
Arbeitet bereits jemand an der Überführung der Daten in ein maschinenlesbares Format?
Was haben die Grünen jetzt eigentlich mit den Daten vor? Alles manuell auswerten? Oder gibt es dort Bestrebungen ebenfalls an maschinenlesbare Daten heran zu kommen?
Wäre es zielführend, per Petition zu fordern, dass tabellarische Antworten stets auch nach Open-Data-Kriterien veröffentlicht werden?
Ich werde diesen Fragen in den kommenden Wochen nachgehen. Wer ebenfalls an dem Thema arbeitet oder mitarbeiten möchte, möge sich bei mir melden.
Ich achte bereits seit einiger Zeit darauf, insbesondere bei Kaffee und Kakao/Schokolade, dass die Produkte aus fairem Handel stammen. Nicht selten erfolgt der Anbau leider zu Hungerlöhnen, unter menschenunwürdigen Bedingungen und mit Kinderarbeit.
Das Projekt Nager IT hat sich daher zu Recht folgende Frage gestellt:
Es gibt fairen Tee, fairen Kaffee, fairen Kakao, faire Kleidung, faire Fußbälle, sogar faire Grabsteine und faire Eheringe. Aber was ist mit Computern, Smartphones und deren elektronischem Zubehör?
Bei der Frage allein ist es aber nicht geblieben, sondern es wurde versucht eine faire Computermaus zu entwickeln. Dies ist nur zum Teil gelungen, aber es scheint ein guter Anfang zu sein, der auf mehr hoffen lässt. Wo es noch hakt, erklärt das Projekt unter „Umsetzung“.
Während die faire Herstellung von z.B. Verpackung, Schrauben und Gehäuse gelang, ist die Herkunft der Rohstoffe noch sehr schwer zu überblicken und es ist daher von unfairen Arbeitsbedingungen auszugehen. Die Nachfolgemodelle sollen jedoch weitere Fortschritte in Sachen Fairness machen. Bestellen lässt sich die Maus hier.
Update: Wie ich gerade feststelle, gab es auf dem 29C3 einen sehr interessanten Vortrag zu fairer IT:
In der Region Braunschweig / Wolfenbüttel startet mit dem Beginn des Jahres 2013 ein SoLaWi-Projekt. SoLaWi steht für Solidarische Landwirtschaft, auch bekannt unter der englischen Bezeichnung „community-supported agriculture“ (CSA).
Dabei entsteht eine direkte Kooperation zwischen Konsument und Landwirt: Die beteiligten Konsumenten garantieren die Abnahme der Ernte und geben dem Landwirt so Finanzierungs- und Planungssicherheit. Im Gegenzug gibt es leckeres Bio-Gemüse aus regionalem Anbau.
Für das „Netzpolitische Bier“ Braunschweig gibt es nun einen regelmäßigen Termin: Wir treffen uns am letzten Montag im Monat im Restaurant „Gambit“.
Restaurant „Gambit“
Frankfurter Straße 268
38122 Braunschweig
Die nächsten Termine sind also voraussichtlich (falls sich etwas ändert, gebe ich es hier bekannt):
Montag, 26.11.2012
(Dezembertermin entfällt)
Montag, 28.01.2013
Montag, 25.02.2013
Jeweils um 19 Uhr.
Das „Netzpolitische Bier“ ist ein lockeres Treffen von Menschen, die Interesse an Netzpolitik haben und jenseits von Parteipolitik Ideen und Meinungen dazu austauschen möchten.
Worüber wir genau reden, bestimmen wir vor Ort nach Laune und Interesse der Teilnehmer.
In einem offenen Piratenpad werden nun Ideen gesammelt, was man Schönes und Sinnvolles mit den Daten machen könnte. Die Rohdaten selbst sind offenbar noch nicht online, aber es gibt bereits eine Visualisierung mit OpenSpending.
Zusätzlich hat der Rat einstimmig(!) einen Antrag angenommen, der einen detaillierteren und maschinenlesbaren Haushalt für die kommenden Jahre verbindlich festschreibt.
