Irrtum der Woche: Hacken ist Politik mit anderen Mitteln

Leute, das ist echt nicht lustig: Irgendjemand hat die Website der sogenannten „Deutschen Kinderhilfe“ gehackt und dort Kritik an dieser Organisation und den geplanten Netzsperren angebracht.

Die Aktionen der „Deutschen Kinderhilfe“ und deren Verbindungen zu gewissen Interessensverbänden erscheinen in der Tat dubios, doch das rechtfertigt nicht eine gezielte Manipulation deren Website!

Das Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gilt auch für politische Gegner! Zudem helfen solche Aktionen im Kampf gegen die Sperren kein Stück weiter. Im Gegenteil: Sie liefern den Sperrbefürwortern weitere Argumente und bestätigen sie darin, dass die Sperr-Gegner sowieso alle kriminell seien. Ganz, ganz, großes Kino, bitte solchen Unsinn zukünftig unterlassen! Hacken ist kein legitimes Mittel Politik zu betreiben!

Datengier bei Reuffel

BuchhandlungLetzte Woche wollte ich ein Buch bei Reuffel bestellen. Das gestaltete sich als schwieriger als erwartet. Ich rief bei einer Filiale in meiner Nähe an und stellte mich namentlich vor. Das genügte der Dame am anderen Ende der Leitung aber nicht: Noch bevor ich überhaupt sagen konnte, welches Buch ich bestellen möchte, wurde ich nach meinem Wohnort gefragt.

Ich stutze kurz und glaubte dann sie meine vielleicht den Ort der Filiale, in der ich es abhole. Aber nein:

„Ich brauche ihren genauen Wohnort, bitte!“

Die Dame wurde bereits ungeduldig, so richtig unfreundlich aber erst, als ich ihr versuchte zu erklären, dass meine Adresse nicht benötigt wird. Schließlich wollte ich das Buch in der Filiale abholen und nicht nach Hause bestellen. Man entgegnete mir dann die übliche technische Ausrede:

„Der Comupter lässt das nicht zu! Ich muss hier was eintragen.“

Solche Ausreden muss ich mir wirklich oft anhören. Das schlimme ist: Die Systeme sind tatsächlich oft so datenschutzfeindlich modelliert! Natürlich hindert das nicht daran, einfach „n/a“ oder „asdf“ einzutragen. Davon wollte die gute Frau aber leider nichts wissen und legte einfach auf:

„Ich disktutiere nicht mit Ihnen! Das ist bei uns halt so.“

Zack weg war sie. Ich lass mich von sowas natürlich nicht unterkriegen und hab gleich nochmal angerufen. Außerdem hatte ich noch einen Gutschein von Reuffel der mal so langsam weg musste. Diesmal war eine freundlichere Frau am Telefon. Sie ließ sich aber auch nicht davon überzeugen, meine Bestellung auch ohne Adresse aufzunehmen. Wieder die gleiche „Computer-Ausrede“. Wenigstens stellte sie mich von sich aus zu einem gewissen „Dienstleiter“ durch.

Der nahm sofort meine Bestellung ohne unnötige Daten auf, noch ehe ich mich beschweren konnte. Natürlich hakte ich nochmal nach: Warum ist es so schwer ein Buch zu bestellen ohne persönliche Daten preiszugegeben? Das Bundesdatenschutzgesetz schreibt in § 3a ganz klar Datensparsamkeit vor:

Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungssystemen haben sich an dem Ziel auszurichten, keine oder so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. […]

Das schien ihn nicht zu interessieren:

Das ist halt bei uns so! Andere Kunden akzeptieren das auch. Wenn es Ihnen nicht passt, dann müssen sie zukünftig eben woanders bestellen.

Immerhin keine dummen Ausreden, sondern klare Worte. Eben solche werde ich wohl auch mal mit deren Datenschutzbeauftragten sprechen müssen. Dessen Durchwahl hab ich, aber bisher aus Zeitgründen noch nicht angerufen. Ich bleib am Ball.

