Keine Angst vor bärtigen Männern!

Am Samstag ist es mal wieder Zeit auf die Straße zu gehen! Lasst uns gegen die von Politik und Medien geschürte Terrorhysterie protestieren! Als Weihnachtsmänner verkleidet, wollen wir zeigen, dass man vor bärtigen Männern mit seltsamen Gepäckstücken keine Angst zu haben braucht.

Wir demonstrieren unter anderem gegen

  • Überwachungswahn und fehlgeleitete Sicherheitspolitik
  • aufgerüstete Polizisten
  • anlasslose Gepäck- und Personenkontrollen
  • Aufrufe zur Denunziation
  • Polemik / Angstmache in den Medien

und für

  • eine besonnene und effektive Sicherheitspolitik
  • Achtung der Bürgerrechte
  • Rückbesinnung auf unsere demokratischen Grundwerte

Bis jetzt sind fünf Städte bei der bundesweiten Aktion mit dabei. In Koblenz treffen wir uns um 13:30 am Bahnhofsvorplatz, marschieren gegen 14:30/15:00 Uhr die Löhrstraße hoch vor die Herz-Jesu-Kirche und kommen dort zum Abschluss. Durch die Fußgängerzone dürfen wir leider nicht, aber jedem steht es natürlich frei, anschließend noch den Weihnachtsmarkt zu besuchen 😉

Bitte kommt nach Möglichkeit als Weihnachtsmann verkleidet. Bärte sind laut Ordnungsamt ausdrücklich OK, lediglich Weihnachtsmann-Gesichtsmasken verstoßen gegen das Vermummungsverbot.

Mit Freude, Freiheit und Demokratie gegen Terror!
Keine Angst vor Männern mit Bärten
Koblenz, Bahnhofsvorplatz
Samstag, 04.12, 13:30 Uhr

Weitere Demos dieser Art finden in Düsseldorf, Frankfurt a.M., Hamburg und München statt. Nähere Infos zur Demo-Aktion gibt es hier: http://www.weihnachtstattangst.de/

Bitte verbreitet die Info!

POG schränkt Zeugnisverweigerungsrecht ein

Mittlerweile habe ich die Zeit gefunden mich ein wenig näher mit der Novelle des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) von Rheinland-Pfalz auseinanderzusetzen. Auch auf dem letzten Treffen des AK Vorrat Koblenz haben wir uns mit einigen kritischen Punkten befasst. Da es wohl etwas viel für einen einzigen Blogeintrag wird, werde ich hier nach und nach bedenkliche Stellen ansprechen und zur Diskussion stellen. Hier sind nochmal die Links zum Gesetzesentwurf inklusive Begründung und zum Diff.

Die Gesetzesnovelle ändert unter anderem den §9a „Befragung und Auskunftspflicht“. Dieser lautet derzeit wie folgt:

Unter den in den §§ 52 bis 55 der Strafprozessordnung genannten Voraussetzungen ist die betroffene Person zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. Die betroffene Person ist über ihr Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.

Dieses Zeugnisverweigerungsrecht wird durch die Novelle deutlich eingeschränkt (Hervorhebung von mir):

Unter den in den §§ 52 bis 55 der Strafprozessordnung genannten Voraussetzungen ist die betroffene Person zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. Dies gilt nicht, soweit die Auskunft zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person unerlässlich ist. Eine in § 53 Abs. 1 oder § 53 a Abs. 1 der Strafprozessordnung genannte Person ist auch in den Fällen des Satzes 2 zur Verweigerung der Auskunft berechtigt. Die betroffene Person ist über ihr Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren. Auskünfte, die gemäß Satz 2 erlangt wurden, dürfen nur für den dort bezeichneten Zweck verwendet werden.

Das betrifft unter anderem die Verweigerung des Zeugnisses durch Verlobte, Ehegatten und Verwandte. Geistliche, Strafverteidiger, Abgeordnete und die anderen in §53 Abs. 1 genannten Berufsgruppen sowie deren Gehilfen (§ 53a Abs. 1) können weiterhin die Auskunft verweigern. Auch der Beschuldigte darf weiterhin die Aussage verweigern.

