Datenraffgier im Alltag

datenflussDie Datenskandale überschlagen sich in letzter Zeit und zeigen auf, wie überfällig eine Modernisierung und konsequente Durchsetzung des Datenschutzrechts ist. Trotzdem ist die Problematik für viele Menschen nicht greifbar, weil sie im Alltag zunächst einmal nichts davon spüren.

Wir haben in Deutschland den sehr guten und wichtigen Grundsatz der Datensparsamkeit gesetzlich verankert. Dieser Grundsatz verpflichet die Anbieter nur soviele Daten zu sammeln, wie absolut notwendig sind um einen Dienst zu erbringen. Alles was darüber hinaus geht, muss vom Nutzer freiwillig herausgegeben werden. Ein Blick nach Übersee zeigt, was passiert, wenn man diesen Grundsatz fallen lässt und der Wirtschaft keine Grenzen beim Datensammeln setzt. Vor einigen Tagen wollte ich mich nämlich im Forum von jboss.com registrieren. Dort wurde ich mit einem Fragenkatalog konfrontiert, der es in sich hat. Dies sind die Pflicht(!)-Felder:

  • Benutzername
  • Passwort
  • Echte E-Mail Adresse
  • Vorname
  • Nachname
  • Firmenname
  • Funktion/Aufgabe
  • Titel
  • Firmen-Jahreseinkommen
  • Land
  • Telefonnummer
  • Straße
  • Stadt
  • Art der Firma
  • Firmengröße
  • Branche
  • Grund des Interesses

Dies sind nur die Felder, die zwingend notwendig sind um die Registrierung durchzuführen!

Ein starker Datenschutz nützt uns also auch im Alltag, obwohl wir es oftmals gar nicht direkt wahrnehmen. Leider geben noch immer viel zu viele Menschen ihre Daten freiwillig heraus. Dummerweise greifen die Datenschutzgesetze in Deutschland ab dieser Stelle nicht mehr wirksam, da sie nicht effektiv vor Datenmissbrauch abschrecken. Die Datenschutzbehörden haben weder genug Personal noch ausreichende Befugnisse. Meine Empfehlung für die Praxis: Was der Anbieter nicht braucht, bekommt er auch nicht. Wenn er trotzdem darauf besteht, kann man ruhigen Gewissens falsche Daten angeben.

Bild: wilhei55 / flickr.com

Datengier bei Reuffel

BuchhandlungLetzte Woche wollte ich ein Buch bei Reuffel bestellen. Das gestaltete sich als schwieriger als erwartet. Ich rief bei einer Filiale in meiner Nähe an und stellte mich namentlich vor. Das genügte der Dame am anderen Ende der Leitung aber nicht: Noch bevor ich überhaupt sagen konnte, welches Buch ich bestellen möchte, wurde ich nach meinem Wohnort gefragt.

Ich stutze kurz und glaubte dann sie meine vielleicht den Ort der Filiale, in der ich es abhole. Aber nein:

„Ich brauche ihren genauen Wohnort, bitte!“

Die Dame wurde bereits ungeduldig, so richtig unfreundlich aber erst, als ich ihr versuchte zu erklären, dass meine Adresse nicht benötigt wird. Schließlich wollte ich das Buch in der Filiale abholen und nicht nach Hause bestellen. Man entgegnete mir dann die übliche technische Ausrede:

„Der Comupter lässt das nicht zu! Ich muss hier was eintragen.“

Solche Ausreden muss ich mir wirklich oft anhören. Das schlimme ist: Die Systeme sind tatsächlich oft so datenschutzfeindlich modelliert! Natürlich hindert das nicht daran, einfach „n/a“ oder „asdf“ einzutragen. Davon wollte die gute Frau aber leider nichts wissen und legte einfach auf:

„Ich disktutiere nicht mit Ihnen! Das ist bei uns halt so.“

Zack weg war sie. Ich lass mich von sowas natürlich nicht unterkriegen und hab gleich nochmal angerufen. Außerdem hatte ich noch einen Gutschein von Reuffel der mal so langsam weg musste. Diesmal war eine freundlichere Frau am Telefon. Sie ließ sich aber auch nicht davon überzeugen, meine Bestellung auch ohne Adresse aufzunehmen. Wieder die gleiche „Computer-Ausrede“. Wenigstens stellte sie mich von sich aus zu einem gewissen „Dienstleiter“ durch.

Der nahm sofort meine Bestellung ohne unnötige Daten auf, noch ehe ich mich beschweren konnte. Natürlich hakte ich nochmal nach: Warum ist es so schwer ein Buch zu bestellen ohne persönliche Daten preiszugegeben? Das Bundesdatenschutzgesetz schreibt in § 3a ganz klar Datensparsamkeit vor:

Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungssystemen haben sich an dem Ziel auszurichten, keine oder so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. […]

Das schien ihn nicht zu interessieren:

Das ist halt bei uns so! Andere Kunden akzeptieren das auch. Wenn es Ihnen nicht passt, dann müssen sie zukünftig eben woanders bestellen.

Immerhin keine dummen Ausreden, sondern klare Worte. Eben solche werde ich wohl auch mal mit deren Datenschutzbeauftragten sprechen müssen. Dessen Durchwahl hab ich, aber bisher aus Zeitgründen noch nicht angerufen. Ich bleib am Ball.

An alle „anderen Kunden“ appelliere ich derweil: Haltet eure Daten fest. Gebt nicht einfach freiwillig Adressen und Telefonnummern raus – und erst recht keine Bankverbindungen. Hinterfragt den Grund, wenn jemand nach euren Daten greift! Wozu zum Beispiel braucht Reuffel meine Adresse in diesem Fall? Die Speicherung kostet Reuffel Geld! Abgesehen von den technischen Ressourcen die benötigt werden, kann der Angestellte, während er meine Adresse aufnimmt, schonmal keinen anderen Kunden mehr bedienen. Warum die Mühe?

Unsere Daten sind bares Geld wert. Und Geld gibt man ja auch nicht einfach freiwillig raus, oder? In diesem Sinne: Passt auf eure Daten auf.

Hinweis: Alle Zitate entstammen meinem Gedächtnisprotokoll und sind entsprechend ungenau.
Foto: safesurfer