An alle „anderen Kunden“ appelliere ich derweil: Haltet eure Daten fest. Gebt nicht einfach freiwillig Adressen und Telefonnummern raus – und erst recht keine Bankverbindungen. Hinterfragt den Grund, wenn jemand nach euren Daten greift! Wozu zum Beispiel braucht Reuffel meine Adresse in diesem Fall? Die Speicherung kostet Reuffel Geld! Abgesehen von den technischen Ressourcen die benötigt werden, kann der Angestellte, während er meine Adresse aufnimmt, schonmal keinen anderen Kunden mehr bedienen. Warum die Mühe?

Unsere Daten sind bares Geld wert. Und Geld gibt man ja auch nicht einfach freiwillig raus, oder? In diesem Sinne: Passt auf eure Daten auf.

Hinweis: Alle Zitate entstammen meinem Gedächtnisprotokoll und sind entsprechend ungenau.
Foto: safesurfer

Die Telekom ist nicht das Problem

Nun hat die Telekom also schon wieder einen Datenschutzskandal eingestehen müssen. Nachdem der Konzern in den vergangenen Monaten schon verdächtig oft eklatante Misstände im Umgang mit den Daten seiner Kunden und Mitarbeiter zu verzeichnen hatte, wurde am Wochenende bekannt, dass bereits im Jahr 2006 mehr als 17 Millionen Datensätze in die Hände von Kriminellen gefallen sind. Die betroffenen Menschen sind informationelles Freiwild.

Die Telekom entwickelt sich langsam zum Synonym für Datenschlamperei. Doch der Konzern ist ebensowenig Sinnbild des Datenmissbrauchs, wie Schäuble allein für den Überwachungsstaat steht. Das Problem ist tief in unserer Gesellschaft verwurzelt.

Die Datenpannen bei Einwohnermeldeämtern, der Überwachungsskandal bei Lidl und erst kürzlich die Panne bei der Gewerkschaft der Polizei: Die Datenmisshandlung hat bundesweites Ausmaß. Und wenn nicht hier, dann in Großbritannien, wo ja mittlerweile fast wöchentlich sensible Daten verloren gehen, oder sonst wo in der Welt.

Die massenhafte Verarbeitung personenbezogener Daten stellt in unserer Gesellschaft einen vergleichsweise jungen Teil der geschäftlichen Abläufe dar, und ist durch moderne Informationstechnologie erst möglich geworden. Die Systeme mit denen die Daten gespeichert und verarbeitet werden sind jedoch teilweise älter als das Bundesdatenschutzgesetz und wurden im Laufe der Jahre immer weiter aufgebläht. Das führt zwangsläufig zu Fehlern und somit Sicherheitslücken, insbesondere wenn dem Schutz persönlicher Daten bei der Entwicklung nur geringe Bedeutung geschenkt wird. Hinzu kommt das mangelnde Datenschutzbewusstsein von Administratoren, Entwicklern, Auftraggebern und Nutzern. Der pragmatische Ansatz wird oftmals bevorzugt: Mitarbeiter enthalten Zugriff auf Daten, die sie niemals sehen dürften, Daten werden ohne Nachdenken herausgegeben, Systeme nicht richtig abgesichert: Aus Faulheit, um Kosten zu sparen, aus Unwissenheit, oder weil das System per se keine Datenschutzgerechte Einstellung zulässt. Gleichzeitig gehen die Verbraucher immer freigebiger mit ihren Daten um und sind sich der Problematik selten bewusst. Die Liste an Fehlern die in unserer Gesellschaft im Umgang mit Daten gemacht werden lässt sich beliebig fortsetzen.

Dass Presse, Politik und Verbraucher nun alle mit dem Finger auf die böse Telekom zeigen ist berechtigt, aber ein Blick in den Spiegel und ein konsequentes Umdenken im Umgang mit eigenen und fremden Daten ist für unsere gesamte Gesellschaft ebenso dringend notwendig.