Kandidatenwatch: Untergrabung von Filtersystemen

Kandidatenwatch.de ist eine Plattform, die es den Wählern und allen Interessierten ermöglicht, vor der Wahl Fragen an die Kandidaten zu richten.

Als Listenkandidat der Piratenpartei bin auch ich dabei. Bitte nutzt die Gelegenheit, mir und den anderen Kandidaten der Piratenpartei Fragen zu stellen. Es schadet auch nichts den Internetausdruckern die ein oder andere kritische Frage zu Netzpolitik, Datenschutz und Bürgerrechten zu stellen.

Ich werde die mir gestellten Fragen und meine Antworten auch hier veröffentlichen. Die erste gibt es schon, es geht um die Untergrabung von Filtersystemen:

Ihr Parteiprogramm, Inhaltsfilterung:
„Initiativen âEUR“ politischer wie technischer Natur âEUR“ zur Untergrabung von Filtersystemen sind im Rahmen außenpolitischer Möglichkeiten zu unterstützen.“

Wie gedenken Sie vorgenannte Initiven zu unterstützen, respektive zuerst einmal zu initiieren?
Wo liegt Ihre Akzeptanzschwelle zu „Initiativen âEUR“ politischer wie technischer Natur“?

Der zitierte Abschnitt aus dem Parteiprogramm bezieht sich auf ausländische Filtersysteme, wie zum Beispiel in China. Es reicht nicht, dass Demokratien lediglich mit dem mahnenden Zeigefinger auf Staaten zeigen, die das Internet filtern und zensieren. Den Menschen die unter der Unterdrückung ihrer Meinungs- und Kommunikationsfreiheit leiden, muss aktiv geholfen werden. Ein freier Informationsaustausch mit Freunden und Bekannten anderer Staaten liegt auch im Interesse der europäischen Bevölkerung. Eine Behinderung dieser Kommunikation dürfen wir nicht akzeptieren. Auf keinen Fall dürfen europäische Unternehmen die Zensurbestrebungen totalitärer Staaten unterstützen!

Unser Parteiprogramm unterscheidet zwischen technischen und politischen Initiativen um die Kommunikationsfreiheit zu gewährleisten. Eine politische Initiative könnte zum Beispiel eine Aufklärungskampagne im Web sein, die den Betroffenen erklärt, wie sie die Filter umgehen können. Oft ist dies nämlich ganz einfach möglich und nach einer kurzen Erklärung auch für Laien durchführbar. Eine solche Initiative kann durch die EU zum einen finanziell unterstützt werden, für wichtiger halte ich aber sogar die ideelle Unterstützung. Denn die Chance ist hoch, dass die Kampagnen ebenso im Filter landen, wie andere unerwünschte Inhalte. Indem die EU eine solche Initiative offiziell unterstützt, erhöht sie den außenpolitischen Druck auf die filternden Staaten. Ich schätze die Hemmschwelle, eine offizielle EU-Seite zu sperren, als deutlich höher ein, als bei einer x-beliebigen Initiativenseite, insbesondere wenn die EU sich international und medienwirksam für diese Initiativen stark macht.

Als technische Initiative kann ich mir beispielsweise die Einrichtung von Proxy-Servern, alternativen DNS-Servern und VPN-Netzwerken oder die Entwicklung von Anonymisierungsdiensten im Rahmen eines Hochschulprojektes vorstellen. An der Universität Toronto zum Beispiel, wurde die Software „Psiphon“ speziell zur Umgehung von Zensur- und Filtersytemen entwickelt. Es ist wichtig, dass Maßnahmen zur Umgehung von Zensur stetig weiterentwickelt und verbessert werden. Auch diesbezüglich halte ich die finanzielle und ideelle Unterstützung durch die EU und ihre Mitgliedsstaaten für sehr wichtig.

Die Untergrabung von Filtersystemen darf in meinen Augen jedoch keinen Angriff auf die technische Infrastruktur von anderen Staaten bedeuten. Ich halte lediglich reine Umgehungsmaßnahmen für rechtmäßig und unterstützenswert.

Ich hoffe ich konnte Ihre Frage damit zu Ihrer Zufriedenheit beantworten. Zögern Sie nicht, bei Bedarf Rückfragen zu stellen.

Irrtum der Woche: Eine Stimme für die Piratenpartei ist eine verschenkte Stimme!

So kurz vor den Wahlen höre ich es immer wieder: Stimmen für kleine Parteien sind verschenke Stimmen. Warum das Unsinn ist und warum es sich lohnt am Sonntag in Hessen die Piratenpartei zu wählen, erläutere ich hier kurz. (Nicht ganz ohne Eigennutz, denn ich bin Mitglied dort).