Völlig unklar bleibt, wann eine „Auskunft zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person unerlässlich ist“ und wer dies entscheidet. Zudem bedarf eine Einschränkung von Rechten immer einer fundierten Begründung. Neugierig warf ich also einen Blick in die Gesetzesbegründung, wo es flappsig heißt (Hervorhebungen von mir):

Das bisherige Recht zur Auskunftsverweigerung wird zu Zwecken der Gefahrenabwehr eingeschränkt. […] Der neu eingefügte Satz 2 schränkt das bestehende Recht zur Auskunftsverweigerung ein, sofern die geforderte Auskunft zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person unerlässlich ist. Eine Güterabwägung macht es in diesen Fällen erforderlich, dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse des Einzelnen auf Auskunftsverweigerung einzuräumen. Diese Einschränkung der Auskunftsverweigerungsrechte ist auch im Vergleich zum umfassenden Schutz nach der Strafprozessordnung gemäß den §§ 52 bis 55 StPO gerechtfertigt, da das Gefahrenabwehrrecht dazu dient, Gefahren abzuwehren. Damit soll der Eintritt des Schadens verhindert werden. […]

Darüber hinaus wird lediglich begründet, warum Geistliche, Abgeordnete etc. weiterhin geschützt werden, aber nicht warum dieser Schutz für andere eingeschränkt wird. Es wird einfach eine Notwendigkeit zur „Gefahrenabwehr“ postuliert und auch noch behauptet, dass diese Vorrang vor dem Recht auf Auskunftsverweigerung habe. Es werden wichtige rechtsstaatliche Standards ausgehebelt, ohne dass es auch nur ein fundiertes wissenschaftliches Argument für diese Einschränkung gibt.

Weiterhin bleibt unklar, was bei einer Verweigerung der Auskunft passiert. Folter? Beugehaft?

Da ich selbst kein Jurist bin, würde ich mich über die Einschätzung eines solchen sehr freuen! Als Bürgerrechtler und interessierter Bürger bin ich schockiert über diese aus meiner Sicht unbegründete Änderung am POG.

Ein gefährlicher Rhetoriker

Audimax der Uni Karlsruhe während Schäubles RedeWie versprochen gibt es jetzt hier noch einen kleinen Überblick über Schäubles Rede an der Uni Karlsruhe. Wirklich viel Neues hatte er nicht zu bieten: Nur die üblichen Scheinargumente, Verharmlosung und Verdrehung von Tatsachen, ausgeschmückt und aufgelockert durch Anekdoten und kleine Witzeleien. Dabei entsteht eine gefährliche Mischung, die ihn selbst für Kritiker zeitweilig sympathisch erscheinen lässt.

Ich gehe hier nicht auf alle seine falschen Thesen und Behauptungen im Detail ein. Das wurde und wird schon an anderen Stellen im Netz zu genüge getan. Sollte es dennoch zu dem ein oder anderen Punkt Diskussionsbedarf geben, äußert das bitte in den Kommentaren. Ich werde gerne darauf antworten.

Die Globalisierung

Alle Teile der Welt sind von der Globalisierung betroffen – dies bringe neue Anforderungen an die Sicherheit, sagt Schäuble. So weit so unkonkret. Konkreter: Es stimme, dass Deutschland auch am Hindukusch verteidigt würde. Darauf folgten laute „Pfui!“ Rufe aus dem Publikum. Interessant ist wie Schäuble darauf reagierte:

„Ich versuche es zu erklären“

Ein geübter Rhetoriker lässt sich von sowas nicht aus dem Konzept bringen. Es blieb aber tatsächlich bei einem Erklärungsversuch, viel Inhalt konnte ich seinem Gerede über deutsche und europäische Interessen nicht abgewinnen.

