Zunächst titelte es Golem, gestern auch Heise: Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) sei entschärft, umstrittene Punkte wie Netzsperren und Zwangskennzeichnung von Inhalten werden angeblich nicht enthalten sein. Zu meiner Schande habe ich über den JMStV bisher noch gar nicht gebloggt. Der AK Zensur hat aber die Kritik an dem Vertragsentwurf in einer Stellungnahme sehr gut auf den Punkt gebracht.
Und nun ist wieder alles vom Tisch? Alles halb so wild? Doch nur ein großes Missverständnis? Nein, von Entwarnung kann keine Rede sein. Anzeichen dafür, dass die von Bürgerrechtlern geforderten Nachbesserungen tatsächlich in den Vertragsentwurf eingeflossen sind gibt es keine. Es handelt sich meiner Meinung nach um typische Beschwichtigungsversuche der verantwortlichen Politiker um den öffentlichen Druck zu senken. Der aktuelle Vertragsentwurf wird derzeit noch von der Staatskanzlei unter Verschluss gehalten! Welchen Glauben soll man unter diesen Umständen bitte den Beschwichtigungsversuchen schenken? Wer es ernst meint, legt die Fakten auf den Tisch!
[Update: Von Entwarnung kann definitiv keine Rede sein: Carta liegt offenbar ein Vertragsentwurf vom 12. Februar vor. Die Provider werden wohl tatsächlich aus der Pflicht genommen, aber es gebe weiterhin unzählige kritische Punkte. Carta will laut eigenen Angaben den Entwurf „so schnell wie möglich“ veröffentlichen. Woran es dabei noch klemmt, weiß ich leider nicht.]
Am Mittwoch, 24.02.2010, wird sich die Rundfunkkommission der Länder erneut zur Beratung über den Vertragsentwurf hinter verschlossenen Türen treffen. Es ist wichtig, deutlich zu machen, dass wir dieses Vorgehen nicht dulden und die irrsinnigen Netzregulierungen ablehnen. Die Piratenpartei organisiert deshalb am 23. und 24. Februar Mahnwachen in mehreren Städten. In Hessen wird am Dienstag, 23.02 von 14-19 Uhr vor der Staatskanzlei in Wiesbaden demonstriert (Georg-August-Zinn Straße 1). In Mainz findet die Mahnwache am Mittwoch, 24.02 um die gleiche Uhrzeit auf dem Gutenbergplatz statt (Die Staatskanzlei befindet sich leider in der Bannmeile). [Update: Mittlerweile wurde der offizielle Aufruf der Piratenpartei Rheinland-Pfalz veröffentlicht. Kommt vorbei und demonstriert mit uns!]
Es ist wichtig vor den Verhandlungen noch einmal öffentlich Druck zu machen und auch die Medien auf die Problematik aufmerksam zu machen. Selbst wenn der JMStV tatsächlich entschärft wird, ist das Problem damit noch nicht vom Tisch. Denn die Zensur- und Filterbestrebungen sind Teil der aktuellen politischen Denkrichtung. Was mit Zensursula begann nimmt nun im JMStV seinen Fortgang und wird damit noch nicht abgeschlossen sein. Der Kontroll- und Regulierungswahn sitzt fest im Denkschema etablierter Politiker und einflussreicher Lobbyisten. Die kritischen Forderungen im JMStV sind nur ein Symptom, die tatsächlichen Probleme sind viel tiefer in der aktuellen Politik verankert. Darauf müssen wir aufmerksam machen – immer und immer wieder.