Irrtum der Woche: Demonstrieren bringt doch nix

Am Samstag findet die erste große „Freiheit statt Angst“-Demo für Datenschutz und Bürgerrechte in Mainz statt.

Immer wieder bekomme ich von Leuten dabei zu hören, dass demonstrieren doch eh nichts bringe. Dabei stelle ich regelmäßig fest, dass diese Leute mit einer völlig falschen Erwartungshaltung an das Thema Demonstrationen heran gehen. Natürlich werden nicht plötzlich in Berlin Gesetze neu gefasst oder fallen gelassen, weil ein paar tausend Leute auf die Straße gehen.

Das Ziel von Demonstrationen ist vielschichtiger. Demos entfalten ihre Wirkung auf mehrere Weisen. Drei davon (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) möchte ich an dieser Stelle kurz erläutern.

1) Außenwirkung

Ungeachtet dessen, dass eine Demonstration bei den betreffenden Politikern meist wenig Beachtung findet, erzeugt sie dennoch Aufmerksamkeit. Mindestens die Passanten werden davon mitbekommen. Dadurch, dass eine Demo im Vorfeld beworben wird, lenkt dies die Aufmerksamkeit schon im Vorfeld auch andernorts auf die jeweiligen Themen. Mit etwas Geschick, bekommt auch die Presse davon Wind und die Berichterstattung sorgt noch nach der Demo dafür, dass die Themen in der Öffentlichkeit beachtet werden. Summa summarum führt eine Demo also dazu, dass Menschen mit den Themen in Kontakt kommen und sich ggf. damit näher auseinandersetzen, die dies nicht von sich aus täten.

2) Innenwirkung

Ich persönlich halte die Innenwirkung sogar für wichtiger als die Außenwirkung. Durch eine Demo wird Gleichgesinnten verdeutlicht: Es gibt noch mehr Menschen, denen diese Themen wichtig sind – ich bin nicht allein. Leute die sich schon zuvor für die Themen einsetzten, werden motiviert und in ihrem Handeln gestärkt. Gleichzeitig bietet eine Demo sehr gute Möglichkeiten neue Kontakte zu knüpfen, alte Kontakte aufrecht zu erhalten und sich zu vernetzen. Regelmäßige Demos sind Motor und Antrieb einer lebendigen politischen Bewegung.

3) Demos als Teil eines großen Ganzen

Weiterhin dürfen Demonstrationen nicht isoliert betrachtet werden. Sie sind Teil eines „größeren Ganzen“. Die Wirkung von Demonstrationen allein ist in der Tat beschränkt, jedoch entfalten sie in Kombination mit weiterem politischen Engagement ihr volles Potential. Die „Freiheit statt Angst“ Demos zum Beispiel sind Ausdrucksform einer ganzen Bürgerrechtsbewegung. Dahinter steht viel mehr, als ein paar Leute die ab und an auf die Straße gehen. Eine Demo ist quasi die Manifestation dieser Bewegung. Einer Bewegung, die aktiv Bürgerlobbyismus betreibt, die öffentliche Debatte anheizt und viele weitere politische Aktionen und Maßnahmen eingeleitet hat, nicht zuletzt die größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten: Die Klage gegen die Vorratsdatenspeicherung. Demonstrationen liefern einen Beitrag um dieser Bewegung Ausdruck zu verleihen, sie sind wichtig als Referenz und Argumentationgrundlage. Demonstrationen liefern damit einen wichtigen Beitrag, mit den jeweiligen Themen Gehör zu finden. Es mag ein langer, mühsamer Weg sein – aber es funktioniert.

Deshalb freue ich mich über jeden, der am Samstag an der Demonstration „Freiheit statt Angst“ in Mainz teilnimmt. Gehe für das, was dir wichtig ist, auch mal auf die Straße!

Über weitere Gründe, warum Demonstrationen wichtig sind, freue ich mich in den Kommentaren.

