Vollerfassung

1983 war der Widerstand groß, als die komplette Republik bei der sogenannten Volkszählung zur Preisgabe sehr persönlicher Daten an den Staat gezwungen wurde. Die Protestbewegung mündete im berühmten Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts und begründete das Grundrecht auf Informationelle Selbstbestimmung.

Heute ist es vergleichsweise ruhig, und das obwohl nächstes Jahr die erste europaweite Volkszählung stattfindet und die Kritik von damals alles andere als überholt ist. Kaum jemand scheint über die Vollerfassung der Bürger informiert zu sein. Selbst ich habe dem Thema in der letzten Zeit viel weniger Beachtung geschenkt, als nötig wäre. Es ist also höchste Zeit, wenigestens mal darüber zu bloggen.

Die wesentlichen Infos sind zum Glück schon an anderer Stelle zusammengefasst, sodass ich nur darauf verweisen muss. Größter Kritikpunkt ist die massenhafte Zusammenführung und Zweckentfremdung von Daten. Die Datensammlungen der Meldeämter und der Argentur für Arbeit werden vereinigt und unter einer verfassungswidrigen Personenkennziffer gespeichert.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat eine lesenswerte FAQ online gestellt. Kritische Hintergrundinformationen bietet die Kampagnenseite des AK Vorrat. Auch die ausführliche Stellungnahme der Piratenpartei Trier ist einen Blick wert.

Es ist wichtig, dass wir an dem Thema dran bleiben! Im Gegensatz zu diversen Säuen die immer mal wieder gerne durchs Dorf getrieben werden, ist die Vollerfassung der Bevölkerung ein real existierendes Problem auf das wir gerade volle Kanne zusteuern. Informiert euch, bloggt, sprecht Bekannte darauf an, kommt zur Demo am 11.09.

http://www.bfdi.bund.de/cln_136/DE/Schwerpunkte/Volkszaehlung/Artikel/FAQ/_functions/FAQ_table.html

Datengier bei Reuffel

BuchhandlungLetzte Woche wollte ich ein Buch bei Reuffel bestellen. Das gestaltete sich als schwieriger als erwartet. Ich rief bei einer Filiale in meiner Nähe an und stellte mich namentlich vor. Das genügte der Dame am anderen Ende der Leitung aber nicht: Noch bevor ich überhaupt sagen konnte, welches Buch ich bestellen möchte, wurde ich nach meinem Wohnort gefragt.

Ich stutze kurz und glaubte dann sie meine vielleicht den Ort der Filiale, in der ich es abhole. Aber nein:

„Ich brauche ihren genauen Wohnort, bitte!“

Die Dame wurde bereits ungeduldig, so richtig unfreundlich aber erst, als ich ihr versuchte zu erklären, dass meine Adresse nicht benötigt wird. Schließlich wollte ich das Buch in der Filiale abholen und nicht nach Hause bestellen. Man entgegnete mir dann die übliche technische Ausrede:

„Der Comupter lässt das nicht zu! Ich muss hier was eintragen.“

Solche Ausreden muss ich mir wirklich oft anhören. Das schlimme ist: Die Systeme sind tatsächlich oft so datenschutzfeindlich modelliert! Natürlich hindert das nicht daran, einfach „n/a“ oder „asdf“ einzutragen. Davon wollte die gute Frau aber leider nichts wissen und legte einfach auf:

„Ich disktutiere nicht mit Ihnen! Das ist bei uns halt so.“

Zack weg war sie. Ich lass mich von sowas natürlich nicht unterkriegen und hab gleich nochmal angerufen. Außerdem hatte ich noch einen Gutschein von Reuffel der mal so langsam weg musste. Diesmal war eine freundlichere Frau am Telefon. Sie ließ sich aber auch nicht davon überzeugen, meine Bestellung auch ohne Adresse aufzunehmen. Wieder die gleiche „Computer-Ausrede“. Wenigstens stellte sie mich von sich aus zu einem gewissen „Dienstleiter“ durch.

Der nahm sofort meine Bestellung ohne unnötige Daten auf, noch ehe ich mich beschweren konnte. Natürlich hakte ich nochmal nach: Warum ist es so schwer ein Buch zu bestellen ohne persönliche Daten preiszugegeben? Das Bundesdatenschutzgesetz schreibt in § 3a ganz klar Datensparsamkeit vor:

Gestaltung und Auswahl von Datenverarbeitungssystemen haben sich an dem Ziel auszurichten, keine oder so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen. […]

Das schien ihn nicht zu interessieren:

Das ist halt bei uns so! Andere Kunden akzeptieren das auch. Wenn es Ihnen nicht passt, dann müssen sie zukünftig eben woanders bestellen.

Immerhin keine dummen Ausreden, sondern klare Worte. Eben solche werde ich wohl auch mal mit deren Datenschutzbeauftragten sprechen müssen. Dessen Durchwahl hab ich, aber bisher aus Zeitgründen noch nicht angerufen. Ich bleib am Ball.

An alle „anderen Kunden“ appelliere ich derweil: Haltet eure Daten fest. Gebt nicht einfach freiwillig Adressen und Telefonnummern raus – und erst recht keine Bankverbindungen. Hinterfragt den Grund, wenn jemand nach euren Daten greift! Wozu zum Beispiel braucht Reuffel meine Adresse in diesem Fall? Die Speicherung kostet Reuffel Geld! Abgesehen von den technischen Ressourcen die benötigt werden, kann der Angestellte, während er meine Adresse aufnimmt, schonmal keinen anderen Kunden mehr bedienen. Warum die Mühe?

Unsere Daten sind bares Geld wert. Und Geld gibt man ja auch nicht einfach freiwillig raus, oder? In diesem Sinne: Passt auf eure Daten auf.

Hinweis: Alle Zitate entstammen meinem Gedächtnisprotokoll und sind entsprechend ungenau.
Foto: safesurfer