Die Diktatoren und das Internet

Interessant fand ich Schäubles These, Diktatoren könnten sich dank des Internets nicht mehr abschotten. Da gebe ich ihm Recht! Das Netz ist die Chance überhaupt, für eine weltweite Demokratisierung und globalen, freien Meinungsaustausch. Doch warum um Himmels Willen, versucht man dann das Netz immer stärker zu kontrollieren und zu überwachen? Schäuble postulierte, der „Regulierungsbedarf“ für das Internet werde größer. Da erscheint es mir eher so, dass es ihm ein Dorn im Auge ist, dass man sich als Diktator nicht mehr abschotten kann…

Die diffamierende Datenschutzdebatte

Der Binnenmarkt lag Schäuble sehr am Herzen: Die Öffnung nach innen erfordere aber eine stärkere Kontrolle nach außen. Es sei ärgerlich, dass die dazu geforderten „Sicherheitssysteme“ in Datenschutzdebatten immer wieder diffamiert würden. Er zeigte sich auch verständnislos, dass wir in Deutschland „immer alles gleich verfassungsrechtlich“ diskutieren.

Herr Schäuble, wenn die Gesetze der Regierung nicht ständig bis an die Grenze unserer Verfassung und darüber hinaus gingen, dann müssten wir auch nicht ständig „verfassungsrechtlich diskutieren“. Öffentliche Debatten sind im Übrigen ein Fundament unserer Demokratie. Deren Notwendigkeit in Frage zu stellen, zeugt davon wie wenig unser Innenminister davon wissen will.

Verfassungswidrig: Das sind die anderen

Doch Herr Schäuble versteht es, sich rhetorisch in ein gutes Licht zu rücken. Das Luftsicherheitsgesetz zum Beispiel, hätte ja die frühere rot-grüne Regierung zu verantworten. Er hätte ja gleich gesagt, das sei verfassungswidrig!

Das Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalens führte erstmals in Deutschland Online-Durchsuchungen ein. Es sei laut Schäuble nur deshalb vom Bundesverfassungsgericht gestoppt worden, weil es „schlampig verarbeitet“ gewesen sei. Das BKA-Gesetz mache natürlich alles besser und sei verfassungsrechtlich absolut sauber. Schließlich habe der Gesetzgeber schon 2006 die „Abwehr einer grenzüberschreitenden Gefahr“ in die Hände des Bundes gelegt. Die Kritiker hätten diesen Punkt zunächst übersehen und sich dann in „Betroffenheitserklärungen“ verflüchtigt, als „sie ihren Irrtum erkannt“ haben. Plötzlich behauptete Schäuble auch, dass „alles natürlich nur mit Richter“ möglich sei, ungeachtet dessen, dass dies zunächst in der Eilfallregelung des BKA-Gesetzes nicht vorgesehen war.

Verbrecher: Das sind die anderen

Der Staat sei auch gar nicht die eigentliche Gefahr für das Grundgesetz: Nein, vielmehr sei das die Wirtschaft! Er müsse sich ja vorsichtig ausdrücken, aber die Bahn zum Beispiel verstieße vermutlich gegen geltendes Recht.

Schlechte Menschen gebe es immer und überall, daher könne er auch nicht ausschließen, dass ein Polizist illegal von Online-Durchsuchungen Gebrauch macht. Das sei dann aber ein Gesetzesverstoß, der verfolgt wird wie jeder andere auch.

Der Mythos der Alternativlosigkeit

Der berüchtigte „Mythos der Alternativlosigkeit“ war natürlich auch in Schäubles Rede mit dabei. Schäuble macht ihn sich zu nutze, um seine Politik als die einzig richtige darzustellen.

Weder die Generalprävention, noch die Kriminalprävention könnten einen Selbstmordattentäter von seiner Tat abhalten, behauptet Schäuble. Die einzige (!) Chance sei es daher „von Straftaten zu erfahren, bevor sie verwirklicht werden“. Eine nähere Erklärung folgte nicht. Dieses Postulat blieb so im Raum stehen.