1) Mit deiner Stimme unterstreichst du die Bedeutung der Ziele!

Die Piratenpartei konzentriert sich auf die Kernthemen der Informationsgesellschaft. Viele Wähler schreckt es ab, dass Themen wir Arbeit und Soziales (noch!) außen vor bleiben. Als kleine Partei haben die PIRATEN aber gar nicht den Anspruch sofort die kompletten Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Vielmehr geht es darum Themen wie Datenschutz, Urheberrecht und ein transparentes Staatswesen zu unterstreichen und in den politischen Diskurs einzubringen.

Mit deiner Stimme für die Piratenpartei betonst du, dass dir diese Ziele ebenfalls wichtig sind! Ab einer bestimmten Wählerzahl können die etablierten Parteien diese Themen nicht mehr ignorieren. Auch wenn die Piraten also die 5%-Hürde nicht bewältigen, so stärkst du mit deiner Stimme doch deren Ziele. Und auf die Ziele kommt es schließlich an! Ähnlich war es anfangs bei den Grünen: Das Thema Umweltschutz wurde erst hinreichend beachtet, als die Grünen den Etablierten immer mehr Stimmen wegnahmen.

Zwar hat sich auch die Opposition mittlerweile das Thema Datenschutz auf die Fahnen geschrieben. Aber wie glaubwürdig ist das? Die Grünen haben unter Rot-Grün mit den Otto-Katalogen selbst Überwachungsbefugnise eingeführt und unter anderem die Vorratsdatenspeicherung mit vorbereitet! Die FDP hat in Nordrhein-Westfalen erstmals heimliche Online-Durchsuchungen eingeführt, was aber zum Glück vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde. Die Linken sitzen in der Berliner Landesregierung und haben die Videoüberwachung ausgeweitet. In der Opposition redet es sich leicht, aber es kommt darauf an, was in der Regierung gemacht wird. Dort haben alle etablierten Parteien versagt!

2) Schon ab 1% gibt es Wahlkampfkostenerstattung!

Auch wenn die PIRATEN nicht ins Parlament einziehen ist die Stimme also wichtig um die Ziele zu stärken. Es gibt aber neben der 5%-Hürde noch eine andere Grenze, die oft vergessen wird: Die „1%-Hürde“. Wenn die Piratenpartei in Hessen mindestens 1% der Stimmen erhält, wird sie bei der staatlichen Parteienfinanzierung berücksichtigt. Bei der Bundestags- und Europawahl sind es sogar nur 0,5%. Im Gegensatz zur 5%-Hürde sind das auch für junge Parteien realistische Ziele.

Mit deiner Stimme unterstützt du die Piratenpartei also nicht nur ideell, sondern auch finanziell! Mit mehr Finanzmitteln kann mehr Werbung gemacht werden und der Bekanntheitsgrad der Partei so deutlich erhöht werden. Das ist ein wichtiger Schritt um nach und nach an die 5% heranzukommen. Jede Stimme zählt – auch jetzt schon!

Aufgrund der Parteienfinanzierung ist es auch wichtig, dass man nicht seine Stimme aus Protest den Rechten gibt. Letztes Jahr hat die NPD in Hessen leider 1% der Stimmen erreicht und somit auch staatliche Zuschüsse bekommen. Davon wird dann rechte Propaganda und Ausländerhetze finanziert. 🙁

3) Nicht-Wähler unterstützen die etablierten Parteien!

Schonmal gewundert warum gerade die „Großen“ sich kaum über mangelnde Wahlbeteiligung ärgern? Jeder Nichtwähler kommt ihnen zugute! Angenommen eine große Partei erhält 35 von 100 Stimmen, also 35% – wenn 10 von diesen 100 sich plötzlich entscheiden nicht mehr zur Wahl zu gehen (und unter der Annahme, dass diese 10 zuvor aus Verdrossenheit schon keine etablierte Partei gewählt haben) dann hat diese Partei plötzlich 35 von 90 Stimmen, also fast 39% der Stimmen! Eine Stimme für die Piratenpartei ist also alles andere als verschenkt. Seine Stimme verschenkt man nur, wenn man nicht wählt! Im Grunde genommen ist sie nicht mal verschenkt, sondern schlimmer: Sie kommt denen zugute, die man gerade nicht will! Deshalb: Am Sonntag in Hessen zur Wahl gehen! (Und im Laufe des Jahres auch zur Bundestags- und EU-Wahl)