Das lässt hoffen, dass das Thema Open Data in Braunschweig auch über Haushaltsdaten hinaus in Zukunft Anklang finden wird.
Am Montag, 29.10.2012 treffen wir uns abermals zum „Netzpolitischen Bier“ im Gambit, Braunschweig. Los geht’s um 19 Uhr.
Das „Netzpolitische Bier“ ist ein lockeres Treffen von Menschen, die Interesse an Netzpolitik haben und jenseits von Parteipolitik Ideen und Meinungen dazu austauschen möchten.
Worüber wir genau reden, bestimmen wir vor Ort nach Laune und Interesse der Teilnehmer.
Wir müssen monolithische, zentralisierte Social Networks hinter uns lassen. Sie widersprechen dem Gedanken der informationellen Selbstbestimmung und sind gleichzeitig anfällig für Zensur und Manipulation. Soziale Netzwerke sind nicht das Web. Sondern das Web ist ein großes, dezentrales soziales Netzwerk – wenn wir unsere Daten befreien und uns unabhängig von großen Anbietern vernetzen.
Die Einzäunung des Webs
Das World Wide Web ist eine ziemlich coole Erfindung. Wir alle können mitmachen, indem wir unsere Inhalte beisteuern. Diese Inhalte lassen sich untereinander verlinken. Die Links sind das, was das Web zu einem Web macht.
Die Idee des Webs, als miteinander durch Links verwobene Inhalte wird zunehmend durch Social Networks pervertiert. Wer zum Beispiel bei „Wer-kennt-wen“ auf einen externen Link klickt, bekommt folgende Warnmeldung präsentiert:
Du hast gerade auf einen Link geklickt, mit dem Du die Seiten von wer-kennt-wen.de verlässt.
Es lässt sich beobachten, wie Social-Network-Dienste zunehmend das Web vereinnahmen, statt daran zu partizipieren.
Facebook und Co. versuchen die Nutzer möglichst lange auf der eigenen Website zu binden. Schließlich verdienen die Betreiber durch zielgerichtete Werbung eine Menge Geld. Je länger die Nutzer sich dort aufhalten, desto mehr erfahren die Betreiber über den Nutzer, desto zielgerichteter kann die Werbung werden und desto mehr Geld kann man damit verdienen.
Bei Facebook finden sich keine derart skurillen Warnmeldungen, es vereinnahmt das Web auf eine subtilere Art und Weise. Facebook versucht die „Links nach draußen“ so lange wie möglich innerhalb der Plattform zu halten. Fotos, Videos und die ersten Zeilen von Artikeln können betrachtet werden, ohne die Plattform zu verlassen. In Form von „Interessen“ stellt Facebook oftmals ganze Wikipedia-Artikel in seiner Plattform ein. Die Möglichkeit zu „Liken“ und zu „Sharen“ machen die Rückkehr zu Facebook attraktiv, wenn doch einmal ein Link hinaus führt.
Facebook macht uns das Leben bequem. Es dient uns als Kommunikationszentrale, als News-Dienst, als Möglichkeit interessante Inhalte und Menschen zu finden. Daran ist nichts verwerflich.
Jedoch geht schleichend die ursprüngliche Idee eines dezentralen Webs aus miteinander verlinkten Inhalten verloren. Wer auf Facebook und Co. Texte und Bilder teilt, der veröffentlicht diese nicht im Web, sondern auf einer geschlossenen Plattform. Plattformen, die das Web so sehr vereinnahmen, dass „Digital Natives“, die mit Social Networks groß geworden sind, oft gar nicht mehr den Unterschied zwischen Facebook und dem World Wide Web (geschweige denn dem Internet jenseits des WWW) kennen. Facebook ist daszentrale Element der Internetnutzung geworden.
Diese Vereinnahmung geht in Form von „Social Plugins“ auch über die Grenzen der eigentlichen Plattform hinaus. Man könnte meinen, dass sich Facebook auf diese Weise dem Rest des Webs öffnet. Es ist jedoch so, dass sich der Rest des Webs auf diese Weise gegenüber Facebook öffnet. Facebook diktiert die API, d.h. die Art und Weise wie die Webdienste und andere Programme mit der Plattform kommunizieren.