Dr. Schäuble erzählt Geschichten

Schäuble versteht es, seine Rede durch kurze Geschichten und lustige Bemerkungen aufzulockern. Er schafft es damit den unkritischen Zuhörer und selbst unvorbereitete Kritiker auf seine Seite zu ziehen oder zumindest Sympathie zu erzeugen. Deshalb halte ich diese gezielt und bewusst platzierten Elemente seiner Rede für noch gefährlicher als jede falsche oder verharmlosende Behauptung.

Er könne ja schließlich nicht Schlauchboote in den Kampf gegen Piraten schicken. Und die Polizei könne auch nichts gegen einen Bombenangriff aus der Luft unternehmen, genausowenig wie die DLRG.

Solche Bemerkungen rufen beim Zuhörer mindestens ein Lächeln hervor, vielleicht sogar Zustimmung, obwohl der Vergleich völlig an der Realität und der Sache vorbei geht. Der Trick ist der, beim Zuhörer Sympathie zu erzeugen. Mit nichts geht dies leichter, als mit einem lockeren Witz. Die Sachlichkeit fällt dabei zunächst unter den Tisch, während der Zuhörer aufgeschlossener und unkritischer gegenüber dem Redner wird. Schäuble weiß das und macht es sich zu nutze. Das macht ihn so gefährlich.

Fragerunde

Die „Fragerunde“ war ein Witz. Darauf werde ich in einem separaten Artikel eingehen.

Weiterführende Links

Verfassungsanspruch und Verfassungsbruch

Stasi 2.0Unser geliebter Minister für Staatssicherheit und Verfassungsbruch, Dr. Wolfgang Schäuble, wird am Donnerstag in Karlsruhe zu uns sprechen. Das Thema: „60 Jahre Grundgesetz: Verfassungsanspruch und Wirklichkeit“

Ich kann den Titel so oft lesen wie ich will, ich lese immer „Verfassungsbruch“, statt „Verfassungsanspruch“. Woran liegt das?

Hier die genauen, vom Ministerium für Wahrheit verifizierten Daten:

Universität Karlsruhe
Audimax, Geb. 30.98, Straße am Forum 1.
Beginn: 17h00
Einlass: 16h30

Beschreibung: (Vorsicht Neusprech!)

Seit dem Inkrafttreten des Grundgesetzes hat sich unsere Gesellschaft in vielen Lebensbereichen verändert: Die Auswirkungen der Globalisierung z.B. auf die Wirtschaft, Sozialsysteme und die weltweite Migration stellen auch die Sicherheitspolitik vor neue Herausforderungen. Die Abschaffung europäischer Binnengrenzen erfordert einen staatsübergreifenden Informationsaustausch, damit der Zugewinn an Freiheit nicht in den Verlust an Sicherheit mündet. Neue Formen der Kriegsführung sowie neue Waffentechnologien sind weitere Herausforderungen an die Sicherheitspolitik, die nicht innerhalb einer Landesgrenze gelöst werden können. Bei Streitfragen wie dem Luftsicherheitsgesetz geht es nicht mehr um âEUR?innen oder außenâEURoe, sondern um die Qualität der Bedrohung, so Minister Schäuble. Welche Rechtsinstrumente sollte die Polizei bei der Strafverfolgung angesichts technologischer Weiterentwicklung haben? Wie wird gleichzeitig die Notwendigkeit von Datenschutz gewährleistet?

Und natürlich gibt es auch eine Extraportion „Sicherheit“:

Aus Sicherheitsgründen müssen Mäntel, Jacken, große Taschen und Rucksäcke an der Garderobe abgegeben werden. Die Garderobe ist während der gesamten Veranstaltung beaufsichtigt. Auch Getränke und Essen dürfen nicht in den Vortragssaal mitgeführt werden. Für diese Sicherheitsmaßnahmen bitten wir um Verständnis.