Wenn aus Datenbanken „Drucksachen“ werden

Beim Bund gibt es Datenbanken, in denen die Transporte von Kernbrennstoffen und Atommüll erfasst sind. Die Daten liegen unter anderem beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) und beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

Auf eine Kleine Anfrage der Grünen hin, hat die Bundesregierung diese Datenbestände veröffentlicht – leider nicht gemäß der Open-Data-Prinzipien, sondern als ein mehr als 1000-seitiges PDF-Dokument.

Egal wie man zu Atomkraft und Atomtransporten steht: Die genauere Auswertung dieser Daten und die Verknüpfung mit anderen Quellen wäre definitiv interessant. Leider ist das mit PDF-Dokumenten nur schwer möglich, abgesehen davon dass mir als IT-ler ein kalter Schauer über den Rücken läuft, wenn jemand Datenbanktabellen in ein PDF-Dokument exportiert.

Mir wirft das ganze folgende Fragen auf:

  • Warum wurden keine Rohdaten veröffentlicht bzw. kann die Regierung dazu bewogen werden auch die Rohdaten (und seien es nur Excel-Tabellen) zur Verfügung zu stellen?
  • Arbeitet bereits jemand an der Überführung der Daten in ein maschinenlesbares Format?
  • Was haben die Grünen jetzt eigentlich mit den Daten vor? Alles manuell auswerten? Oder gibt es dort Bestrebungen ebenfalls an maschinenlesbare Daten heran zu kommen?
  • Wäre es zielführend, per Petition zu fordern, dass tabellarische Antworten stets auch nach Open-Data-Kriterien veröffentlicht werden?

Ich werde diesen Fragen in den kommenden Wochen nachgehen. Wer ebenfalls an dem Thema arbeitet oder mitarbeiten möchte, möge sich bei mir melden.

Menschenrechte? Sobald das finanziell möglich ist!

Was ich hier lesen muss, verschlägt mir ja schon wieder fast die Sprache:

Die Bundesregierung betrachtet das Menschenrecht auf den Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitärversorgung (MRWS) als ein ”progressives Recht“, dessen praktische Umsetzung ”nur sukzessive und entsprechend der jeweiligen finanziellen und logistischen Leistungsfähigkeiten der einzelnen Staaten“ erfolgen könne.

Äh, ja genau. Schließlich wissen wir alle, dass sauberes Trinkwasser kein Naturzustand ist, sondern in aufwändigen industriellen Prozessen von Großkonzernen hergestellt wird. Das kann sich natürlich nicht jeder Staat auf Anhieb leisten. Das braucht seine Zeit. Schon klar.

Demnächst müssen wir dann sicher auch noch sowas lesen:

Die Bundesregierung betrachtet das Menschenrecht auf Meinungsfreiheit als ein ”progressives Recht“, dessen praktische Umsetzung ”nur sukzessive und entsprechend der jeweiligen sicherheitstechnischen und organisatorischen Leistungsfähigkeiten der einzelnen Staaten“ erfolgen könne.

Irrtum der Woche: Online-Durchsuchung nur gegen Terroristen

Der Bundestrojaner

Es war das wohl meist geäußerte Argument bei der Diskussion um den „Bundestrojaner“: Eine heimliche Online-Durchsuchung würde ja nur gegen Terroristen eingesetzt. Es ginge schließlich darum, Anschläge zu verhindern und so Leben von unschuldigen Bürgern zu retten.

Dass dieses Argument nur der Beschwichtung dient, haben viele Kritiker schon von Anfang an befürchtet. Nun gesteht Wolfgang Bosbach (CDU) gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung ein, dass die Bundesregierung den Zugriff auf die Computer der Bürger auch zur Strafverfolgung erlauben möchte:

Ein Entwurf der Bundesjustizministerin zur Änderung der Strafprozessordnung liegt bereits vor. Bei gutem Willen aller Beteiligten lassen sich die neuen Vorschriften in den nächsten Wochen abschließend beraten und beschließen.