Und hier sind wir beim Kern des Problems angelangt: Die Dienste kommunizieren mit Facebook. Sie kommunizieren nicht untereinander. Zumindest ist die Kommunikation zwischen anderen Webdiensten marginal im Vergleich zum Einfluss des Social Networks und im Vergleich zu dem Social Web wie es sein könnte (dazu gleich mehr).
Das heutige Web ist gar nicht sozial. Dies hat Jeff Sayre sehr schön in seinem Artikel „The Web is Not (yet) Social“ beschrieben:
The Web is currently not social. It’s the metaspace analogy of meatspace nightclubs. It’s filled with private social silos, which are antithetical to the Web’s vision. Each private social island is an internal network consisting of tightly-controlled infrastructure that offers its own vision of how humans should connect and interact.
Wer nicht auf Facebook ist, kann meine dort eingestellten Bilder nicht sehen, sich nicht digital mit mir „anfreunden“ oder meine Status-Updates kommentieren. Was, wenn sowohl meine Freunde bei Facebook, als auch meine Bekannten bei wer-kennt-wen die Bilder sehen sollen? Dann muss ich die Fotos zweimal hochladen – oder ich muss mich für eine Plattform entscheiden.
Letzteres ist das, was tatsächlich passiert. Nutzt eigentlich noch jemand wer-kennt-wen? Und gibt es die VZ-Netzwerke noch?
Den eingangs erwähnten Weiterleitungs-Hinweis sehe ich immer seltener. Viele meiner Freunde kommunizieren nur noch über Facebook. Manche machen sich die Mühe, mehrere Accounts zu pflegen, aber es werden immer weniger. Die Accounts in anderen Netzwerken verwaisen, was weitere Nutzer bewegt, das entsprechende Netzwerk zu verlassen.
Ein Teufelskreis – jedoch einer, den die Netzwerke selbst zu verantworten haben. Im Wettbewerb untereinander abgeschotteter Plattformen können nur einige wenige gewinnen. Doch der Dumme ist am Ende der Nutzer. So bequem uns Facebook das Leben auch machen mag: wir erleben gerade eine Monopolisierung & Zentralisierung unserer Kommunikation und begeben uns in Abhängigkeit einiger weniger, großer Anbieter.
Diese Zentralisierung öffnet der Manipulation und Zensur Tür und Tor. Sie entmündigt uns Nutzer. Ich habe die Probleme bereits in einem anderen Artikel erörtert. Dass es sich dabei nicht um bloße Theorie handelt erläutert ein Beispiel von Sascha Lobo:
Facebook zum Beispiel kontrolliert über detaillierte Algorithmen, welche Inhalte die Nutzer zu sehen bekommen. Laut qualifizierten Schätzungen sind es nur etwa zehn Prozent der von den Kontakten eingestellten Inhalte – sonst wäre es auch zu viel. Aber welche zehn Prozent sind das, und wie genau werden sie ausgewählt? Darüber schweigt Facebook weitgehend.
Heutige Soziale Netzwerke nehmen mir die Möglichkeit selbst bestimmen zu können, was mit meinen persönlichen Daten geschieht, wer sie sehen kann und wer nicht. Die Datenschutzeinstellungen von Facebook simulieren dieses Recht nur. Die Daten liegen auf Servern des Unternehmens und sind offen für es zugänglich – ganz egal wie restriktiv ich meine Einstellungen setze.
Echte informationelle Selbstbestimmung sieht anders aus. Ein echtes „Social Web“ sieht anders aus. Wir müssen monolithische, zentralisierte Social Networks hinter uns lassen und uns unabhängig von großen, zentralisierten Anbieter vernetzen. Das World Wide Web bietet alles, was wir dazu brauchen. Es gilt nun, den Kerngedanken des Webs mit der Idee der sozialen Netzwerke zu verbinden.