Wie Politiker Fragen (nicht) beantworten

fragenDie „Fragerunde“ bei der Rede von Wolfgang Schäuble, die ich vor kurzem besucht habe, war wieder ein Musterbeispiel dafür, wie Politiker es schaffen Fragen nicht zu beantworten. Ich habe sowas jetzt schon des öfteren erlebt und kann nur immer wieder mit dem Kopf schütteln.

Zunächst einmal werden die Fragen nicht direkt beantwortet, sondern es wird ersteinmal „gesammelt“, wie es so schön heißt. Das gibt dem Politiker Möglichkeit sich in aller Ruhe seine Antworten zurechtzulegen. Wenn mehrere Politiker im Spiel sind, gibt ihnen das auch eine prima Gelegenheit sich abzusprechen.

Bei Schäuble durften sage und schreibe drei (3!) Fragen gestellt werden. Für mehr war „leider“ keine Zeit. Als ob vorher niemand wusste wieviel Zeit insgesamt zur Verfügung steht… Nein, da wünsche ich mir zukünftig eine andere Planung: Die Kommunikation mit dem Bürger ist in meinen Augen das wichtigste an solchen Veranstaltungen. Leider nutzen die meisten Poliker es lediglich als Bühne um ihre eigenen, einzig wahren Wahrheiten zu verbreiten. An einer ernsthaften, konstruktiven Diskussion scheint kaum jemand interessiert zu sein.

Mich wundert es, dass Schäuble immerhin zu allen Fragen Stellung genommen hat. Oft werden nämlich solche Sammelaktionen auch genutzt um die ein oder andere Frage unauffällig zu „vergessen“. Gut, bei lediglich drei Stück ist das ziemlich schwierig.

Aber Stellung nehmen heißt nicht antworten. Beantwortet hat Herr Schäuble nämlich keine einzige der drei Fragen. Die erste Bezog sich auf die Vorratsdatenspeicherung. Sinngemäß ging es darum, wie die VDS angesichts der Unverhältnismäßigkeit und der pauschalen Verdächtigung aller Bürger zu verantworten sei. Überlegt ruhig selbst kurz, wie ihr an Schäubles Stelle antworten würdet. Ist ja doch etwas knifflig, ohne sich dabei selbst reinzureiten, oder? Keineswegs! Anstatt die Frage zu beantworten, erklärt Herr Schäuble einfach was die Vorratsdatenspeicherung überhaupt ist! Mit allem drum und dran: Was wie lange gespeichert wird und wer darauf Zugriff hat. Toll! Darauf muss man erstmal kommen!

Ähnlich war es beim Thema Online-Durchsuchung. Wobei der Fragesteller es Herrn Schäuble da sehr leicht gemacht hat, indem er sich selbst disqualifizierte. Da war eine Erklärung der Online-Durchsuchung durchaus angemessen…

Die dritte Frage hat Herr Schäuble einfach zu seinen Gunsten uminterpretiert. Das ist auch eine beliebte Taktik. Einfach die Leute bewusst missverstehen! Gefragt war, ob es nicht viel sinnvoller wäre soziale Ungleichheiten in der Welt zu beseitigen und so die Ursachen von Terrorismus zu bekämpfen, um Anschläge von vorneherein zu verhindern. „Aber natürlich, Prävention ist das wichtigste!“ war Schäubles Antwort.

Ende aus das wars. Schäuble hatte ja auch noch einen extrem wichtigen Termin und konnte unmöglich noch mehr Zeit mit „potentiellen Gefährdern“ verbringen.

Mein Appell an alle Politiker an dieser Stelle lautet: Hört auf die immer gleichen inhaltsarmen Monologe zu führen und tretet endlich in einen Dialog mit den Bürgern. Hört zu, nehmt Kritik ernst und setzt euch damit auseinander. Bezieht den Bürger in eure Veranstaltungen mit ein. Wenn ich nur zuhören möchte, kann ich auch den Fernseher einschalten.

Foto: flickr.com / -bast-