Der massive Grundrechsteingriff, den eine solche Maßnahme mitbringt, soll also nun auch im Nachhinein möglich sein – wenn die Tat schon passiert ist. Leben werden damit nicht mehr gerettet, und von Terroristen spricht plötzlich auch niemand mehr. Es geht um Strafverfolgung, und das ist höchst problematisch. Denn unter Verdacht geraten auch die, die unschuldig sind und nichts zu verbergen haben. Aber gegen einen heimlichen Eingriff kann sich niemand wehren.

Ich bezweilfe stark, dass die Pläne der Regierung den strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung tragen. Aber das ist ja nichts neues. Auch dass die SPD zunächst zurückrudert, ist keine neue Erscheinung, sondern gehört offenbar in das taktische Kalkül dieser Partei.

Foto: maha-online / flickr.com (Lizenz: cc-by-sa)

Irrtum der Woche: Das Medium ist verantwortlich für die Inhalte

Kennt ihr eigentlich die Geschichte von König Kunibert? Kunibert war ein sehr dummer König. Als ein Bote von einer entscheidenen Schlacht zurückkehrte und berichtete, dass sein Heer vom Feind blutig niedergeschlagen wurde, da ließ der König den Boten hinrichten. Jedes Kind versteht, dass der Bote doch für die schlechte Nachricht gar nichts kann, sondern nur seinen Dienst verrichtet.

Bei vielen Politikern scheint jedoch das Hirn auszusetzen, wenn es um digitale Dienste geht: Die Bundesregierung postulierte diese Woche, dass das „Web 2.0“ hohe Bedeutung für islamistische Propaganda habe. Ob dies für sich genommen schon ein Irrtum ist, kann ich nicht beurteilen. Ich bin aber bisher auf noch keine islamistische Propaganda in Social Networks gestoßen.

Die Regierung impliziert jedoch mit dieser Aussage, dass die „Web 2.0“-Dienste selbst das Problem sind – nicht etwa die darüber kommunizierten Inhalte. Wie der Bote, erbringen die Dienste nur ihren Dienst (deswegen heißen die auch so 😉 ) Diese Dienste können rein gar nichts dafür, wenn sie auch für unwillkommene Inhalte verwendet werden. Es ist eine völlig krude Vorstellung, diese nun deswegen zu verteufeln.

Bundesregierung plant Datenschutzsiegel

Die Bundesregierung plant in einem aktuellen Gesetzesentwurf ein „Datenschutzsiegel“ einzuführen. Laut Vorstellung der Regierung wird den Unternehmen damit ein wirtschaftlilcher Anreiz geboten, um die gesetzlichen Datenschutzbestimmungen noch zu übertreffen.

Klingt nach einer prima Sache – doch Moment! Wollen wir den Kuchen nicht erstmal backen, bevor wir ihn dekorieren? Denn das größte Problem im Bereich Datenschutz ist es doch derzeit, dass selbst die gesetzlich vorgeschrieben Regeln nicht eingehalten werden. Lidl, Telekom, Bahn – die Liste wird immer Länger und die Skandale immer unglaublicher. Derzeit sind die wirtschaftlichen Vorteile durch einen Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz deutlich größer, als sie irgendein Siegel bieten kann. Oder warum sonst, hat noch nicht jeder Konzern zur Gewinnmaximierung ein Zertifikat vom ULD? Die bieten das nämlich schon längst an.

Ein offizielles Datenschutzsiegel ist ein netter Bonus, wenn die gesetzlichen Vorschriften endlich Wirkung zeigen. Dazu braucht es starke, und vor allem unabhängige Datenschutzbeauftragte. Die Datenschutzbehörden müssen personell aufgestockt werden um regelmäßig unangekündigte Kontrollen durchzuführen. Bitte fange vorne an, liebe Bundesregierung!